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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition)
Autoren: Jan von der Bank
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Augenblick schien der Feuerstoß genügend Abschreckungspotential zu haben, um dem Mann eine kurze Atempause zu verschaffen. Diese nutzte er, um sich zu ihnen umzudrehen und herüberzuwinken. Dann schrie er ihnen aus Leibeskräften etwas zu.
    »Ole, Lina! Versucht die Pläne zu retten! Ole, hörst du?«
    Oles Herz tat einen Sprung. Gleichzeitig war er einen Augenblick lang völlig verwirrt.
    Der Mann auf dem Vorschiff war Konteradmiral Paul Freiherr von Wellersdorff!
    Wie hatte er es geschafft, sich zu befreien und an eine Waffe zu kommen? Und als einzelner Mann eine ganze Schiffsbesatzung in Schach zu halten?
    »Du hörst, was er sagt!«, erinnerte ihn Lina. »Schnell!«
    Die Pläne lagen unten in der Kabine auf dem Boden. Ole sprang hastig hinunter und holte sie herauf.
    Als er wieder oben war, sah er, dass die Yacht inzwischen von der Strömung in dem engen Fahrwasser quer getrieben und mit dem Heck gegen die Felsen in Lee gedrückt worden war.
    »Wir müssen zur anderen Seite rüber!«, rief Lina.
    Ole nickte. Auf Store Hejen, der schmalen Schäre, wären sie Richard und seinen Männern völlig schutzlos ausgeliefert.
    Richard!
    Im selben Augenblick, als Ole sich nach dem Maschinenhebel bückte, um die Lotten unter Motor zur anderen Seite hinüberzubringen, hagelte es von vorne Schüsse. Instinktiv zog Ole Lina zu sich herunter, und die Salve ging über sie hinweg oder blieb im Holz des Kajütaufbaus stecken.
    Das Mündungsfeuer war nicht mehr sehr weit entfernt. Ole hob vorsichtig den Kopf und plierte am Aufbau vorbei nach vorne. Hundert Meter vielleicht noch!
    Nun ertönte von hinten ebenfalls wieder das Knattern aus von Wellersdorffs Maschinengewehr. Doch anstatt im Kampf mit den Schnellbootfahrern sah Ole ihn auf ein anderes Ziel feuern. Den Steuerbord-Torpedo!
    Der Konteradmiral hatte die Torpedoklappe in der Back von Hand geöffnet und feuerte nun aus nächster Nähe auf den Zündkopf.
    »Bei Gott!«, entfuhr es Lina. »Er will das Schiff sprengen!«
    Das erkannten in diesem Moment vermutlich auch die restlichen Schnellbootmänner, die sich noch irgendwo achtern von der Brücke aufhalten mussten. Aus ihrer Sicht der Dinge war die sicherste Möglichkeit, von Wellersdorff an seinem selbstmörderischen Vorhaben zu hindern, den Torpedo einfach abzuschicken.
    Das geschah in dieser Sekunde mit einem lauten Knall und Zischen der Druckluftentriegelung, und im nächsten Augenblick schoss der lange Stahlzylinder an von Wellersdorff vorbei ins Wasser.
    »Ole, Torpedo!«, schrie von Wellersdorff zu ihnen herüber.
    Diese Warnung kam ihn teuer zu stehen, denn als er der Brücke den Rücken zudrehte, wurde von dort auf ihn geschossen, und voller Entsetzen sah Ole, wie er nach vorne in die Knie ging und dann auf die Seite kippte.
    »Nein!«, schrie Ole entsetzt.
    Die Torpedos, die ein deutsches Schnellboot mit sich führte, waren reine Geradeausläufer . Das bedeutete, dass sie stur in die Richtung rasten, in die sie abgeschossen wurden. Unglücklicherweise hatte der Bug des Schnellbootes genau in der Strömung gelegen, so dass nun die Bahn des Torpedos exakt dem Verlauf des Strömsundes entsprach. Wo ein kleines Stückchen weiter die Lotten immer noch quer zur Strömung trieb und ein prächtiges, vollflächiges Ziel abgab!
    Für die hundertfünfzig Meter bis zur Lotten würde der Torpedo gerade einmal 8 Sekunden benötigen.
    Drei von ihnen waren bereits vergangen!
    Da zur gleichen Zeit weiter von der Barkasse aus auf sie geschossen wurde und sie noch immer im Cockpit kauerten, war an eine Flucht von Bord nicht zu denken. Ihre einzige Chance war der Motor. Verzweifelt trat Ole nach dem Gashebel in der hinteren Ecke des Cockpits und drückte ihn mit dem Fuß bis auf den Boden herunter.
    Vier, fünf!
    Der kleine Benziner jaulte auf, ging aber Gottlob nicht aus. Gleichzeitig riss Ole die Pinne nach Steuerbord herum.
    »Komm schon, komm schon!«, murmelte Ole zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch.
    Ebenso wie Lina starrte er wie gelähmt auf den unheimlichen, tödlichen Pfeil, der an der Spitze einer schaumigen Spur dicht unter der Wasseroberfläche auf sie zuraste.
    Sechs, sieben!
    Mit einem plötzlichen Ruck, als habe sie erst jetzt die Gefahr erkannt, sprang die Yacht nach vorne und quetschte sich an den Rand des Fahrwassers. Es rumpelte unschön, als der Kiel auf Grund ging.
    Dann war der Torpedo bei ihnen!
    Lina schrie entsetzt auf, als der weiße Blitz einen halben Meter hinter dem Heck der Lotten
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