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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge
Autoren: Michael Peinkofer
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weiter, schwang seinen Säbel und schickte den Angreifer in die Verdammnis. Dann sank er nieder, inmitten des Getümmels, das auf dem Achterdeck herrschte.
    Tolen, dem Ersten Offizier, erging es nicht besser. Gegen vier Piraten gleichzeitig musste er sich wehren, als ein Säbelhieb tief in seine Schulter drang. In einem Sturzbach von Blut sank Garrisons Stellvertreter auf die Planken – das Schiff war ohne Führung. Bestürzt sah Lord Clifford immer mehr brave britischeSeeleute unter den Angriffen der Piraten fallen. Allerorten wurde gemeuchelt und gemordet, die Wölfe der Meere kannten keine Gnade.
    Und dann erschien auf der Reling der Pinasse ein weiteres Schreckbild, das sich unauslöschlich in das Gedächtnis des Lords einbrannte.
    Die Gestalt war von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet, mit Pluderhosen und einem weit geschnittenen Hemd aus Seide, dazu einem breitkrempigen schwarzen Hut mit ebenso schwarzer Feder. Das bleiche Gesicht darunter war von einer Narbe entstellt, und eine Klappe aus Leder bedeckte das rechte Auge. Das verbliebene Auge starrte lustvoll auf das blutige Treiben. Am schrecklichsten jedoch war der breite lederne Gürtel des Fremden anzusehen – nicht nur wegen der Furcht erregenden, in Form eines Totenkopfs gearbeiteten Schnalle und der Pistolen, die darin steckten. Sondern vor allem wegen der schaurigen Staffage, mit der sich der Seeräuber schmückte. Denn in langen Strähnen hing Menschenhaar vom Gürtel des Frevlers, das mitsamt der Kopfhaut vom Haupt seiner unglücklichen Besitzer getrennt worden war; außerdem zwei Köpfe, die einst auf den Schultern unschuldiger Opfer gesessen hatten und zu unansehnlichen Talismanen geschrumpft worden waren. Lord Clifford hatte davon gehört, dass es in den Weiten des Indischen Ozeans primitive Völker gab, die derlei grässliche Künste betrieben. Dieser Pirat hatte sie sich wohl zu Eigen gemacht.
    Der Lord zweifelte nicht daran, dass er den Kapitän der Pinasse vor sich hatte, den »Franzosen«, wie Garrison ihn genannt hatte. Und ebenso fest stand für ihn, dass es als Mann von Ehre seine Aufgabe war, den Schurken zum Duell auf Leben und Tod zu fordern.
    »Ihr da!«, rief er mit lauter Stimme, die im Kampflärm jedochunterging. Trommelschläge und Pistolenschüsse, Kampfgebrüll und das Klirren von Säbeln, dazu das durchdringende Geschrei der Verwundeten und das Brausen des Feuers, das unter Deck ausgebrochen war, verhinderten, dass der verruchte Kapitän Lord Cliffords Worte vernahm. Stattdessen schwang er sich an einem langen Seil auf das Oberdeck, fuhr mit gezücktem Säbel wie ein tödlicher Blitz unter die Reihen der verbliebenen Seeleute – und schickte sich zu Lord Cliffords Entsetzen an, unter Deck zu gehen.
    »Nein!«, brüllte der Lord aus Leibeskräften und wollte vom Achterdeck eilen, um den Schurken daran zu hindern, zu Jamilla und Nicolas zu gelangen. Aber zwei Piraten stellten sich ihm in den Weg, mit erhobenen Waffen und in gebückter Haltung, wie der eines Raubtiers kurz vor dem Sprung.
    Schon setzte der eine vor, hieb mit der Axt nach Graydons Arm. Lord Clifford konterte, aber seine Parade war zu schwach, als dass sie die ganze Wucht des Hiebes hätte aufhalten können. Das Blatt der Axt traf seinen Oberarm und brachte ihm eine blutende Wunde bei, aber der Lord war zu sehr um seine Gemahlin und seinen Sohn besorgt, als dass er weiter darauf geachtet hätte. Mit einer Verwünschung auf den Lippen stieß er den Seeräuber zurück, und ein furchtbarer Schwerthieb setzte dem Leben des Piraten ein Ende. Der andere Seeräuber sprang zur Seite, um sich außer Reichweite der Klinge zu bringen, und im nächsten Augenblick prallten Entermesser und Breitschwert Funken schlagend aufeinander.
    Mit wütenden Hieben trieb Lord Clifford seinen Gegner über das Achterdeck bis zu den Stufen, die hinunter aufs Oberdeck führten. Der Seeräuber, der nicht merkte, wie nahe er der Treppe gekommen war, trat rücklings ins Leere und verlor den Halt. Mit einem zornigen Schrei stürzte er, schlug auf das Deck unddurchbrach die Planken, gegen deren Unterseite zerstörerisches Feuer leckte.
    Grelle Flammen loderten empor und verhinderten, dass Lord Clifford die Treppe nehmen konnte. Durch den Feuerschleier sah er, wie der Franzose wieder auf Deck erschien – in seinen Armen die bewusstlose Gestalt Lady Jamillas.
    »Bastard!«, brüllte Lord Clifford aus Leibeskräften – und mit einem beherzten Sprung setzte er durch die Flammen.
    Lodernde Hitze umfing
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