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Die eisblaue Spur

Die eisblaue Spur

Titel: Die eisblaue Spur
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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hielt. »Ich
weiß nicht, ob Viren oder Bakterien bei Kälte so lange
überleben können, aber es wäre zumindest einen
Versuch wert, das mal näher unter die Lupe zu nehmen. Wer
weiß, ob Oddný Hildur nicht auch an einer Krankheit
gestorben ist.«
    »Dagegen spricht
allerdings, dass sonst niemand erkrankt ist, obwohl mehrere Leute
in die Nähe der Leiche gekommen sind.« Der Polizist
wirkte bestürzt.
    »Aber müssten wir
dann nicht auch schon längst krank sein? Halldór hat es
direkt am nächsten Tag erwischt, wir sind also hoffentlich
noch mal davongekommen. Bei der Obduktion der Leichen müssen
unbedingt Sicherheitsvorkehrungen getroffen
werden.«
    Der Polizist lächelte
Dóra dumpf an. »Machen Sie sich darüber keine
Gedanken. Darum kümmert sich die Gerichtsmedizin. Ich halte es
allerdings für angebracht, dass Sie alle vor Ihrer Abreise
ärztlich untersucht werden. Hat dieser Arnar irgendeine
Erklärung dafür abgegeben, warum er die Geschichte
ausgerechnet jetzt erzählt? Er hätte das doch schon
längst tun können.«
    Dóra starrte ihn an.
»Er sagt, er will Naruana schützen. Wenn der Fall
abgeschlossen ist und er die Verantwortung für seinen Anteil
an dem Verbrechen übernommen hat, will er sich
umbringen.«

34.
Kapitel
    24. März 2008
    Dóra hatte noch genauso
große Angst vor Spritzen wie bei den Impfungen in der
Grundschule. Der einzige Unterschied war, dass sie das inzwischen
besser überspielen konnte. Sie war froh, dass die Medizin
Fortschritte gemacht hatte und der Arzt nicht so eine Riesenspritze
benutzte wie die, die sie im Bohrwagen gefunden hatten. Die
gehörte vermutlich dem Arzt, der die ersten Siedler mit der
tödlichen Krankheit infiziert haben musste. Dóra atmete
auf, als die Nadel herausgezogen wurde und nur ein kleiner
Blutstropfen zurückblieb, der kurz darauf verschwunden war.
Sie lächelte erleichtert, konnte die Reaktion des Arztes,
dessen Gesicht von einer Maske verdeckt war, jedoch nicht sehen.
»Wann ist das Ergebnis da?« Dóra presste ein
Baumwollläppchen auf die
Einstichstelle.         
    »Wir beeilen uns und
informieren Sie, sobald das Ergebnis vorliegt.« Der Mann
blieb auf seinem Stuhl sitzen und wartete darauf, dass
Eyjólfur als Nächster zu ihm kam. Er nahm das
Reagenzglas mit Dóras dunkelrotem Blut, beschriftete es und
stellte es vorsichtig in eine kleine Kiste.
    Eyjólfur nahm auf dem
Patientenstuhl Platz. »Was ist, wenn es etwas Ernstes ist und
wir uns alle angesteckt haben?« Er krempelte seinen
Ärmel hoch und legte den Arm auf die Stuhllehne.
»Müssen wir dann sterben?«
    »Natürlich
müssen Sie irgendwann sterben. Ich glaube aber nicht, dass das
so bald passiert.« Der Arzt schwieg, während er die
Spritze in Eyjólfurs Arm stach. »Sie sind alle
kerngesund. Das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme.« Die
große Maske vor seinem Gesicht und die Latex-Handschuhe
ließen auf etwas anderes schließen.
    Friðrikka schmiss ihr
Baumwollläppchen in einen kleinen, gelben Plastikeimer, in dem
Nadeln und andere Utensilien entsorgt wurden. Ein rotes Zeichen auf
dem Eimer wies darauf hin, dass der Inhalt verseucht sein
könnte und auf besondere Weise entsorgt werden musste.
Während Friðrikka ihren Ärmel wieder
herunterkrempelte, fragte sie Finnbogi: »Woher wissen Sie,
dass es die Spanische Grippe ist?« Ihre Stimme klang
zerbrechlich. Die gesamte Gruppe war schockiert, aber Friðrikka
war die Einzige, der es nicht gelang, ein unbeteiligtes Gesicht
aufzusetzen. Kurz zuvor waren sie von der grönländischen
Polizei darüber informiert worden, dass der Verdacht bestand,
der Mann im Kühlraum könnte an dieser gefährlichen
Seuche gestorben sein. Nachdem Dóra und Matthias mit dem
Polizisten gesprochen hatten, war die Gruppe zu Fuß zum Hotel
geschickt worden, aber anstatt in der Lobby empfangen zu werden,
führte man sie zu einer Häuserreihe, die an das Camp
erinnerte. Es handelte sich um die Zimmer des Flughafenpersonals
von Kulusuk. Sie wurden in einen Aufenthaltsraum gebracht, wo
Eyjólfur sofort den Fernseher einschaltete und nach einem
englischsprachigen Nachrichtensender suchte. Während sie auf
weitere Anweisungen warteten, glotzten sie auf den Bildschirm.
Irgendwann war es so langweilig, dass Dóra fast
vorgeschlagen hätte, zur Abwechslung mal zu dem deutschen
Erotikkanal zu zappen. Am Ende wurde ihnen mitgeteilt, vor der
Weiterreise müsse ausgeschlossen werden, dass sie als
Überträger der Krankheit fungieren könnten. Zu dem
Zeitpunkt hatten sie
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