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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Robert wird durch einen geschickten Anwalt als Totschlag abgetan. Der Schocktod meiner Frau hat juristisch mit einem Mord überhaupt nichts zu tun. Es ist ein normaler Tod ohne Fremdeinwirkung. Eine Folgeerscheinung. Dagegen kann keine Anklage erhoben werden. Bleibt Roberts Tod. Nach einem guten Plädoyer können dabei höchstens zehn Jahre Strafverbüßung herauskommen. Resümee: Wir haben zwei Tote, der Schuldige daran bekommt zehn Jahre. Nach fünf Jahren wegen guter Führung Begnadigung. Fräulein Ulrike Sperling läuft also nach fünf Jahren wieder vergnügt durch die Welt, aber mein Sohn Robert und meine Frau Gerda sind tot. Die können nicht wiederkommen! Es gibt im Strafgesetz nicht den seelischen Tod, nicht den Tod aus Kummer, nicht den Tod durch Zerstörung des Lebenswillens. Ein solches Gesetz ist auch gar nicht durchführbar. Und deshalb erfinde ich für mich dieses Gesetz! Der Tod meines Sohnes Robert war direkter Mord, der Tod meiner Frau Gerda indirekter Mord. Also ist der Täter ein Mörder. Und als solchen will ich ihn in meiner Hand haben, nicht vor mir im Gerichtssaal.«
    »Das ist Wildwest, Hubert«, sagte Sissi fast entsetzt. »Du kannst dir doch keine eigenen Gesetze machen!«
    »Ich kann! Ich bin ja bereit, später auch dafür zu büßen.«
    »Auch als Mörder!«
    »Nein, bei mir wird es glatter Totschlag sein. Totschlag im Affekt. Totschlag aus tiefster Verzweiflung.«
    »Und es ist in Wahrheit doch nur billige Rache. So wie in dem Film ›Ein Mann sieht rot‹.«
    Habicht sprang auf. Sein Gesicht war gerötet und etwas verzerrt. »Wem wollt ihr eigentlich helfen?« rief er laut. »Mir – oder dieser Mörderin?«
    »Wir wollen dich nur vor einer großen Dummheit bewahren, Hubert.« Sissis Stimme klang begütigend und sanft. »Dich frißt dein Haß auf.«
    »Mich frißt der Mangel an Gerechtigkeit auf! Rutkin, wenn man deine Frau und dein Kind getötet hätte …«
    »Ich weiß es nicht …«
    »Aha! Und du, Otto?«
    »Ich hätte da einige, die mir die Arbeit abnehmen würden.«
    »Und du, Sissi?«
    »Man sollte erst richten, wenn die Wahrheit offenbar ist«, sagte sie zögernd. »Und dann sollte man dem Gesetz vertrauen und selbst im Sinne Jesu verzeihen können.«
    »Jetzt wird es mir zu blöd.« Habicht stieß den Stuhl zurück, so heftig, daß er umfiel. »Soll ich auch noch für das Seelenheil der Mörderin beten?«
    »Auch sie hat eine Seele, Hubert.«
    »Aber ich bin nicht Christus. Ich bin, wenn schon eine biblische Gestalt, der rächende Gott des Alten Testamentes. Mein Gott, ist das alles dämlich, was wir hier reden! Laßt uns weiter nach dieser Ulrike Sperling suchen …« Damit stürmte er nach draußen.
    In diesen Januarwochen rief Habicht einmal in München an – seinen Arzt und Freund Dr. Heimes.
    Was er zu hören bekam, waren die altbekannten Töne.
    »Ist dort die Vereinigung freiwilliger Idioten?« fragte Dr. Heimes, als Habicht sich meldete. »Spreche ich mit dem Oberidioten?«
    »Nein! Hier ist die Verwaltung des Privatfriedhofes von Dr. Heimes. Wie viele tote Patienten liefern Sie heute?« antwortete Habicht.
    »Hamburg scheint dir gut zu bekommen. Da in den Zeitungen nichts von einem Frauenmord steht, nehme ich an, daß du diese Sperling noch nicht gefunden hast.«
    »Du warst schon immer ein kluger Junge. Aber ich finde sie.«
    »Phantast!«
    »Was tut sich Neues in München?«
    »Wenig. Die Polizei hat die Akte Habicht noch nicht geschlossen. Dieser Hauptkommissar Reiber wollte dich sprechen und landete dann bei mir. Man ist bei der Kripo der festen Ansicht, daß Robert ein Opfer der Mafia geworden ist. Alle Umstände deuten darauf hin. Drogen, Genickschuß, der Tod von Christa Helling – Robert muß tief im Sumpf gesteckt haben. Und ihr habt nichts bemerkt!«
    »Ich nicht. Aber Gerda …«
    »Gerda? Wieso denn? Das sagst du erst jetzt?«
    »Jeder hätte mich ausgelacht, du auch. Gerda hat ein paarmal gesagt, wenn Robert Klavier spielte: ›Hör dir das an! Er spielt Chopin wie Beethoven.‹ Damals habe ich gedacht: Na gut, der Junge spielt falsch. Er wird's noch lernen. Heute weiß ich, daß er seine innere Zerrissenheit durch diese Musik verarbeitete, daß er sich entlud, daß er sich befreien wollte – nur wir haben es nicht verstanden. Julius, war ich ein guter Vater oder ein schlechter?«
    »Ein unbeteiligter Vater.«
    »Das ist ja noch schlimmer!«
    »Dein Familienleben lief wie eine gut geölte Maschine, immer im gleichen Rhythmus. Sie verarbeitete
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