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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition)
Autoren: Jan von der Bank
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Ole noch immer halb taub von der Explosion und noch mehr betäubt vom Schmerz über von Wellersdorffs Tod.
    »Stell dir vor, du hättest dich im letzten Augenblick noch erschießen lassen«, sagte Lina, nun etwas sanfter. »Dann hätte ich alleine mit diesem halb wracken Etwas, das du eine Segelyacht nennst, und den gottverdammten Plänen nach England segeln müssen!«
    Ole zwinkerte. Die Explosion hatte ihn taub gemacht, oder zumindest hatte er sich verhört. Mit der Lotten nach England segeln?
    Lina gab ihm einen unsanften Stoß an die Schulter.
    »Na los, jetzt sag endlich was, du gottverdammter, maulfauler …«
    Weiter kam sie nicht, weil Ole sie an sich zog und ihre Zunge mit seiner am Weiterreden hinderte. Vielleicht war das genau die Erklärung oder auch Entschuldigung, die sie erwartet hatte, denn sie erwiderte seine Umarmung und seine Küsse mit stürmischer Erleichterung.
    »Lass uns trotzdem erst mal von hier verschwinden«, grinste Ole nach einer Minute, als es anfing, brenzlig zu werden. »Wenn doch noch einer von denen lebt, hat er allen Grund, gehörig sauer auf uns zu sein!«
    Hand in Hand liefen sie zur Lotten zurück, die immer noch mit im Wind schlagenden Segeln und im Leerlauf drehendem Motor auf der Untiefe aufsaß.
    Sie rutschten die Felsböschung hinunter ins Wasser und wateten zum Schiff. Der Bug war zu hoch, um aus dem Wasser hinaufzuklettern. Auf Höhe des Cockpits war das Freibord deutlich niedriger. Allerdings reichte Ole dort das Wasser bereits bis zur Brust. Er fasste Lina um die Hüften und hob sie so weit hoch, dass sie das Süllbord des Cockpits zu packen bekam und sich daran hineinziehen konnte.
    Dann wollte Ole selber hinterherklettern. Aber Linas Gesicht, die sich zu ihm zurückgebeugt hatte, zeigte, dass etwas nicht stimmte. Er drehte sich um.
    Wenige Meter entfernt trieb ein Körper mit der Strömung auf sie zu. Hände und Arme schwammen ausgestreckt an der Oberfläche und das Gesicht zeigte nach unten. Aber Ole erkannte ihn sofort an den strubbeligen blonden Haaren, die nun wirr und blutverschmiert um seinen Kopf waberten.
    Es war Richard.
    Oles Nackenhaare stellten sich auf. Die Leiche würde in unmittelbarer Nähe an ihnen vorbeitreiben. Der Gedanke, in diesem Augenblick das gleiche Medium mit dem Toten zu teilen, ihn also quasi zu berühren, war ihm äußerst unangenehm. Gleichwohl konnte er sich nicht vom Fleck rühren und den Blick nicht abwenden. Lina über ihm schien es ähnlich zu gehen.
    Als die Leiche auf gleicher Höhe war, hob sie plötzlich ihr blutverschmiertes Gesicht aus dem Wasser.
    Lina stieß einen Laut hervor, der gleichzeitig Schreckensschrei und Warnung war, und Ole sah, wie Richards nasser Leichnam mit zu Klauen verkrümmten Händen und einem gewaltigen Satz aus dem Wasser schnellte und auf ihn losstürzte.
    Das schreckliche Horrorbild währte eine einzige kurze Sekunde.
    Dann realisierte Ole, dass Richard weit weniger tot war, als ihm in diesem Augenblick lieb sein konnte. In der nächsten Sekunde fuhr er ihm mit blutigen Klauen an die Kehle und schlug ihn mit dem Hinterkopf heftig gegen die Bordwand.
    Einen kurzen Augenblick war Ole, als würde er durch den Schlag das Bewusstsein verlieren. Aber dann war es lediglich der abschüssige steile Grund unter seinen Füßen, den er verlor.
    Bevor er noch recht Luft holen konnte, wurde er von Richard unter Wasser gedrückt. Wie von ferne hörte er Linas furiose Schreie. Richards Griff lockerte sich für einen Augenblick und Ole konnte sich an die Oberfläche zurückkämpfen.
    Lina hatte mit verzweifelter Wut eine Hand in Richards Haarschopf gekrallt und schlug mit der anderen Faust immer wieder in sein Gesicht. Ihre Schläge waren nicht kräftig genug, um ihn zu beeinträchtigen, aber immerhin nötigten sie Richard, Ole für den Moment loszulassen.
    Während er hustend und nach Atem ringend ins flachere Wasser taumelte, sah Ole zu seinem Entsetzen, wie Richard Lina packte und zu sich hinunterzog. Einen grauenvollen Augenblick dachte er, er wollte sie ebenfalls ins Wasser ziehen, aber dann schlug er ihr mit der Faust an den Kopf. Der Schlag traf Lina seitlich an der Schläfe, und seine Wucht schien ihr sofort das Bewusstsein zu rauben. Zum Glück fiel sie nach hinten ins Cockpit und nicht vornüber ins Wasser.
    Jetzt fuhr Korfmann zu ihm herum und kam langsam auf ihn zu.
    Abgesehen von den blutigen Schnittwunden am Kopf und auf den Armen, die ihm sein furchterregendes Aussehen gaben, schien er unverletzt zu
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