Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fetten Jahre

Die fetten Jahre

Titel: Die fetten Jahre
Autoren: Koonchung Chan
Vom Netzwerk:
nichts dagegen zu sprechen, die Bevölkerung auf diese Weise etwas aufzuheitern und dadurch die Stabilität des Landes zu sichern.
    Wollte diese Regierung nicht Großes bewegen?
    Gesagt, getan. In Hebei wurde eine Fabrik gebaut und mit der standardisierten Massenproduktion begonnen. Die Qualität wird von Wissenschaftlern streng überwacht. Die Substanz wird in alle staatlichen Trinkwasserreservoirs eingeleitet, Kuh- und Sojamilch, Fruchtsäfte und Softdrinks, Mineralwasser, Bier, Schnaps und Reiswein – alles wird mit MDMA versetzt. Die entlegenen Grenzregionen ausgenommen, werden dabei neunundneunzig Prozent der Stadtbevölkerung erreicht, bei der Landbevölkerung sind es immerhin noch über siebzig Prozent. Dabei ist die Dosis, die jeder Mensch zu sich nimmt, absolut minimal, in Bluttests lässt sie sich so gut wie nicht nachweisen. Den Leuten fällt überhaupt nichts auf, sie sind einfach nur ein wenig besser gelaunt, sonst nichts.
    Aber das alles ist nur eine kleine, unterstützende Maßnahme – der Erfolg von Feuer, Eis und Gold liegt in der richtigen makroökonomischen Politik.«, schloss He Dongsheng.
    Chen, Xiaoxi und Fang Caodi brach beim Zuhören der kalte Schweiß aus, und Chen begriff allmählich: »Kein Wunder, dass wir alle high-lite-lite sind …«
    »Nein, neunundneunzig Prozent der Stadtbevölkerung sind rund um die Uhr zugedröhnt!«, sagte Fang Caodi.
    Xiaoxi rief: »Wie könnt ihr uns bloß so bescheißen?«
    He Dongsheng ließ sich nicht aus der Ruhe bringen: »Was hat die Partei nicht schon alles ohne das Wissen der Bevölkerung getan? Das ist von jeher so. Und wir sind auch nicht die einzigen, die Chemikalien ins Trinkwasser mischen, woanders macht man das auch. In Hongkong zum Beispiel, dort gibt man Fluoride ins Wasser, zur Kariesbekämpfung. Das alles geschieht nur zum Wohle des Volkes.«
    »Nein, zur Verdummung des Volkes! Die Leute werden ruhig gestellt, damit ihr ungeschoren davonkommt und in Ruhe eure Politik durchziehen könnt!«
    »Tja, das kann ich schwer leugnen.«
    »Ihr habt euer Ziel erreicht, wieso hört ihr nicht auf?«, fragte Chen.
    »Warum sollten wir?«, entgegnete He Dongsheng. »Ist doch alles wunderbar. Die breite Masse der Menschen ist gut gelaunt, die Gesellschaft in bester Harmonie. Was ist daran schlimm? China liegt inzwischen weltweit an der Spitze, was das Glücksempfinden der Bevölkerung angeht; die Zahl der religiösen Menschen steigt steil an, häusliche Gewalt und auch die Selbstmordrate unter Frauen in ländlichen Regionen ist deutlich zurückgegangen. Ist das etwa schlecht? Abgesehen davon erscheint es uns riskant, jetzt einfach aufzuhören. Vielleicht würden die Menschen dann plötzlich depressiv. Es gibt Berichte von Ausländern, die lange Zeit in China gelebt haben und nach der Rückkehr in ihre Heimat plötzlich nicht mehr mit sich und der Welt zurechtkommen. Sie denken den ganzen Tag nur daran, wie glücklich sie in China waren, und sehnen sich wieder zurück. Wir haben weltweit eine Menge solcher Freunde! Wann immer jemand etwas an China auszusetzen hat, sind sie zur Stelle, nehmen uns in Schutz und rufen: Wenn ihr mal eine Weile in China gelebt hättet, dann wüsstet ihr, wie glücklich die Menschen dort sind!«
    »Aber es funktioniert nicht bei jedem. Drei von uns stehen nicht unter der Kontrolle von dem Stoff!«, bemerkte Fang Caodi.
    »Ich sage euch, das Zeug ist toll, aber es ist nur ein kleiner Teil des Ganzen, kontrollieren können wir damit niemanden. Es hebt lediglich ein bisschen die Stimmung und die Menschen tun weiterhin, was sie tun sollen. Laut unserer Studien sprechen über neunundneunzig Prozent von ihnen positiv auf das Mittel an. Es mag sein, dass einige wenige aus verschiedenen Gründen nicht darauf reagieren, aber es reicht, dass die Masse der Leute gut drauf ist, die Mehrheit steckt die Minderheit mit ihrer Laune an. Natürlich gibt es auch Ausnahmen von der Ausnahme. Ich kann erkennen, wer wie ich zu dieser winzig kleinen Minderheit von Nicht-Glücklichen gehört. Ich trinke bewusst keine Getränke aus dem Inland, weil ich erleben will, wie es ist, wenn alle außer mir high sind. Heute habe ich mein Fasten gebrochen! Beim ersten Mal ist die Wirkung am stärksten. Seht mich an: Seitdem ich euer Wasser getrunken habe, hör ich gar nicht mehr auf zu plappern und erzähle Dinge, über die ich eigentlich gar nicht sprechen sollte!«
    Zhang Dou, der die ganze Zeit über nicht einmal den Mund aufgemacht hatte, fragte plötzlich:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher