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Krise im Jahr 2000

Krise im Jahr 2000

Titel: Krise im Jahr 2000
Autoren: Charles Eric Maine
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1.
     
    Eine ganze Zeit schon verlor das kleine Düsenflugzeug an Höhe und senkte sich zu den gleitenden Wolkenbänken hinab, die New York den Blicken entzogen. Hier und da stießen die Spitzen der Wolkenkratzer von Manhattan wie Stalagmiten auf dem Boden einer ungeheuren, dachlosen Höhle durch den schweren Nebel. Der Pilot nahm sie kurz zur Kenntnis und stimmte seine Position mit dem berechneten Kurs der Radargeräte ab. Dann stellte er die Hebel und zündete sich mit geübtem Griff an seinem alten Feuerzeug eine Zigarette an.
    Jetzt begannen sich die Wolkenzüge wie greifende weiße Finger zu schließen, so daß der Abendsonnenschein auf dem blanken Silberrumpf des Flugzeugs mit dem Adler-Abzeichen und der Registrierungsnummer der Luftwaffe verblaßte. Als zunehmende Dämmerung durch die Beobachtungsfenster drang, glühten in der kleinen Passagierkabine automatisch die Lampen auf. Die drei Passagiere beugten sich gleichzeitig zu ihren Fenstern vor, um hinauszublicken, hinunter in den wogenden weißen Dampf, der das Flugzeug umgab, und bald begann das aufgetürmte Mauerwerk der Stadt, grau und verschwommen im Dunst, Gestalt anzunehmen.
    Der massige Mann an der rechten Seite der Kabine war wie ein Paket in einen braunen Tweedanzug mit Gürtel eingezwängt. Seine schwammigen Backen zitterten, sein Schädel, kahl wie eine Pampelmuse, glänzte von feinen Schweißperlen. Seine dunklen, grübelnden Augen beobachteten das schnell wachsende Panorama der Vororte der Stadt und suchten ruhelos nach dem ersten freien Ausblick auf die hohen glitzernden Türme des Ausstellungsgeländes. Das war Senator Drazin, der wie gewöhnlich über irgend etwas aufgeregt war.
    Der große, breitschultrige, unbewegliche Mann zu seiner Linken trug eine olivfarbene Oberstenuniform. Sein Haar war metallisch grau, und seine Augen bildeten Schlitze in einem streng geschnittenen Gesicht, das durch Wind und Regen verwittert war. Er rauchte eine Zigarette in einer langen Spitze und blickte mit der gleichmütigen Miene eines Mannes, der eine Landkarte betrachtet, aus dem Fenster. Wenige Minuten vorher hatte er sein Büro im Generalstab in Washington verlassen, um in einer dringenden Angelegenheit nach New York zu fliegen. Es war Oberst Kyle, Veteran dreier Kriege.
    Der dritte Fluggast saß kühl und entspannt da, die Finger hinter dem Nacken verschränkt. Er trug einen leichten, bequemen Anzug, über den er eine graublaue Buschjacke gezogen hatte, die zu der rauchblauen Farbe seiner ernsten Augen paßte. Im Sicherheitsamt kannte man ihn als Dex, aber sein voller Name war Jon Carey Dexter. Er war einer der besten Agenten des Amtes.
    Das ständige Donnern der Düsen wurde plötzlich durch einen erregten Aufschrei des Senators übertönt, der, an der falschen Seite des zur Landung ansetzenden Flugzeugs sitzend, sich von seinem Platz erhoben hatte und sich angestrengt bemühte, den Horizont zu überschauen, der offenbar seinem Gesichtskreis entglitten war. Dennoch mußte er etwas gesehen haben.
    »Da ist es!« rief er. »Dort drüben!«
    Jetzt senkte sich das Flugzeug, und der Boden hob sich ihnen entgegen, so daß der Himmel ihren Blicken fast entschwand. Die drei Männer blickten neugierig hinaus auf eine Miniatur-Metropole futuristischer Bauart, die auf sie zuzukriechen schien, während das Flugzeug einen weiten Bogen beschrieb. Die Stadt dehnte sich in Würfeln, Türmen und Spitzen über ein unermeßliches Gebiet aus, und all ihre Flächen und Umrisse schillerten, als ob man sie durch ein Prisma betrachtete. Ein ungeheurer, durchscheinender Bogen bildete, hochemporstrebend, den Brennpunkt, überragt von riesenhaften Buchstaben aus noch nicht leuchtenden Neonröhren, die die Worte »Willkommen zum Fest der Welt« formten. Darunter stand in gleichartigen Buchstaben in der internationalen Erdsprache nochmals »Bonveno al Festo del Mondo«.
    Dann flog die Maschine über den Platz mit den imposanten Gebäuden hinweg, die eine Fläche von mehr als neun Quadratkilometern bedeckten. Drazins Augen schossen hin und her. Hier war eine Fahne und dort wieder eine, träge über kaum vollendeten Bauten schwebend, von denen jeder einzelne ein Beitrag der vielen Hunderte von Nationen war, die sich an dieser ungeheuren Ausstellung der Zivilisation und des wissenschaftlichen Fortschritts an der Jahrtausendwende beteiligten. Die Augen des Senators blitzten vor Besitzerstolz. Hier war der Geist des eben geborenen einundzwanzigsten Jahrhunderts, kristallisiert in der
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