Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)
Autoren: Marita Sydow Hamann
Vom Netzwerk:
Kunars angeregtes Gespräch verstummte, Ragnar hielt abrupt inne und Tora fuhr erschrocken zusammen. Die darauf folgende Stille wurde durch ein kurzes Klopfen an der Tür unterbrochen.
    Galenus trat ein.
    »Sie sind jetzt wach«, verkündete er. Sora und Tora sprangen sofort aus ihren Sesseln, und Kunar trat mit wenigen großen Schritten achtlos über die Scherben des Blumentopfes.
    »Ich habe mir schon gedacht, dass ihr sofort zu ihnen wollt«, sagte der Mediziner mit einem Lächeln. »Sie sind noch etwas schwach und müssen das Bett hüten, doch gegen Besuch ist nichts einzuwenden«, verkündete er. »Wenn ihr mir bitte folgen würdet?«
    Charlie lag in einem Krankenhausbett zwischen weißen Laken und wartete ungeduldig. Ihr Kopf schien wie in Watte gepackt. Mittlerweile hatte sie sich an den Anblick der seltsam anzusehenden Wesen gewöhnt, die sie seit ihrem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit angestarrt hatten. Aus Soras Erzählungen wusste sie, dass es sich um Bewohner von Euripides handeln musste. Ein Arzt mit vier Armen hatte ihr ein Schmerzmittel verabreicht, das ihre Sinne leicht vernebelte. Trotzdem verstand sie sehr gut, dass sie sich auf Euripides befand – Soras Planeten – und dass die hiesigen Ärzte ihr vermutlich das Leben gerettet hatten. Das Atmen fiel ihr schwer.
    Wo sie von dem Ast durchbohrt worden war, wickelte sich ein Verband um ihren Brustkorb. Charlie wusste aus Soras Erzählungen, dass die Euripiden medizinisch hochentwickelt waren. Eigentlich waren sie in jeder Hinsicht Meister ihrer Arbeit – dafür sorgte das Kasten-wesen.
    Bis auf eine junge Frau mit langen, roten Haaren konnte hier offenbar keiner Charlies Sprache verstehen. Diese Frau war freundlich und aufgeschlossen. Sie war nach wiederholten Fragen nach ihren Freunden mit ein paar holprig gesprochenen Worten davongeeilt. Charlie machte sich große Sorgen.
    Wie war sie hierhergekommen? Was war geschehen?
    Sie konnte sich kaum an etwas erinnern. Nur bruchstückhaft tanzten Bilder vor ihren Augen. Hravn, Hugin und ihren Sturz konnte sie klar sehen, doch dann …
    Da war ein Drache aufgetaucht, oder? Und Biarn, der fast zu Tode gequetscht wurde … Sora musste das Amulett eingesetzt haben, aber was war mit den anderen? Und Biarn …
    Charlies Herz machte einen Hüpfer, als sich die Zimmertür öffnete und all ihre Freunde gesund und wohlbehalten in den Raum gespült wurden.
    Alle bis auf …
    Plötzlich entstand ein kleiner Tumult an der Tür. Stimmen erhoben sich, und ein Euripide sagte in ihrer Sprache:
    »Achtung! Würdet ihr bitte beiseite gehen?« Der Mann hatte lange, schwarze Haare, die er zu einem Zopf gebunden trug. Er hatte an Soras Seite den Raum betreten und machte mit seinen vier Armen Platz für ein Rollbett, das er durch die Tür bugsierte und neben Charlies Krankenlager schob.
    »Biarn!«, stieß Charlie erleichtert aus. Der Mann mit den schwarzen Haaren ergriff grinsend das Wort.
    »Offensichtlich hat dieser Herr hier seit seinem Erwachen einen enormen Aufstand veranstaltet. Da die Ärzteschaft um sein Wohlergehen bangte, beschloss man seinen Wünschen nachzukommen.« Der Mann wandte sich nun an Charlie. »Mein Name ist Archimedes. Galenus lässt fragen, ob es der Dame genehm ist, ihr Zimmer mit diesem Herrn hier zu teilen?«
    Charlie nickte schnell und starrte Biarn glücklich an.
    »Du lebst!«, hauchte sie. Dann sah sie nacheinander ihre Freunde an. »Ihr lebt … Was ist passiert?«, stotterte sie aufgeregt. »Ich bin hier aufgewacht, und niemand konnte mir vernünftig Auskunft geben! Nur eine Frau scheint zumindest ein paar Brocken unserer Sprache zu sprechen«
    »Das war Lysistrate«, erklärte Archimedes. »Sie lernt gerade eure Sprache. Wir werden euch in Zukunft als Dolmetscher zur Verfügung stehen« Archimedes lächelte. »Ich nehme an, ihr habt euch viel zu erzählen. Ich werde euch also eine Weile allein lassen.«
    Kaum war er durch die Tür verschwunden, sprudelte es aus Tora heraus. Sie schilderte minutiös und in farbenprächtigen Worten, wie sie Oden entkommen waren.
    Nach einer Viertelstunde hielt sie inne.
    »Durch Soras Amulett und durch deinen Nebelzauber sind wir alle noch am Leben«, unterstrich sie. »Und ich glaube, Charlie, du hast Oden in die Luft gesprengt! Der ganze Balkon ist explodiert! Jedenfalls hast du damit Biarns Leben gerettet!« Tora nickte derart wild, dass ihre Haare wippten.
    »Glaubt ihr, dass Oden tot ist?«, fragte sie dann hoffnungsvoll in die Runde.
    Charlie sah Biarn an,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher