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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin
Autoren: Petra Schier
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PROLOG
    Vor den Toren Jerusalems
    August im Jahre des Herrn 1148
    Die Sonne brannte erbarmungslos auf das bunt zusammengewürfelte Zeltlager herab. Es würde noch einige Stunden dauern, bis die abendliche Kühle den von Kampf und Belagerung geschwächten Soldaten Erleichterung verschaffen würde. Ein leichter Wind trieb in Böen feinen Wüstensand vor sich her, der sich den Männern in Ohren, Augen und Bärten festsetzte.
    Eginolf, deutscher Ritter und Untertan Kaiser Konrads   III., kratzte verdrießlich an einer verschorften Schnittwunde an seinem linken Unterarm herum. Er saß auf einem umgedrehten Eimer unter dem provisorischen Vordach seines Zeltes und beobachtete die wenigen Männer, die sich in glühender Hitze darangemacht hatten, einen Ochsenkarren zu reparieren, dessen Deichsel gebrochen war.
    Als er neben sich eine Bewegung wahrnahm, hob er den Kopf und lächelte erfreut, als er den Ankömmling erkannte.
    «Jost, wo bleibst du denn? Hast du noch Wasser bekommen?» Er winkte den Knecht heran und wies mit dem Kinn auf einen zweiten umgestülpten Eimer.
    Jost ließ sich erleichtert auf die Sitzgelegenheit fallen und reichte ihm einen der beiden gefüllten Wasserschläuche. «Ja, Herr, aber am Brunnen war eine lange Schlange. Ich musste warten, und dabei habe ich gehört, dass der Kaiser angeblich bald nach Konstantinopel aufbrechen will.»
    «Hoffen wir es», knurrte Eginolf. «Die Belagerung von Damaskus war reine Zeitverschwendung. Wie viele Männer haben wir dort verloren? Und wie wenige haben es geschafft hierherzufliehen?» Ohne auf eine Antwort zu warten, trank er einen Schluck und fuhr dann fort: «Wir sollten auf dem schnellsten Weg in die Heimat zurückkehren. Ich bin es leid, Tag für Tag dabei zuzusehen, wie die besten Männer Hunger und Durst zum Opfer fallen, und mir den Verstand von der Wüstensonne austrocknen zu lassen.» Ganz zu schweigen von den hohen Verlusten in den Kämpfen gegen die übermächtigen Sarazenen, dachte er bei sich.
    Jost nickte zustimmend und wies dann auf einen Ritter, der sich mit Hilfe von Krücken auf sie zu bewegte. «Da kommt der Herr Radulf.» Er stand eilfertig auf, um dem Mann seinen Sitzplatz anzubieten.
    Eginolf hob erfreut den Kopf und sprang dann ebenfalls auf, um den Versehrten zu begrüßen. «Radulf, mein Freund, setz dich zu uns in den Schatten. Hast du schon die Neuigkeiten gehört? Jost sagt, man erzählt sich am Brunnen, dass Konrad vorhat, nach Konstantinopel zurückzukehren.»
    Radulf ließ sich umständlich auf dem Eimer nieder. «Hörte ich», nickte er. «Dann werdet ihr ja bald wieder bei euren Familien sein.»
    Eginolf lächelte wehmütig. «Mein Weib, die gute Gertrude, wird nach so langer Zeit glauben, ich sei ein Geist.» Er blickte an seinem abgemagerten Körper hinunter. «Und fast kann man ja auch durch mich hindurchsehen. Was freue ich mich auf ihre Kochkünste! Und auf meinen Sohn», setzte er nachdenklich hinzu. «Er macht sicher inzwischen seine ersten Reitversuche. Alt genug ist er jetzt.» Er blickte Radulf forschend ins Gesicht. «Und du bist sicher, dass du uns nicht begleiten willst?»
    Radulf nickte mit entschlossener Miene. «Ich bleibe hier, wenigstens vorläufig. Bei meiner Maria habe ich ein gutes Heim gefunden. Und sobald der Bruch an meinem Fuß verheilt ist, reisen wir zu ihrer Familie nach Edessa. Es heißt, dort kann man auch als Christ gut leben. Ich weiß noch nicht, was aus mir werden wird. Arnold ist natürlich nicht erfreut, denn er wollte mir ein Amt bei Konrad verschaffen.»
    «Er ist immerhin der Reichskanzler», gab Eginolf zu bedenken. «Auch wenn du nur sein Halbbruder bist, bin ich sicher, er könnte   …»
    «Ich habe mich entschieden.» Radulf schnitt ihm das Wort mit einer Handbewegung ab. «Auch wenn ich damit das Wohlwollen meines Bruders verliere, werde ich hierbleiben.»
    Eginolf seufzte und erhob sich, ging ins Zelt und kam wenig später mit einem kleinen Leinenbeutel zurück. «Dann ist es jetzt wohl an der Zeit, unsere magere Beute zu teilen.»
    Radulf nickte schweigend. Offenbar wusste er bereits, worum es ging.
    Jost stand auf und wollte sich diskret entfernen, doch Radulf hielt ihn zurück.
    «Warte, Jost! Auch du sollst deinen Teil erhalten.»
    Jost wandte sich um und schaute den Ritter fragend an.
    Radulf wies ihn an, wieder neben ihm Platz zu nehmen, und Jost ließ sich auf den Boden sinken. «Du warst uns immer ein treuer Knecht, Jost, und ein verdammt guter Soldat.» Er schwieg einen
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