Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
okay, ja. Aber er macht wohl erst mal auf unbestimmte Zeit Urlaub.«
    Während Monica und Sweetheart darüber nachdachten, bat ich Chico um einen seiner teureren geeisten Wodkas und einen Orangensaft – in getrennten Gläsern: Die Erfahrung, wie schlecht ich in Form war, hatte mich bewogen, von jetzt an vielleicht doch gesünder leben zu wollen. Den Orangensaft extra zu trinken, schien schon mal ein Anfang.
    Etwa eine Stunde plauderte ich nett (und weitgehend unehrlich) mit diesem und jenem Mitglied des Ganzen Kaputten Chors, aber Monica und die anderen merkten, dass ich vor allem in Gesellschaft allein sein wollte, und blieben daher nicht lange an meinem Tisch. Wir kennen das alle, haben alle schon Dinge erlebt, die einen wochenlang nicht loslassen. Das ist mit das Tollste am Compasses – alle kapieren, was los ist. Außerdem war mir klar, dass ich am nächsten Morgen die Reise nach Mekka machen musste, um meinen offiziellen Bericht abzuliefern, und ich wusste nicht, was ich sagen würde, deshalb wollte ich mich jetzt nicht zu sehr festlegen – eine Menge Leute würden meine Version davon, was im Ralston und hinterher passiert war, unter die Lupe nehmen. Und natürlich mussten sich meine Bosse fragen, ob ich durch meine Freundschaft mit Sam infiziert worden war – was ja durchaus der Fall war. Ich hatte ihn schließlich gehen lassen, oder?
    Während alle anderen redeten und lachten, saß ich da undspielte ein paar mögliche Strategien durch. Ich fühlte mich hohl, aber auf eine nicht nur unangenehme Art. Ein bisschen wie eine Feder vielleicht. Wie die unsichtbare Feder, die ich mit mir herumgetragen hatte, ohne es zu wissen, und die ich immer noch mit mir herumtrug. Wie seltsam es war, hier in dieser vertrauten Umgebung unter vertrauten Leuten zu sitzen und gleichzeitig etwas in der Tasche zu haben, das alles Vertraute in die Luft jagen konnte. Ich musste darauf hoffen, dass der Himmel wirklich der Himmel war oder zumindest eine gute Kopie, weil ich sonst über viel zu vieles viel zu viel wusste, um noch lange lebend umherzuspazieren.
    Solche Gedanken drehten und drehten sich in meinem Kopf, bis ich schließlich das Denken für diesen Abend aufgab. Man kann nämlich so lange denken, bis man völlig gelähmt ist. Ich befand, dass mir schon irgendeine brauchbare Halbwahrheit für die Bosse einfallen würde und ich dann einfach an dieser Halbwahrheit festhalten würde, egal, was passierte. Wenigstens würde ich ein für alle Mal herausfinden, ob man den Himmel belügen kann.
    Es war ja nicht so anders als das, was ich seit Jahren tat, sagte ich mir – nur eine direktere Form der Täuschung. Ganz normaler Arbeitsalltag letztlich. Die Gassen des Himmels mochten zwar mit Stuss und Papierkram gepflastert sein, aber ich bewegte mich jetzt schon ganz schön lange in diesen dunklen Gassen. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich wissen würde, was es zu sagen und nicht zu sagen galt. Danach würde alles in den Händen des Höchsten liegen.
    Irgendwann fing Jung Elvis eine blöde Diskussion über den Hotelbrand an, quarkte allen die Hucke voll, dass es mit Sicherheit einer der Dämonenbonzen gewesen sei, der einen Rivalen ausschalten wollte (was ja partiell stimmte, nur dass seine Verdächtigenliste mit der Wirklichkeit nichts zu tun hatte). Ich hörte ab dem Punkt weg, als Walter Sanders die Theorie vertrat,Jung Elvis habe das Hotel selbst in die Luft gejagt, weil sie ihn nicht zu der Konferenz eingeladen hatten.
    Die meiste Zeit schaute ich einfach nur zu. Die meiste Zeit wartete ich einfach nur drauf, dass Sam reinkam, obwohl ich wusste, dass er nicht reinkommen würde. Und natürlich dachte ich an Caz. Ich dachte ständig an Caz. An jemanden zu denken, den man nicht haben kann, ist eine spezielle Art von Hölle, die man herbeibeschwören kann, ohne auch nur ein einziges Pentagramm zu zeichnen.
    Es war kurz nach Mitternacht, als Clarence hereinkam – ohne Garcia Birkling diesmal, dem Höchsten sei Dank. Er sagte Monica und den anderen hallo, zögerte kurz, holte sich dann ein Bier und setzte sich mir gegenüber.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte er.
    »Warum hast du’s getan, Junge? Ehrlich?«
    Er schien erstaunt. »Weil ich musste, Bobby. Sie hatten mich ausgewählt, und es war mein Job. Es … es tut mir leid wegen Sam.«
    »Ja, mir auch. Und was jetzt? Zurück auf Wolke Neun, um dir einen Orden ans Engelsgewand heften zu lassen? Hast du dir jetzt endlich deine Flügel verdient?«
    »Also, ich … ich glaube, ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher