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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)
Autoren: Marita Sydow Hamann
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leise, als es plötzlich an der Tür klopfte und die Klinke heruntergedrückt wurde.
    Hastig griff Ragnar nach dem Schwert. Kunar hob geistesgegenwärtig Charlies Bettdecke an, um Tyrfing darunter verschwinden zu lassen. Doch in Ragnars Händen schrumpfte das Schwert sofort zu einem Dolch, den Ragnar hastig in seinen Gürtel steckte und mit seinem Mantel verbarg.
    »Die Besuchszeit ist zu Ende«, verkündete Archimedes fröhlich. »Eure Freunde brauchen Ruhe, um zu genesen, und morgen ist auch noch ein Tag!«
    Galenus unterzog seine Patienten einer eingehenden Musterung. Dann sagte er etwas zu Archimedes, das dieser mit: »Offensichtlich war die Besuchszeit bereits zu lang«, übersetzte. »Die beiden brauchen wirklich Ruhe«, betonte er zu den anderen gewandt.
    »Woher will er das wissen«, knurrte Charlie. »Er hat uns doch nicht einmal untersucht!«
    »Oh«, antwortet Archimedes mit einem Lächeln. »Für so etwas benötigen wir keine Magie. Wir haben unsere eigenen Methoden!«
    »Der Röntgenblick?«, hörte Charlie Sora fragen, während sie und die anderen aus dem Zimmer komplimentiert wurden.
     
    Eine Viertelstunde später waren Charlie und Biarn endlich allein. Beide hatten noch je eine Spritze erhalten und die strikte Anweisung, das Bett zu hüten. Neben ihnen standen neu gefüllte Wassergläser.
    Charlie sah Biarn wortlos an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte solche Angst um ihn gehabt.
    »Ich bin froh, dass es dir gut geht, Charlie«, sagte Biarn mit heiserer und trotzdem sanfter Stimme.
    Charlie antwortete nicht darauf. Stattdessen sagte sie etwas unsicher:
    »Es tut mir leid, das mit deinem Vater …«
    Ein schmerzhafter Schatten huschte über Biarns blasses Gesicht. Nach einer Weile sagte er:
    »Er wusste in welcher Gefahr er lebte. Wir alle wussten es.« Er sah aus dem Fenster. Der Schmerz in seinen Augen traf Charlie an einem wunden Punkt.
    »Er musste wegen mir sterben, oder? Ich bin schuld an allem.«
    Biarns Blick wanderte zu Charlie hinüber.
    »Es ist nicht deine Schuld, Charlie. Er musste sterben, weil er für die Freiheit unserer Welt kämpfte.«
    Seine Worte hatten sie nicht überzeugt, mehr aber der Blick, den er ihr zuwarf. Er war voller Zuneigung.
    »Du bist unsere ganze Hoffnung, Charlie«, begann er leise. »Du und Sora, ihr seid die Schlüssel zu einer neuen Zeit – einer Zeit voller Hoffnung und Gerechtigkeit. Es gibt viele Menschen auf Godheim, die dafür gerne ihr Leben geben würden. Und ich …« Biarn zögerte. »Ich würde schon für viel weniger als dafür mein Leben für dich riskieren«, fuhr er leise fort.
    Biarn sah Charlie lange an, dann lächelte er.
    »Und ich sage das nicht nur deshalb, weil mir dieser Trank hier die Sinne vernebelt«, sagte er mit einem Blick auf das Glas am Nachttisch.
    Charlies Augen hatten sich bei seinen Worten stark geweitet. Ein kribbelndes Gefühl machte sich wie ein großer Fächer in ihrem Bauch breit.
    »Ich glaube, du weißt es längst, Charlie. Es ist mehr als nur Zuneigung. Du fühlst es genauso wie ich es fühlen kann.« Seine Augen bohrten sich in die ihren, und Charlie überkam ein überwältigendes Gefühl der Zusammengehörigkeit und Liebe, das sie total aus der Bahn warf. Biarn runzelte plötzlich die Stirn.
    »Dieses Zeug hat es wirklich in sich«, stammelte er irritiert. »Was habe ich gerade gesagt?«.
    »Äh«, sagte Charlie dümmlich.
    »Hm«, machte Biarn und grinste schelmisch. »Ich weiß es wieder.«
    Charlie wurde rot bis in die Haarspitzen und sah auf ihre Decke, wo ihre Hände völlig unnötig das Laken glattstrichen. Als sie wieder hochsah ruhte Biarns Blick immer noch auf ihr. Er war wieder ernst geworden.
    »Wir haben noch einen weiten Weg vor uns«, murmelte er, während seine Augen in ihren versanken. »Und dieses Mal lasse ich dich nicht mehr allein.«
     
    Charlie lag noch lange wach und starrte mit großen, dunklen Augen auf das blasse Gesicht in dem Bett neben ihr. Biarn atmete ruhig in einem tiefen Schlaf.
    Die drei Sonnen von Euripides senkten sich langsam und ver-schwanden hinter den hohen Türmen von Alexandria. Ihr untergehendes Licht färbte die weißen Wattewolken rosarot. Es sah aus wie ein Meer aus gesponnener Zuckerwatte. Langsam schienen sich die Wolken durch das Fenster zu drängen und Charlie mit ihrem kühlenden und weichen Atem zu umschließen. Das Glas auf ihrem Nachttisch war leer, und die Zuckerwatte umhüllte ihren letzten Gedanken, bevor sie in einen ruhigen und erholsamen
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