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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und Reizen, die Menschen nicht einmal wahrnehmen konnten. »Und er ist dumm. Ohne Initiative, ohne Verstand; ein abgerichteter Roboter.« Kyle verbarg seine Wut nicht. »Früher oder später werden diese Kreaturen sterben, weil sie nicht einmal mehr wissen, daß sie leben sollen, oder aber sie werden wahnsinnig. Die Shait setzen solche entgeistigten Krieger für Selbstmordangriffe auf Jared-Nester ein.« Kyle atmete heftiger. »Es paßt zu ihnen, sich dazu eines Nestparasiten zu bedienen, der schon in grauer Vorzeit eine Pest für die Jared war.« Er verstummte. »Und wieso funktioniert es bei Menschen?« fragte Hartmann und meinte die Infektion, die ein Wesen zu einem Jared werden ließ. »Zufall«, antwortete Kyle nach einiger Zeit. »Ein Teil der Baustoffe, die zum Milieu des Proteins gehören, sind auch im Menschen vorhanden. Es sind ziemlich grundlegende Moleküle, wissen Sie. Jedes höher entwickelte Lebewesen trägt diese Moleküle mit sich herum. Das ist normalerweise nicht ausreichend, aber wir können die entsprechenden Stoffe von außen zuführen. Ein Mensch, der ständig mit Jared zusammen ist, nimmt die fehlenden Substanzen mit der Luft und mit der Nahrung auf.« »Das dauert zu lange«, sagte Hartmann. »Erzählen Sie mir keinen Blödsinn.« Kyle lachte kalt. »Das menschliche Nervensystem ist der Schlüssel«, sagte er. »Es gibt ein paar Regionen der Großhirnrinde, die besonders empfindlich auf eine bestimmte Beeinflussung reagieren … es ist schwer zu beschreiben. Die Umwandlung, die Sie bei Ihren Soldaten gesehen haben, war nur eine Art Trance. Die körperliche Veränderung setzte später ein, und danach erst wird ein Mensch vollständig zum Jared. Es war ein glücklicher Zufall.« »Kommt darauf an, aus welcher Perspektive man es sieht«, sagte Hartmann eisig und fixierte Kyle. »Natürlich«, sagte Kyle mit höflicher Distanz. Hartmann wich seinem Blick nicht aus. »Sie hätten sich dagegen wehren können«, vermutete er. Es war ein Schuß ins Blaue hinein. Kyle nickte langsam. »Ich bin nicht so leicht zu beeinflussen wie ein normaler Mensch«, sagte er. »Aber es war Teil einer Abmachung.« Er wandte den Blick ab und richtete sein Auge auf den Wächter vor der Tür. »Und ich wollte es«, fügte er nach einer Weile hinzu. Hartmann verzichtete darauf, nach dem Grund zu fragen. Falls der Megamann darüber reden wollte, würde er es früher oder später von selbst tun. »Das heißt, der Krieger hinter Ihnen ist bereits infiziert«, folgerte er. »Er ist gar kein Moroni mehr, sondern ein verstümmelter Jared.« »Ja.« Kyle lachte verbittert. »Niemand wird uns holen, Hartmann. Man hat uns hier abgestellt, damit wir aus dem Weg sind, und man wird uns hier verschimmeln lassen, mitsamt unseren armseligen Bewachern.« »Warum haben sie uns dann nicht getötet?« fragte Hartmann verwundert. »Vielleicht hat der Shait einen Sinn für Humor«, erwiderte Kyle grimmig. »Vielleicht ist er auch nur ein Dummkopf.« »Und wie kommen wir hier heraus?« Kyle richtete sich auf, als bestünde der Krieger hinter ihm aus Luft. Mit einem scheußlichen Geräusch zerrissen Gelenke aus Horn. Der Wächter vor Hartmann erwachte aus seiner Starre und schnellte vor, aber ein gestrecktes Bein erwischte ihn und durchstieß seinen Brustpanzer. Hartmann konnte einen entsetzten Aufschrei nicht unterdrücken. Die Zangen an seinen Armen und Beinen begannen sich zu schließen. Aus den Augenwinkeln heraus sah er einen unförmigen Schatten, der sich mit atemberaubender Geschwindigkeit um sich selbst drehte. Eine geschwärzte Hand zuckte an seiner Wange vorbei, und die Zangen, die sich anschickten, seine Knochen zu brechen, verkrampften sich in der Bewegung. Er hörte splitterndes Chitin, und ein warmer Hauch streifte ihn, als der Moroni-Krieger hinter ihm ein letztes Mal ausatmete. Kyle zog die Hand zurück. Zwischen Chitinscherben, Sehnen und Knochensplittern konnte Hartmann einen Strang silbriger Fäden erkennen, bevor der Jared seine Hand öffnete. »Wie haben Sie das gemacht?« brachte Hartmann dann schwerfällig heraus. Sein ganzer Körper schmerzte, und einen Moment lang befürchtete er, die Ameisen hätte ihm doch noch das Rückgrat gebrochen, so taub fühlten sich seine Beine an. Kyle richtete sich auf. Im Halbdunkel wirkte er plötzlich sehr viel unförmiger als früher. Das zweite Auge öffnete sich plötzlich. »Eine Frage der Anpassung«, sagte der Jared. Hartmann wich zurück, bis er gegen die
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