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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)
Autoren: Marita Sydow Hamann
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nicht verspürt hatte.
    Das letzte fehlende Teil war bereits seit Jahren hier auf Godheim!
    Vermutlich in Händen eines einfachen Menschen, der nun magische Fähigkeiten erlangt hatte. Oder aber das Amulett war nun an einen Magier ausgehändigt worden. Das würde erklären, weshalb Oden erst jetzt seine Gegenwart spürte.
    Wer besaß dann aber nun den letzten Teil des Steines?
    Es gab nicht den geringsten Anhaltspunkt. Es konnte jeder sein. Falls der Träger des Amuletts erst kürzlich magische Fähigkeiten erlangt hatte, war er wahrscheinlich jung.
    Aber falls er den Stein an einen Magier weitergegeben hatte? ...
    Oden ballte seine knochige Hand zu einer Faust und ließ sie auf die Lehne des Throns niedersausen. Od zuckte unmerklich zusammen, während Hugin und Munin regungslos verharrten.
    Odens Gedanken eilten weiter.
    Wo sollte er seine Suche beginnen? Trug ein Mann oder eine Frau das Amulett? War der Träger jung oder alt? Wen hatte der Junge gekannt? Wen außer … ja, vielleicht … obwohl sie nichts über das Amulett zu wissen schien … aber natürlich wäre es möglich … sie könnte zumindest wissen, mit wem der Junge verkehrte …
    Oden schien in seinem Thron zu wachsen. Unter der breiten Krempe des schwarzen Hutes ertönte seine kalte, bedrohliche Stimme:
    »Od, bring mir die kleine Rothaarige her!«
    Od stockte der Atem. Mit allem hatte er gerechnet, alles hätte er sofort zu Odens Zufriedenheit erledigt.
    Aber die kleine Hexe? Er konnte sich doch nicht einmal in ihrer Nähe aufhalten!
    Od nickte hastig und eilte zur Tür.
    Draußen verfiel er mit einem Schlag. Das Blut wich ihm aus dem Gesicht, sodass er einem Nidhögg aus der Schattenwelt ähnelte. Die berauschende Wirkung des Odrörers verflog, er fühlte sich schwach und ausgemergelt. Er sah sich einer schier unlösbaren Aufgabe gegenüber, die ihm die Kehle zuschnürte.
    Aus allen Richtungen starrten ihn leblose Gestalten von den Wänden an. Sie stiegen aus ihren Phönixsteinsärgen und kamen näher. Sie lachten ihn aus und bedrohten ihn. Hals über Kopf floh Od aus Odens makabrer Vorhalle hinaus in die dunklen Gänge von Asgârd.
     
     
    In einem anderen Teil der Burg betrat ein junges Mädchen mit einem Korb im Arm einen der vielen Innenhöfe. Sie trug ein bodenlanges Arbeitskleid aus braunem, fließendem Stoff. Die Flecken auf ihrer hellbeigen Schürze zeugten von harter Arbeit. Strahlend blaue Augen leuchteten aus ihrem Gesicht. Ihre einst modisch geschnittenen Haare fielen ihr weich über die Schultern. Ihre ursprünglich blondierte Frisur war kräftig nachwachsenden, rotblonden Haaren gewichen, die in der Mittagssonne wie pures Gold glänzten.
    Hanna strich sich eine Strähne hinters Ohr und lief den schmalen, gepflasterten Weg entlang, der schnurgerade auf den Kräutergarten zuführte. In der Küche wurden Rosmarin und Thymian sowie einige andere Gewürze benötigt. Die Köchin hatte sie außerdem darum gebeten, im Obstgarten noch ein Dutzend Hexennasen zu ernten.
    Die Arbeit in den sonnigen Gärten von Asgârd war eine willkommene Abwechslung zu der düsteren Atmosphäre der alten Burg.
    Hanna ließ sich Zeit. Sorgfältig suchte sie die besten Kräuter aus und jätete nebenbei noch ein wenig Unkraut. Sie kniete in der dunklen, fruchtbaren Erde des Kräutergartens und genoss die wärmenden Strahlen der Sonne. Der aus Rinde geflochtene Korb füllte sich langsam mit den gewünschten Kräutern.
    Sechs Wochen befand sich Hanna nun schon auf Asgârd. Sie erinnerte sich nur zu gut an den verhängnisvollen Tag, an dem sie und Charlie gefangen genommen worden waren. Oden hatte irgendetwas gesucht und dieses Etwas bei ihr oder Charlie vermutet. Sie wusste bis heute nicht, was es war, hatte aber später erfahren, dass Oden wohl bei Charlie fündig geworden war.
    Und sie hatte noch etwas vernommen. Sie hatte es zunächst nicht glauben wollen. Sie konnte es einfach nicht glauben. Es war zu grausam, aber Oden und seine Bärsärker waren grausam, das hatte sie in den letzten sechs Wochen gelernt.
    Charlie war tot. Von Oden ermordet!
    Und sie selbst? Sie war dem Tode entkommen, da sie Ods lüsternes Interesse geweckt hatte.
    Nachdem Lodurs Diener sie auf Ods Befehl hin aus der großen, steinernen Halle von Bilskirne getragen hatten, war sie reisefertig gemacht worden. Während sie angekleidet wurde, flüsterten ihr einige Dienstboten gut gemeinte Ratschläge zu. Sie sollte sich ruhig verhalten und gehorsam und willig sein. Od wäre ein grausamer Mensch
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