Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die eisblaue Spur

Die eisblaue Spur

Titel: Die eisblaue Spur
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
Vom Netzwerk:
musste.
»Beruhigt euch. Wir wissen nicht, ob Naruana Oddný
Hildur umgebracht hat. Vielleicht war es auch jemand anders.
Hört auf, euch anzuschreien. Versucht lieber, über was
Erfreuliches zu reden.«
    Dóras Worte beruhigten
Friðrikka und Eyjólfur ein wenig, aber keiner konnte
über etwas anderes reden. »Wer, außer einem
Dorfbewohner, könnte sie denn umgebracht haben? Jemand aus dem
Camp?«, fragte Alvar. Er war aufgestanden und beobachtete die
letzte Blutabnahme bei Bella.
    »Es war jemand aus dem
Dorf«, sagte Friðrikka wie ein trotziges Kind,
»alles andere ist ausgeschlossen. Keiner von uns hätte
ihr was antun können, auch wenn sie sich beim Chef beschwert
hat.«
    Eyjólfur schien nicht
protestieren zu wollen. »Vielleicht war es auch ein Fremder.
Irgendwelche Touristen, Outdoor-Freaks oder so.«
    »Ich bezweifle, dass die
Frau von einem Outdoor-Freak ermordet wurde.« Dóra
konnte nur milde lächeln. 
    »Warum denn nicht? Das
Wetter hat völlig verrücktgespielt, die Sicht war
schlecht, vielleicht dachte er, sie wäre ein Eisbär,
immerhin hatte sie Arnars Fellstiefel und Fellmütze an.«
Eyjólfur schien sich selbst von dieser Theorie
überzeugen zu wollen.
    »Ja, das wäre eine
Möglichkeit«, sagte Friðrikka kurzatmig. Zum ersten
Mal war sie derselben Meinung wie der IT-Mann. »Aber dann
wird der Mörder nie gefasst. Gut möglich, dass sie wie
ein Tier aussah.«
    »Das würde alles
erklären.« Zufrieden blickte Eyjólfur in die
Runde.
    »Jetzt macht aber mal
einen Punkt.« Alvar fühlte sich offenbar berufen, Partei
für Naturtouristen zu ergreifen. »Sie wurde von hinten
angegriffen. Normalerweise schleicht man sich nicht von hinten an
einen Eisbären an. Und Outdoor-Freaks, wie ihr sie nennt,
laufen auch nicht bei Schneesturm in der Gegend rum. Sie graben
sich im Schnee ein und warten, bis sich der Sturm legt. Und sie
greifen bestimmt keinen Eisbären an.«
    »Weiß jemand, warum
sie diese Sachen anhatte?« Dóra hatte noch gar keine
Zeit gehabt, darüber nachzudenken.
    »Das Wetter war an dem Tag
bis in den Abend hinein gut. Wahrscheinlich war sie nicht dick
genug angezogen, als sie noch mal rüber ins Büro gegangen
ist. Vielleicht brauchte sie nur was Winddichtes. Arnar hatte
bestimmt nichts dagegen, dass sie sich von ihm was geliehen
hat.« Eyjólfur machte ein trauriges Gesicht.
Ȇberlegt doch mal, wenn sie andere Klamotten angehabt
hätte, wäre sie nie für einen Eisbären gehalten
worden. Das waren die einzigen Sachen, die so
aussahen.«
    Schweigend setzte sich
Dóra hin. Sie ließ Alvar und Eyjólfur weiter
über die Theorie mit dem Eisbären diskutieren und
versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. »Ist es nicht viel
naheliegender, dass derjenige, der sich von hinten an Oddný
Hildur angeschlichen hat, geglaubt hat, sie wäre Arnar?«
Friðrikka, Alvar und Eyjólfur hörten auf zu
diskutieren und schauten Dóra verwundert an.
    »Wie meinst du
das?«, fragte Eyjólfur dümmlich und fügte
schnell hinzu: »Dass eigentlich Arnar getötet werden
sollte?«
    »Ja. Das ist doch
wahrscheinlicher als das mit dem Eisbären. Arnar hatte genug
Feinde und ist bestimmt nicht beliebter geworden, nachdem die
Firmenleitung über das Mobbing informiert
wurde.«
    Alvar nickte, Eyjólfur
machte ein skeptisches Gesicht. »Ich weiß nicht. Er war
ja nun wirklich nicht so unbeliebt, dass ihn gleich alle umbringen
wollten.« Hilfesuchend schaute er zu Friðrikka.
»Oder was meinst
du?«        
    Friðrikka starrte in ihren
Schoß. »Nein. Natürlich nicht.« Sie
verstummte und wirkte auf einmal ganz erschöpft.
    Dóra ging zu Matthias,
der sich mit dem dänischen Arzt unterhielt. »Hast du
noch die Nummer von Oqqapia? Ich muss mal mit ihr reden.«
Matthias fand den Zettel mit der Telefonnummer schnell. Dóra
steckte ihn in ihre Tasche und vergewisserte sich, dass sie ihr
Handy dabeihatte. Dann bat sie den Arzt, zur Toilette gehen zu
dürfen. 
    Ein junger Polizist begleitete
sie durch den Flur und klärte sie darüber auf, dass die
Toiletten nach ihrer Abreise gründlich desinfiziert werden
müssten. Dóra schloss die Klotür hinter sich ab,
wählte die Nummer und betete, dass die Frau zu Hause war.
»Hallo Oqqapia, hier ist Dóra, aus Island! Mein Freund
Matthias und ich waren letztens bei dir.«
    Oqqapia erinnerte sich gut an
sie, und soweit Dóra hören konnte, war sie
nüchtern. Aber sie stand leicht unter Schock und erzählte
Dóra ausführlich von Naruanas Verhaftung. Ein paar
Leute seien ins
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher