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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)
Autoren: Marita Sydow Hamann
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1. Asgârd
     
    E ine finster drein blickende Gestalt stürmte durch die dunklen Gänge der Festung, die sich auf einer kleinen Felseninsel vor Vanaheims und Godheims Nordküsten erhob. Ein dunkelblauer Mantel flatterte bedrohlich um die Beine des Mannes. Seine kleinen, blauen Augen funkelten vor unterdrückter Wut und vor noch etwas viel Schlimmerem: Hass. Hass, der zu jeglicher Grausamkeit fähig war.
    Wie war es nur möglich? Diese verzogene, kleine Hexe! Er würde ihr schon noch zeigen, wo es lang ging!
    Voller Zorn fuhr sich Od durch sein Haar.
    Aber wie? Wie sollte er es anstellen? Welche Kraft umgab diese kleine, rothaarige Hexe? Sie besaß keine magischen Fähigkeiten, das war ihm aus sicherer Quelle bestätigt worden …
    Er verzog sein bärtiges Gesicht zu einer qualvollen Grimasse. Die Scham fraß ihn förmlich von innen heraus auf.
    Niemand durfte es je erfahren! Solch eine Schwäche …
    Wie hatte ihm das nur passieren können? Er hatte es bisher erfolgreich geheim gehalten. Es war schlau von ihm gewesen, so zu tun, als liefe alles zu seiner Zufriedenheit, als hätte er die Hexe fest im Griff. Aber die Gefahr, durchschaut zu werden, wuchs. Vielleicht sollte er vortäuschen, das Interesse an seinem Spielzeug verloren zu haben? Dann bräuchte er sich nicht mehr so oft in ihrer Nähe aufhalten … Am liebsten hätte er ihr den Hals umgedreht! Od biss hart die Zähne zusammen, als eine weitere Welle von Hass sein Inneres durchströmte. Er steckte in der Klemme. Oden hatte Gefallen an der kleinen Hexe gefunden, und das auch noch aufgrund von Ods eigener Dummheit! Er konnte sie nicht so einfach beseitigen … Er hatte sie angepriesen, sie Oden sozusagen serviert, und alles nur, um in seiner Gunst zu steigen.
    Wie konnte er nun zugeben, dass er einen Fehler gemacht hatte? Wie konnte er nun zugeben, dass mit diesem Mädchen etwas nicht stimmte?
    Oden würde ihn auf der Stelle zermalmen und wie einen alten, unbrauchbaren Putzlappen entsorgen. Vorher würde er ihn aber grausam bestrafen.
    Schonungslos und vermutlich zu Recht …
    Pure Angst floss plötzlich durch Ods Adern. Die dunklen, steinernen Gänge von Asgârd schienen immer enger zu werden. Gleich würden sie ihn zerquetschen! Die Wände kamen ständig näher! Od rang nach Luft und fummelte panisch an seinem Umhang herum, um den Druck auf seiner Brust zu lindern.
    Angsterfüllt eilte er den nie enden wollenden Gang hinauf, der sich nun steil, dunkel und schmal emporwand. Fackeln warfen flackernde Schatten an die Wände. Gleich würde er da sein.
    Nur noch diesen Turm hinauf, dann würde er wieder atmen können.
    Seine Gedanken kehrten zu seinem Problem zurück.
    Wie kam es nur, dass dieses Mädchen solch unbeschreibliches Unbehagen in ihm hervorrief?
    Es war, als wäre sie verflucht. Er konnte sie nicht berühren, er hielt es nicht einmal in ihrer Nähe aus! Allein ihre Anwesenheit löste Ekel und Abscheu in ihm aus. Aber da war noch etwas. Etwas viel Schlimmeres. Ihre Nähe fügte ihm seelische Schmerzen zu! Entsetzliche Qualen, die ihn all sein Selbstvertrauen verlieren ließen. Er wurde zu einem Nichts!
    Er hatte sie nie wieder berührt, nach dieser allerersten Nacht in seinem Schlafgemach. Er war voller Vorfreude gewesen, wollüstig und erregt. Er war sich so sicher gewesen, dass es so wie immer laufen würde. Vielleicht noch besser, denn dieses Mädchen hatte Feuer. Sie war nicht zurückhaltend und unterwürfig wie die anderen. Er würde sie zähmen müssen, diese entzückende, wilde Hippolektrionstute mit den hübschen, blauen Augen, den unübersehbaren fraulichen Rundungen und den rotblonden Haaren. Aber dann war alles ganz anders gekommen.
    Sie hatte in seinem Zimmer gestanden, mit zerrissener Bluse und mit diesem trotzigen, extrem abweisenden Gesichtsausdruck. Das hatte seine Lüsternheit fast zur Ekstase getrieben. Doch kaum hatte er sie gepackt und zu sich herangezogen, hatte ihn ein Blitzschlag getroffen!
    Entsetzliche seelische Qualen, Angst, die bis in sein Innerstes kroch und ihn fast zerrissen hätte, zwangen ihn, sie loszulassen.
    Völlig überrumpelt zog er sich zurück und beobachtete sie aus dem hintersten Winkel seines Schlafgemachs. Sie stand nur da, mit einem leicht verwunderten, spöttischen Gesichtsausdruck und wartete regungslos ab. Nach einer Weile ging sie zur Tür und entfernte sich unaufgefordert mit einem letzten Blick auf ihn.
    Mit ihr verschwanden auch die Qualen wie von Geisterhand. Unbändige Wut ergriff ihn. Er würde es
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