Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
Erscheinung verwendet und lieber noch ein paar Seiten gelesen, um dann zerzaust und mit zerknittertem Kleid vor ihren Gastgebern zu erscheinen. Wobei die Sorge um ihre Garderobe sicher nicht dem Wunsch entsprang, den Vyrad zu gefallen. Nein, sie wollte einen anderen Vampir mit ihrer Erscheinung beeindrucken, der mit seinen Begleitern jeden Moment aus Wien eintreffen konnte.
    » Pass auf, was du denkst. Das habe ich sehr wohl in deinem Geist gelesen!«, rief Alisa empört. » Es steht dir nicht zu, dir über Dinge Gedanken zu machen, die dich nichts angehen.«
    » Das ist schon eine teuflische Fähigkeit, die die Dracas euch in Wien beigebracht haben«, beschwerte sich Hindrik.
    Alisa ignorierte den Einwurf und behauptete stattdessen: » Außerdem ist es überhaupt nicht wahr. Es geht mir nur darum, die Vamalia hier in London würdig zu vertreten.«
    » Und ich merke, auch ohne Gedanken lesen zu können, wenn du versuchst mich anzuschwindeln«, gab Hindrik lachend zurück und verließ das Zimmer. Draußen drehte er sich noch einmal um. » Ich schicke dir Bergit, damit sie dir zur Hand geht.«
    » Danke!«, rief ihm Alisa nach und begann schon einmal, die Flechten zu lösen. Es war ihr Wunsch gewesen, in diesem Jahr zusätzlich eine weibliche Servientin mitzunehmen, und Bergit hatte sich gerne bereit erklärt, sie zu begleiten. Auch Dame Elina hatte nichts dagegen einzuwenden gehabt.
    » Es ist nahezu unmöglich, ein halbwegs modisches Kleid alleine anzuziehen«, beschwerte sich Alisa. » Ganz zu schweigen davon, eine Frisur aufzustecken, die es auch wert ist, als solche bezeichnet zu werden!«
    Dame Elina hatte gelächelt, ihr kleiner Bruder Tammo sie dagegen angestarrt, als habe sie den Verstand verloren. » Weiber!«, hatte er nur geschimpft und war mit Sören hinausgegangen, um seinen Reisesarg zu packen.
    Nun ließ sich Alisa von Bergit die Häkchen und Verschnürungen schließen und sah zufrieden an sich herab. Ja, jetzt konnte sie gehen. So würde sie vor seinem kritischen Blick bestehen. Hoffentlich. Waren die Hamburger Schneider so gut wie die in Wien? Ihr kamen Zweifel. Dame Elina war nicht gerade für ihren guten Geschmack bekannt. Die Mode der Menschen ließ sie völlig kalt. Vielleicht sollte sich Alisa hier in London neu einkleiden lassen?
    Mit diesen Gedanken beschäftigt, verließ sie ihre Kammer. Hindrik, Sören und Tammo warteten bereits im Flur und stiegen vor ihr die Treppe in den Hof hinunter. Alisa warf ihnen einen kritischen Blick zu. Sören sah gut aus, Tammos Erscheinung konnte man dagegen gerade noch so durchgehen lassen. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich umzuziehen.
    » Mal sehen, ob Fernand und Joanne schon angekommen sind«, meinte Tammo mit einem Strahlen im Gesicht.
    Alisa lächelte zurück. Die Freundschaft mit den Pyras aus Paris hatte sich die Jahre über gefestigt, so wie die ihre mit Luciano, Ivy und Leo. Leo– sie hatten sich so lange nicht mehr gesehen. Eine Ewigkeit. Die Zeit in Wien schien auf einmal so weit weg und verschwommen wie ein schöner Traum. Sie sah sein Gesicht vor sich. Er lächelte. Rasch schob sie den Gedanken an ihn beiseite. Es machte sie zu nervös, und Hindrik beobachtete sie schon wieder mit diesem wissenden Lächeln. Stattdessen bemühte sie sich, ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Hof zu richten, den sie gerade durchschritten. Die vierstöckigen Häuser, die ihn umschlossen, waren aus roten Ziegeln erbaut, die der Londoner Ruß aus seinen zahllosen Kaminen dunkel gefärbt hatte. Auch die steinernen Verzierungen um Fenster und Türen, die einst weiß gewesen sein mochten, waren nun düster und grau. Die Gebäude formten ein Trapez, das an seiner Ostflanke von einer Gasse durchbrochen wurde. Und in der nordwestlichen Ecke entdeckte Alisa einen weiteren schmalen Durchgang.
    Sie folgte den anderen, die in die Gasse nach Süden einbogen und dann den Hof mit dem Brunnen betraten, den sie von ihrem Fenster aus bereits gesehen hatte. Das Haus auf der Südseite, dessen Ziegel fast schwarz waren, wirkte mit seinen hohen, verzierten Fenstern, dem Dachreiter und dem Turm über dem Eingangstor ein wenig wie eine Kirche. Doch Hindrik stieg, ohne zu zucken, die Stufen hinauf und trat durch die geöffnete Gittertür. Was war das für ein goldenes Zeichen über der Tür? Ein Tier? Das Gleiche auf der schmiedeeisernen Tür. Und auch der Schlussstein des Gewölbes, über dem der Turm aufragte, war mit einer kleinen Skulptur verziert. Alisa verrenkte sich den Kopf.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher