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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition)
Autoren: Jan von der Bank
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hindurchzischte. Sein Sog riss das Ruderblatt unter Wasser herum und schlug Ole oben im Cockpit schmerzhaft die Pinne aus den Händen.
    Neun, zehn.
    Plötzlich kam von vorne im Sund die Erschütterung einer gewaltigen Explosion, und es regnete Gesteinsbrocken und Holzstücke auf sie nieder.
    Holzstücke?
    Ole hob den Kopf und sah nach vorne.
    Die Barkasse war verschwunden. Hatte sich buchstäblich in Luft aufgelöst!
    Von Richard und seinen Leuten war nichts übrig geblieben als ein paar unappetitliche, undefinierbare Fetzen blutverschmierter Kleidung, die im Wasser trieben oder ans Ufer geschleudert worden waren.
    Rund um die Stelle, an der der Torpedo detoniert war, stiegen gewaltige Trauben an Luftblasen und Gasen an die Wasseroberfläche. In ihrer Mitte, dort wo sich die Wassersäule erhoben und wieder aufs Wasser zurückgeworfen hatte, warf sich eine ringförmige, drei Fuß hohe Flutwelle auf, die eine halbe Minute später auch die Yacht erreichte und gehörig auf die Felsen drosch.
    Erst jetzt merkte Ole, dass Lina und er sich förmlich aneinander festgekrallt hatten. Nun ließen sie voneinander ab und starrten sich ungläubig an.
    Dann realisierte Ole, dass auf der Back des Schnellbootes hinter ihnen immer noch heftig geschossen wurde. Also war der Konteradmiral doch nicht tot?
    Ole fuhr herum und starrte zum Schnellboot zurück.
    Von Wellersdorff lag auf der Seite in der spärlichen Deckung des niedrigen Wellenbrechers und feuerte mit dem MG immer wieder kurze Salven auf den Brückenaufbau.
    Dort hing der blutüberströmte Körper eines Mannes der Länge nach vom Außenfahrstand herunter. Es war der rotbärtige Oberleutnant. Ein zweiter Mann lag zusammengekrümmt auf dem Seitendeck.
    Plötzlich hatte Ole nur noch einen Gedanken: Er musste von Wellersdorff retten!
    Irgendwo zu seinen Füßen fand er Linas Pistole und hob sie auf. Mit drei Sätzen war er auf dem Vorschiff, sprang ins flachere Wasser und watete die wenigen Meter zum Ufer.
    »Nein, Ole, du bist verrückt!«, schrie Lina hinter ihm her. »Komm zurück!«
    Ole hörte nicht auf sie. Er kletterte die Felsen empor und rannte, so schnell er auf dem unebenen Ufer konnte, den Strömsund hinauf.
    »Ole!«, hörte er Lina noch einmal hinter sich.
    Von Wellersdorff hatte das Feuer für einen Augenblick eingestellt, vielleicht um einen neuen Patronengurt einzulegen. Auf und hinter der Brücke blieb es still.
    Während er auf ihn zulief, sah Ole, wie der Konteradmiral seitlich über das Deck in Richtung des Backbord-Torpedos rutschte. Obwohl er nicht mehr laufen und sich kaum noch vernünftig bewegen zu können schien, wuchtete er das schwere MG vor sich her. Dann begann er, mit ausgestrecktem Arm an der Torpedoklappe herumzufummeln. Einen Augenblick später schwang sie auf.
    »Nein!«, schrie Ole aus vollem Lauf. »Paul, warte!«
    Von Wellersdorffs Kopf flog herum, und trotz der Distanz konnte Ole sehen, wie sein Gesichtsausdruck sich von Überraschung zu Verärgerung wandelte.
    »Hau ab, Storm!«, schrie er zurück. »Rette die Pläne! Und das Mädchen!«
    Oles Schritte wurden langsamer.
    Hastig robbte der Konteradmiral zurück und legte das Maschinengewehr über seine Beine, so dass die Mündung auf den Zündkopf des zweiten Torpedos zeigte.
    Dann drehte er noch einmal den Kopf zu Ole. Wenn du mir die Wende versaust, Junge, schnarrte seine Stimme in Oles Kopf.
    Im selben Augenblick, als wieder aus der Brücke heraus auf ihn gefeuert wurde, riss von Wellersdorff den Abzug des Maschinengewehrs nach hinten und schickte, selber bereits tödlich getroffen, einen letzten, lang anhaltenden Kugelhagel auf den Zündkopf des Torpedos.
    Eine Sekunde später löste sich der Bug und die gesamte Backbordseite des Schnellbootes in einem gewaltigen Feuerball auf, eine Explosion, die Ole noch in sechzig Metern Entfernung von den Füßen riss.
    Als er benommen auf die Knie kam, war das brennende und aus allen Lieken qualmende Schnellboot bereits auf die geborstene Seite gekentert und sackte zischend tiefer ins Wasser. Ole konnte nichts anderes tun, als auf das brennende Wrack zu starren.
    Dann war Lina bei ihm.
    »Wie war das noch? Ich will dich nicht sterben sehen?«
    Ihre Augen blitzten vor Wut.
    Dann nahm sie ihm die Pistole aus der Hand, die er noch immer umklammert hielt, und warf sie kurzerhand in den Sund. Ole sah einigermaßen erstaunt hinterher. Vermutlich war das die Retourkutsche auf seine Bitte von vorhin, die Waffe wegzulegen.
    Als sie zur Lotten gingen, war
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