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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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befreien und zu inventarisieren. Die Armee hatte eine lange Tradition in der Erfindung solcher nützlichen Tätigkeiten. Er hatte selbst reichlich Zeit mit solchen Disziplinaraufgaben verbringen müssen. Angestrengt spähte er in die Dunkelheit. Die Etiketten waren nicht zu erkennen, aber die Umrisse im Regal deuteten auf Ausrüstungsgegenstände hin. Er entdeckte die länglichen, kolbenförmigen Verpackungen von Munition und die flachen Kästen, in denen Magazine für automatische Waffen aufgehoben wurden, Batterieblöcke für Lasergewehre, zylinderförmige Behälter für Handgranaten und Gewehrgranaten und kistenweise Sprengstoff. »Um Himmels willen«, entfuhr es ihm. Zu Tode erschrocken sah er zur anderen Seite. Noch mehr Munition, Rauchgranaten, Tanks für Flammenwerfer, Explosivgeschosse für Maschinenkanonen, Sprengkapseln. Hinter dem Regal war eine ganze Reihe Leuchtkörper intakt geblieben, und er konnte ein weiteres Regal erkennen. Er kam sich vor wie jemand, der mitten in einer riesigen Bombe von den Ausmaßen eines Wohnblocks saß, während der Rest der Welt um dieses Haus herum Krieg führte. Mühsam wandte er den Kopf und erkannte einen dunklen Umriß, der nur entfernt menschenähnlich wirkte. Noch ein Krieger, dachte er, aber dann erkannte er, daß in der rauchgeschwärzten Haut tatsächlich ein Mensch steckte, gekleidet in die verbrannten Reste menschlicher Kleidung. Net, durchfuhr ihn ein Gedanke, und die Heftigkeit seiner Gefühle verwirrte ihn. Er überwand die Schmerzen und drehte sich herum, soweit seine Fesseln es zuließen. Hinter der reglosen Gestalt zeichnete sich eine kantige, stelzenbeinige Silhouette ab, ein weiterer Krieger, dessen Arme und Beine sich um Gelenke und Extremitäten des anderen Gefangenen schlangen. Hartmann begriff plötzlich, daß auch hinter ihm noch ein Moroni stand, und daß die schwarzen Zangen um seine Handgelenke und Beine Moroni-Hände waren, die sich unbarmherzig geschlossen hatten. Angestrengt starrte er auf seinen Leidensgenossen. »Net?« fragte er zaghaft. Ein einzelnes Auge öffnete sich in dem brandgeschwärzten Gesicht, reflektierte blaßblau das schwache Licht, und Hartmann begriff seinen Irrtum. Der Megamann sah schrecklich aus. Er konnte den Geruch verbrannter Haare wahrnehmen, und die Haut an der Schulter, die im Licht einer der Deckenlampen lag, war mit Brandblasen bedeckt. Die Beine, im Halbdunkel kaum auszumachen, wirkten … seltsam. »Kyle«, sagte er, und es gelang ihm nicht ganz, die Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung in seiner Stimme zu unterdrücken. Der Jared verzog sein Gesicht zu einem Lächeln. Er hatte zwei Zähne verloren, und die Hartmann zugewandte Gesichtshälfte war blutverschmiert. »Dasss meissste davon isst Ruß«, sagte Kyle. Seine Stimme schwankte. »Und Ihr Auge?« »Zssugesswollen«, kam die knappe Antwort. »Was ist passiert?« fragte Hartmann und wappnete sich gegen eine schlechte Nachricht. »Dass frage ich Ssie«, sagte Kyle. Hartmann verzog das Gesicht. »Das ist eine lange Geschichte«, sagte er. »Ich habe gerade nichts anderes vor«, erwiderte Kyle ohne Humor. Hartmann ignorierte den Tonfall. »Was ist mit Net?« »Keine Ahnung.« Der Gesichtsausdruck des Megamanns war nicht zu erkennen. »Sie war nicht weit von mir weg, als die Moroni die ganze Anlage in Fetzen geschossen haben. Ich wurde in die Halle hineingeschleudert und habe dabei das Bewußtsein verloren. Ich weiß nicht, ob Net vor der Explosion noch weggekommen ist. Falls nicht …« »Ich verstehe«, erwiderte Hartmann tonlos. »Wenn sie noch am Leben wäre, dann wäre sie hier.« Kyle verzichtete auf einen Kommentar. »Und wo sind wir?« fragte er. »Ein Depot. Um uns herum liegt tonnenweise Munition, alles, was das Soldatenherz begehrt. Mit dem Zeug hätten wir in den Zweiten Weltkrieg einsteigen können.« Er deutete mit dem Kopf auf den Krieger, der vor ihnen stand. »Hinter unserem Freund hier liegt eine Durchgangstür. Vielleicht können Sie die Beschriftung auf der Tür besser lesen als ich.« »Halle 15«, las Kyle. »Mil-Arm römisch drei … Das ist alles unverständliches Zeug, Hartmann.« »Was haben Sie erwartet?« Hartmann bewegte sich, soweit der eiserne Zangengriff seines Moroni-Wächters es zuließ. »Mindestens fünfzehn Lagerhallen. Nun, ich denke, daß wir irgendwo auf der Rückseite des Mondes sein müssen. Tranquilitatis war eine wissenschaftliche Basis, und wenn dort militärisches Material eingelagert
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