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Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
Autoren: Saskia Berwein
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Prolog
    Die Dunkelheit hellte sich ein wenig auf, zumindest veränderte sich die Schwärze. Langsam kehrte Gefühl in ihren Körper zurück, doch das Erwachen breitete sich nur sehr zähflüssig in ihren Gliedern aus und wurde von Schwindel und Übelkeit begleitet. Sie hatte den Eindruck, schwerelos im Nichts zu schweben, dann wieder schien ihr Körper ins Bodenlose zu fallen.
    War sie tot? Löste sich ihre Seele gerade in diesem Augenblick von ihrem Körper? Würde sie bald ein weißes Licht sehen?
    Ein Teil ihres langsam erwachenden Verstandes hoffte darauf. Dann wären die Qualen wenigstens vorbei. Endlich vorbei.
    Doch dann schmeckte sie Blut und Galle. Sie war nicht erlöst worden. Noch nicht.
    Die Bewusstlosigkeit zog sich mehr und mehr zurück. Geräusche drangen zu ihr durch und gewannen an Klarheit: das leise Surren eines Computers oder einer Klimaanlage, das monotone Ticken einer Uhr, dem sie bereits irgendwann zuvor gelauscht und dabei jede einzelne Sekunde gezählt hatte.
    Der Übelkeit erregende Geruch, eine Mischung aus Chemie und Körpersäften, hing noch immer im Raum. Etwas hatte sich jedoch verändert.
    Sie lag anders. Und er war nicht bei ihr.
    Als sie das letzte Mal aufgewacht war – es mochten Stunden oder Tage seitdem vergangen sein – , hatte sie auf dem Rücken gelegen, auf eine harte Pritsche geschnallt, die gespreizten Beine auf Halterungen fixiert.
    Er war bei ihr gewesen. Er hatte nackt zwischen ihren Beinen gestanden und sich an ihr vergangen. Immer und immer wieder. Auch jetzt noch hallten sein Stöhnen, seine obszönen Worte und seine Beschimpfungen in ihrem Kopf wider.
    Inzwischen lag sie jedoch auf dem Bauch. Die Pritsche unter ihr war kalt und hart. Ihre Arme waren über ihrem Kopf an die Liege gefesselt, und auch um ihre Knöchel waren Nylonbänder festgezurrt, die die Blutzufuhr abschnitten. Dass sie ihre Hände und Füße kaum noch spürte, überraschte oder beunruhigte sie aber schon nicht mehr.
    Sie lauschte und konzentrierte sich. Ihr Herzschlag und ihre Atmung waren alles, was sie wahrnahm, wenn sie das technische Surren und das mitleidlose Ticken ausblendete. Er war nicht hier. Nicht in diesem Raum.
    Endlich wagte sie es, die Augen einen Spaltbreit zu öffnen.
    Sie hatte Angst. Falls er doch noch hier war und bemerkte, dass sie wieder zu sich kam, würden die Torturen von Neuem beginnen.
    Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie in irgendeiner Zeitschrift gelesen, dass Vergewaltiger sich besonders an der Angst und dem Schmerz ihrer Opfer erregten. Sie wollten, dass die Frauen wach und bei Bewusstsein waren, sonst fehlte ihnen der Anreiz, den sie meistens benötigten, um überhaupt eine Erektion zu bekommen.
    Anfangs hatte sie deshalb versucht, sich bewusstlos zu stellen, doch das hatte sie kaum ein paar Minuten durchgehalten. Er hatte sie berührt, jeden Millimeter ihres Körpers erkundet. Teilweise mit der Zärtlichkeit eines aufmerksamen Liebhabers, dann wieder mit Gewalt.
    Als sie nicht die gewünschten Reaktionen zeigte, hatte er jedoch nicht aufgegeben, sondern seine Bemühungen, ihr Schmerz zuzufügen und sie zu demütigen, noch gesteigert.
    Schließlich hatte er ihre ohnehin dünnen Mauern durchbrochen, indem er sie geküsst und seine Zunge in ihren Mund gestoßen hatte, während sich seine Hände immer fester um ihren Hals schlossen.
    Wer auch immer den Artikel in dem Magazin verfasst hatte, hatte offensichtlich keine Ahnung, wovon er oder sie sprach. Denn letztlich entkam man seinem Peiniger nicht, sondern zog sein eigenes Leiden nur unnötig in die Länge.
    Es gab kein Entkommen.
    Zumindest traf dies auf den Mann zu, in dessen Fänge sie geraten war.
    Wo war er hingegangen? Seine Abwesenheit erzeugte gemischte Gefühle in ihr. Angst und Verwirrung. Er hatte ihre Position verändert, was bedeuten konnte, dass er es leid war, in ihr schmerzverzerrtes Gesicht zu blicken. Oder er wollte zu einer neuen Art von Quälerei übergehen.
    Das grelle Licht, das von nackten Neonröhren an der Decke ausging, schmerzte und trieb ihr Tränen in die Augen. Der Raum um sie herum verschwamm, doch sie erkannte einige Details, wenn auch nichts, was ihr irgendwie weitergeholfen hätte. Er hielt sie in einem fensterlosen Kellerraum oder einer Art Bunker gefangen. Die kahlen Betonwände, die in ihrem Blickfeld lagen, wirkten vollkommen anonym. Sie hätte sich überall und nirgends befinden können.
    Wieso sie überhaupt nach Anhaltspunkten für ihren Aufenthaltsort suchte, war ihr selbst
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