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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad
Autoren: Ulrike Schweikert
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ihn stets hatte teilhaben lassen. Nun stieß er mit seinen zaghaften Tastversuchen auf eine glatte Wand.
    Warum wies sie ihn ab? Warum sprach sie nicht mit ihm? Er spürte die Kränkung wie einen schmerzhaften Stich. So saßen sie noch eine ganze Weile still nebeneinander, doch Seymour wartete vergebens darauf, dass Ivy das Schweigen brach. Schließlich gab der Wolf nach.
    Unsere Mutter Tara hat dich gut gerüstet und deinen Geist gegen Freund und Feind gestärkt.
    Wieder wartete er, doch Ivy schwieg noch immer.
    Nun würde es Dracula vermutlich nicht mehr gelingen, deinen Geist dem seinen untertan zu machen! Zu dumm, dass Tara es versäumt hat, dich das alles schon im vergangenen Sommer zu lehren. Keine Antwort.
    Der Wolf stieß innerlich einen Seufzer aus. Ach, Ivy, sprich doch mit mir! Was habe ich dir getan, dass du mich so von dir weist? Zürnst du mir, weil ich in Wien versagt habe? Weil es deine Freunde waren, die dich befreit haben? Weil ich mich von Dracula vertreiben ließ, statt mein Leben im Kampf für dich zu geben?
    Ivys elfengleiches Antlitz wandte sich ihm zu. Ihre weiße Stirn legte sich in Falten.
    Rede nicht solch einen Unsinn!, erklang ihre Stimme in seinem Kopf. Wenigstens sprach sie mit ihm!
    Was soll ich denn denken, wenn du vor mir davonläufst und deinen Geist vor mir verschließt?
    Ich bin nicht davongelaufen, wehrte Ivy barsch ab. Ich bin Taras Ruf gefolgt und habe die vergangenen Wochen hart gearbeitet, bis ich dachte, der Schädel müsse mir zerspringen.
    Seymour nickte bedächtig. Das konnte er sich gut vorstellen. So sanft die alte Druidin sein konnte, man durfte sich nicht der Illusion hingeben, sie sei eine alte schwache Greisin, auch wenn ihr Körper diesen Anschein gab. In ihr wohnten ein außergewöhnlich heller Geist, ein eiserner Wille und eine Stärke, die man nicht unterschätzen durfte.
    Das kann ich mir gut vorstellen. Aber warum durfte ich nicht an deiner Seite bleiben? Ich wäre einfach da gewesen und hätte geschwiegen, solange du lernst und übst, und wäre dir ein Trost in deinen dunklen Stunden des Zweifels und der Erschöpfung gewesen. Wie früher.
    Ein Lächeln voller Bitterkeit huschte über die mädchenhaften Züge. Nichts ist wie früher. Die Zeiten haben sich geändert.
    Wir sind Bruder und Schwester. Wir gehören zusammen. War das nicht schon immer so? Ein unbekannter Schmerz umklammerte sein Herz.
    Ivys Stimme wurde sanfter. Fast so wie früher. Wir sind einhundert Jahre lang Seite an Seite durch das Land gezogen. Ist das nicht genug Erinnerung für eine ganze Ewigkeit?
    Der Wolf knurrte und zeigte seine Zähne. Ich lebe nicht von Erinnerungen. Ich lebe jetzt. Jede Nacht neu. An deiner Seite!
    Ihm war, als streife ihn eine Welle voller Zorn. Da war eine heiße Wut, die er von Ivy nicht kannte. Oder war es ein Widerhall seiner eigenen Gefühle?
    Ich habe Mervyn getroffen, sagte er, obgleich diese Gedanken Ivy sicher auch nicht fröhlicher stimmen konnten. Nein, es wunderte ihn nicht, dass ihre Stimme nun voller Traurigkeit war.
    Er hat schon gepackt. Ich war bei ihm, um mich von ihm zu verabschieden. Morgen wird Murrough ihn mit der Cioclón nach Dublin bringen. Niamh und Bridget werden ihn nach London begleiten. Sie lachte auf. Catriona scheint es zu gefährlich, ihn alleine ziehen zu lassen.
    Vielleicht hätte sie diese Vorsichtsmaßnahme schon früher treffen sollen, meinte Seymour.
    Wozu? Niamh und Bridget schicken, um Dracula aufzuhalten? Das denkst du nicht wirklich. Die Vorstellung ist lächerlich!
    Der verächtliche Ton gefiel Seymour nicht, aber er ging nicht darauf ein. Mag sein. Außerdem war es nicht Dracula, der dein Geheimnis enthüllt hat und Schuld daran trägt, dass man dich dieses Jahr nicht zur Akademie lädt.
    Nein, das war Marie Luise, unsere heiß geliebte Dracas.
    Wieder diese Welle von Hass und Zorn. Ihre Stimme aber klang ruhig, ja, fast kalt. Unvermittelt erhob sich Ivy und strich ihr silbernes Gewand glatt. Ihre türkisfarbenen Augen schienen durch Seymour hindurchzusehen.
    Komm, lass uns gehen.
    Wohin?, erkundigte er sich, während er ihr in weiten Sprüngen über die glatt gewaschenen Basaltsäulen folgte.
    Ivy hielt inne und wandte sich zu ihm um. Ihre Augen glitzerten gefährlich. Auf die Jagd! Mich dürstet es nach Blut. Nach frischem Menschenblut!
    *
    Luciano lag in seiner sargähnlichen Transportkiste, während der Zug Stunde um Stunde weiter nach Norden fuhr. Irgendwann sollten sie die Küste erreichen und in ein Schiff
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