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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Erster Teil
    Er sah sie zum erstenmal im Prinzregenten-Stadion. Sie lag etwas abseits vom Schwimmbecken im Gras, im Halbschatten eines Busches, auf einem rot-weiß gestreiften großen Badetuch. Ein mit bunten Blüten bedruckter, sehr knapper Bikini verbarg nichts von ihrem wohlgeformten Körper. Sie schien zu schlafen, hatte die Hände hinter dem Nacken verschränkt, und ihr Gesicht war von einer Flut von ausgebreiteten dunklen Locken umschlossen. Es war ein schmales Gesicht mit hoch angesetzten Wangenknochen, schmal gezupften Augenbrauen, langen Wimpern an bläulich getönten Lidern und einem Mund mit vollen Lippen, die in einem leuchtenden Signalrot geschminkt waren.
    Es gab keinen Mann, der an ihr vorüberging, ohne einen Blick auf sie zu werfen. Ein älterer Mann mit Glatze und Bauchansatz, jenseits aller Chancen, aber nach wie vor vom Reiz eines schönen Frauenkörpers begeistert, holte seine Kamera und fotografierte sie heimlich aus einiger Entfernung mit dem Teleobjektiv.
    Robert Habicht beobachtete das alles mit einem Lächeln. Er saß am Rand des Schwimmbeckens, ließ die Beine in das warme Wasser baumeln und hatte gerade überlegt, ob er eine Cola trinken sollte, als sein Blick an dem schlafenden Mädchen hängenblieb. In Erstaunen versetzte ihn, daß sie bei dem Lärm und dem Kindergeschrei im Schwimmbad schlafen konnte und anscheinend so fest, als läge sie in einem stillen Zimmer.
    Es faszinierte Robert von jeher, wie tief Menschen schlafen können. Er selbst brauchte nur wenig Schlaf, um Körper und Geist mit neuer Energie aufzuladen. Da war aber zum Beispiel sein Vater: Wenn der erst einmal im Bett lag, konnten Mauern einstürzen –, es weckte ihn nicht auf; höchstens drehte er sich auf die andere Seite. Die Mutter lag zusammengerollt wie eine Katze unter der Steppdecke und wurde erst wach, wenn der Wecker mitleidlos rappelte. Und Roberts Kameraden bei den Pfadfindern: Während eines Zeltlagers lagen sie auf ihren Luftmatratzen oder in ihren Schlafsäcken wie Puppen, und erst der Weckruf der Morgenfanfare jagte sie hinaus. Da saß er, Robert, schon längst am Fluß oder am See, wo man die Zelte aufgebaut hatte, und hatte das Morgenrot und das jubilierende Aufsteigen der Lerchen bewundert.
    Robert stemmte sich vom Beckenrand hoch, strich sich mit beiden Händen über die nassen Haare und war unschlüssig, ob er nun wirklich im nahen Restaurant eine Cola trinken oder weiter das Mädchen beobachten sollte. Mit seinen achtzehn Jahren gehörte er nicht – wie viele seiner Schulkameraden, die alle das König-Ludwig-Gymnasium besuchten – zu den Draufgängern, die mit frechen Sprüchen die Mädchen ansprachen und sogar ›Abschußlisten‹ führten. Er saß lieber am Klavier und spielte Chopin oder Beethoven, las die Philosophien von Spinoza und Montaigne und beschäftigte sich intensiv mit dem Phänomen außerirdischer Erscheinungen und dem Leben auf fernen, unbekannten Planeten.
    Ein Mädchen ›aufzureißen‹, wie seine Freunde das augenzwinkernd nannten, war für Robert ein unbekanntes Spiel. Er hatte es noch nie versucht, schon aus Angst, spöttisch abgewiesen zu werden. Ihm war bewußt, daß ihm die Fähigkeit zum Flirten fehlte.
    Das schlafende Mädchen aber dort drüben auf der Wiese mit dem Mini-Bikini und dem schwarzen Lockenschwall veränderte auf unerklärliche Weise Roberts Absichten. Er ging nicht zum Restaurant hinüber, unterdrückte seinen Durst auf eine Cola. Statt dessen umrundete er den Sprungturm des fünfzig mal zwanzig Meter großen Beckens und näherte sich dem Mädchen. Etwa drei Meter vor ihr setzte er sich ins Gras, zog die Beine an und stützte das Kinn auf.
    Die Schlafende, das stellte er mit einer leichten innerlichen Erregung fest, hatte schöne feste, runde Brüste, lange schlanke Beine und überhaupt einen Körper, der keinerlei Fettwölbungen aufwies, weder an den Hüften noch am Bauch. Es war ein vollkommener Körper, vielleicht sogar in einem Fitneß-Center durchtrainiert. Das schienen auch die braungebrannten jungen Männer zu denken, die an der Unbekannten vorbeipromenierten, Miniplayboy-Typen, denen es weniger um das Schwimmen ging als um ein Abenteuer mit einem der vielen hübschen Mädchen, die das Bad bevölkerten. Das Prinzregenten-Stadion gehörte nicht zu den üblichen öffentlichen Badeanstalten der Stadt, sondern hatte sich den Ruf einer Münchener Institution erworben: Hier aalten sich verhinderte Schönheitsköniginnen, Fotomodelle, Mannequins und hübsche
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