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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)
Autoren: Marita Sydow Hamann
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und sie täte gut daran, sich seinem Willen zu fügen.
    Sie hörte natürlich nicht auf diese Ratschläge. Als Od kam und befahl, sie zur Kutsche in den Hof zu bringen, wehrte sie sich mit allen Mitteln. Sie biss, trat um sich und schrie und tobte. Es half nichts. Sie erinnerte sich noch gut an Ods lüsternen Gesichtsausdruck.
    »Rollt sie in den Teppich dort ein!«, hatte er mit einem amüsierten Grinsen befohlen. So kam es, dass Hanna in einem Teppich verpackt nach Asgârd verschleppt wurde.
    Das nächste, was sie zu sehen bekam, waren die Räumlichkeiten von Ods Harem Vingolf, der sich im Ostturm von Asgârd befand. Aber erst, nachdem die vielen jungen Frauen, die dort hausten, Hanna aus dem Teppich befreit hatten.
    Dann begann der Kampf. Gleich am selben Abend unternahm Hanna ihren ersten Fluchtversuch. Weit kam sie natürlich nicht. Bereits am Ende des ersten, dunklen Ganges wurde sie von dem Diener aufgegriffen, der von Od den Befehl erhalten hatte, Hanna umgehend zu seinem Schlafgemach zu führen. Sie wehrte sich selbstverständlich, schon wieder, doch vergebens.
    Wenig später stand sie mit aufgerissener Bluse und zerzausten Haaren in Ods Räumlichkeiten. Sie versuchte, ihn so hochmütig wie möglich anzublicken. Innerlich zitterte sie vor Angst wie ein kleines Kind, das beim Stehlen erwischt worden war und nun nicht genau wusste, was es zu erwarten hatte. Allerdings hatte sie durchaus entsetzliche Vorahnungen.
    Mit gierigem Blick zog Od Hanna zu sich heran, doch ehe sie sich wehren konnte, geschah etwas überaus Merkwürdiges. Od stieß sie von sich, als hätte er sich an ihr verbrannt!
    Seinen entsetzten Gesichtsausdruck sah sie noch jetzt vor sich. Zu Hannas Überraschung zog sich Od panisch in die hinterste Ecke seines Schlafgemachs zurück und beobachtete sie von dort aus – wie ein geprügelter Hund seinen Herrn.
    Hanna wartete regungslos ab. Dann endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, warf sie ihm einen letzten Blick zu und ging.
    Eine ganze Weile irrte sie ziellos durch die dunklen Gänge der Burg und versuchte zu verstehen, was da gerade eben geschehen war. Als sie sich von ihrem Schrecken erholt hatte und zufällig an der Tür zu einem der Innenhöfe vorbeikam, startete sie ihren zweiten Fluchtversuch.
    Leider kam sie auch hier nicht weit, denn sie landete ausgerechnet dort, wo Dutzende von Odens Bärsärkern Zweikämpfe trainierten.
    Hanna schauderte es bei der Erinnerung an das abrupte Ende ihrer Flucht.
    Sie stand auf und klopfte sich die Erde von der Schürze. Dann griff sie nach dem Korb mit den frischen Kräutern und schlug den Weg zum Obstgarten ein, der in einem weiter entfernten Innenhof lag. Beide Gärten lagen im Ostflügel. Hier befanden sich – außer dem Turm Vingolf – auch der Küchentrakt sowie die Schlafräume der Angestellten.
    Hanna steuerte geradewegs auf einen hohen Torbogen zu, von dem aus sich einer von mehreren langen Gängen quer durch die Burg schlängelte. Diese bildeten eine Art Sechseck und mündeten jeweils in einem neuen, großen Innenhof.
     
    Schon nach wenigen Tagen auf der Burg hatte Hanna feststellen müssen, dass sie sich auf einer Insel im Meer befand. Das Festland war wohl zu sehen, aber es war für alle Sklaven von Asgârd unerreichbar. Hannas Aufsässigkeit wurde mit Prügelstrafen geahndet – für das Mädchen, von der Erde eine ungemein schmerzhafte und demütigende Erfahrung.
    Die Frauen aus Ods Harem betrachteten sie mit einer Mischung aus Bewunderung und Mitleid.
    Hanna erzählte niemandem von Ods merkwürdigem Verhalten ihr gegenüber. Od ließ sie noch ein paar Mal holen, offensichtlich fest entschlossen, sie in die Menge seiner Gespielinnen einzureihen und ihr ein angemessenes, demütiges Verhalten aufzuzwingen. Aber aus irgendeinem Grund war es Od unmöglich, sich in ihrer Nähe aufzuhalten. Er schien ihre Gegenwart zu fürchten und Hanna war schlau genug, diese Tatsache für sich zu nutzen und sich eine den Umständen entsprechende, akzeptable Nische im Alltag von Asgârd zu sichern.
    Obwohl Od seine Unzulänglichkeit in Hannas Nähe offenbar zu rächen versuchte, indem er das Personal anwies, sie hart ranzunehmen und jede Aufmüpfigkeit aufs Strengste zu bestrafen, hütete sich Hanna davor, Od bloßzustellen. Ihr Instinkt sagte ihr, dass ihr das mehr als nur Prügel einbringen würde. Od würde es niemandem verzeihen, seine Machtstellung als engster Vertrauter Odens zu untergraben. Und dass er Oden fürchtete, war ihr durchaus
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