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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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irgendeinen Sinn darin zu entdecken. Sie wollte nicht sterben, und sie glaubte nicht, daß Hartmann sterben wollte. Nicht einmal Kyle konnte das wollen, obwohl er nach der Schlacht in der Schwarzen Festung nicht mehr seinen unbändigen Lebenswillen an den Tag gelegt hatte. Wie kam es dann, daß drei Menschen, die nicht sterben wollten, sich zusammentaten, um sich umzubringen? »Idiotisch«, murmelte sie, und diesmal blieb sie so leise, daß Kyle sie nicht hörte. Oder er hielt es nicht für angemessen, ihr zu widersprechen. Was mochte im Kopf des Mannes vorgehen, Mensch, Megamann, Jared, Sterbender, der zwanzig Meter von ihr entfernt in einem Treppengerüst an der anderen Wand zwischen gewaltigen Zylindertanks hockte, die über fünf Stockwerke in der Halle emporragten. Sie fragte sich, was die Tanks enthalten mochten. Hinter ihnen zog sich ein verwirrendes Geflecht aus meterdicken Stahlrohren und kreuzförmigen Verstrebungen bis an die Tanks heran, wie das Rohrnetz einer riesigen Raffinerieanlage. Breite Rolltreppen führten auf eine tiefergelegene Ebene einer anderen kleineren Halle hinunter, die aber immer noch groß genug war, um als Hangar für eine Raumfähre oder ein Moroni-Raumschiff zu dienen. Sie bezweifelte, daß sie noch viel über Kyles Gedanken erfahren würde. Der Sekundenzeiger zerschnitt die letzten Augenblicke. »Jetzt«, sagte Kyles Stimme in ihrem Ohr, und gleich darauf schlug ein Laserblitz in eine Apparatur ein, die wie ein überdimensionaler Verbrennungsmotor aussah. Die Explosion erschütterte das gewaltige Gerüst aus Tanks und Rohren, und ihr eigener Schuß traf nur den Hallenboden und hinterließ einen kleinen hellweißen Hitzefleck, der sich rasch ausbreitete. Sie sah Ameisen, die hektisch durcheinanderliefen, und zielte auf eine Säule, die zwischen ihnen stand. Die Maschine detonierte nicht, sondern zerplatzte mit majestätischer Langsamkeit, und eine ungesund aussehende, bräunliche Flüssigkeit quoll nach allen Seiten auseinander und riß die Moroni-Krieger mit sich. In der niedrigen Schwerkraft des Mondes und auf Grund der absurd großen Dimensionen der Halle wirkten alle Bewegungen auf bizarre Weise verzögert. Tatsächlich konnte man unter diesen Bedingungen nicht einmal laufen, ohne den Kontakt mit dem Boden zu verlieren. Sie feuerte eine Salve von Schüssen auf ein Dutzend Ameisen ab, die sich geschickt an einem Treppengeländer entlang auf sie zu bewegten, und zerschoß dann den Laufsteg in der Mitte zwischen zwei großen Tanks. Die beiden Gerüsthälften hingen sekundenlang frei in der Luft, dann brachen sie zusammen. Sie sah sich rasch um und entdeckte etwa drei Dutzend Moroni, die in der Halle vor dem Transmitterring hin und her liefen, die meisten davon nicht einmal bewaffnet. Nicht weit von ihr entfernt stand eine weitere Gruppe von säulenförmigen Maschinen, vielleicht irgendwelche Filteranlagen. Eine Reihe von Pulten stand auf einer Plattform davor, und vier Moroni duckten sich hinter die Pulte. Ein Laserblitz schlug drei Meter über ihr ein, das erste Zeichen von Gegenwehr. Weitere Schüsse folgten. Sie schob den Regler an ihrem Gewehr auf volle Leistung und feuerte eine rasche Schußfolge in die Pulte, die in Rauch und Flammen auseinanderbarsten. Der blauweiße Blitzschlag einer elektrischen Entladung hüllte die gesamte Plattform ein, und dann stürzte die Stahlscheibe qualmend und brandgeschwärzt in die Tiefe. Sie feuerte erneut auf die Säulen, deren Wände entlang der geschwächten Nähte auseinanderklafften. Diesmal entzündete sich die Flüssigkeit, und die Säulengruppe verschwand in einer orangeroten Explosionswolke. Die Druckwelle riß die durcheinanderlaufenden Moroni um und trieb sie in der niedrigen Schwerkraft zwischen Gerüstteile, Schaltpulte und Zwischenwände. Net rutschte einen halben Meter über den glatten Boden. Der treppenhausartige Turm, auf dem sie sich befand, schwankte bedenklich. Eine weitere Explosion dröhnte in der Halle. Net konnte aus den Augenwinkeln den flüchtigen Fächer aus Laserschüssen erkennen, der sich von Kyles Standort durch die rauchverhangene Luft bis hin zu den intakten Anlagen auf der rechten Hallenseite zog. Inzwischen mußte Hartmann das Gleiterwrack erreicht haben, dachte Net, und etwas in ihrer Brust zog sich zusammen. Das Treppengeländer über ihr war plötzlich weißglühend, getroffen von einem Laserschuß. Die Glut breitete sich rasch aus, schälte die Plastikbeschichtung vom Metall, und während sie
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