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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich noch hastig in Deckung rollte, rauchte bereits das ganze Gitterwerk. Ein weiterer Laserschuß traf einen Feuermelder hinter ihr. Glassplitter verteilten sich in einer schimmernden Wolke, und irgendwo über dem prasselnden Geräusch der Brände ertönte ein auf- und abschwellender Alarm. Flüchtig fragte sie sich, warum die Feuerschutzanlagen bisher nicht reagiert hatten. Sie duckte sich hinter einen Entlüftungsschacht. Ihr Herz raste. Einen Moment war es totenstill. Sie sah Ameisen, die zwanzig Meter unter ihr auf den Gerüstkomplex zugesprungen kamen. Bisher hatten die Moroni auf den Überfall im Grunde nicht reagiert. Eigentlich hätte es in der Halle von schwerbewaffneten Kriegern nur so wimmeln müssen. Net fragte sich, warum sie noch am Leben war. Unwillkürlich spähte sie zu dem Gleiterwrack hinüber, das vor dem mächtigen Ring des Transmitters lag. Seltsamerweise hatten weder Kyle noch sie einen Schuß auf die unfertige Anlage selbst abgegeben, die gut fünfzig Meter außerhalb der Halle lag. In der niedrigen Schwerkraft hatte nicht einmal das Feuer besonders viel Kraft. Sie hob das Gewehr und richtete es auf das Wrack. Durch die vergrößernde Zieloptik mit Restlichtverstärker konnte sie ein paar Schritt weit in die noch immer offenstehende Schleusenkammer hineinsehen. Eine Ameise lag dort reglos am Boden. Ein paar Moroni bewegten sich in der Nähe, aber die sonst so zielstrebigen Bewegungen der Insekten wirkten auf bizarre Weise konfus. Sie ließ das Gewehr wieder sinken. Abgesehen von den quäkenden Alarmsirenen und den schwachen Bränden war kein Geräusch zu hören. »Was dauert denn da so lange«, sagte sie wütend. Die Angst lähmte ihren Körper, und sie beschloß, einfach sitzen zu bleiben und abzuwarten, bis das Fusionsfeuer die Halle und sie verschlang. Ein großer dunkler Schatten bewegte sich hinter dem Gleiterwrack. Sie erkannte die Silhouette einer Gestalt mit unmöglich großen Flügeln und wußte, was sich ihr näherte. Eine Schußsalve zerfetzte das dünne Blech des Luftschachts, riß die rechteckigen Platten auseinander und überschüttete sie mit einem Schwall heißer Luft. Ihre Lähmung war schlagartig verschwunden. Irgendein Explosivgeschoß zerriß die Bodenplatten unter ihr, und die Wucht des Aufpralls schleuderte sie rückwärts von den Füßen. Um sie herum schien nur noch Feuer zu sein. Sie schrie auf, schwebte sekundenlang in der Luft, und prallte dann nach einem Sturz über fünf Meter hart auf die breite Rolltreppe. Mühsam rappelte sie sich auf. In irdischer Schwerkraft hätte ihr dieser Sturz alle Knochen gebrochen, aber so hatte sie sich nur ein paar schmerzhafte Prellungen zugezogen. Ihr Gesicht und ihre Brust waren mit Brandblasen bedeckt. Es gelang ihr, sich aufzurichten. Sie hob das Gewehr und zielte auf das verwüstete Treppengestell. Eine weitere Salve von Explosivgeschossen traf das Gerüst, und der Turm wankte. Anscheinend feuerten die Moroni-Wächter nun doch in rasender Wut auf den Raffineriekomplex. Metallsplitter prasselten auf Net herunter, und sie duckte sich auf die Rolltreppe. Über ihr zerplatzte einer der Tanks, und eiskalter, dampfender Stickstoff kam in einem Schwall herab, verdampfte in den Bränden. Plötzlich war es, als habe jemand die Welt von Zeitlupen-Wiederholung auf schnellen Vorlauf umgeschaltet. Ein Hagel von Laserschüssen und Projektilen schlug überall in den Turm ein. Weitere Tanks zerplatzten, und mit einemmal zerriß eine Geschoßsalve die dicke Haut eines der mächtigen fünfstöckigen Zylinderbehälter. Gleich darauf überschwemmte Net eine Woge aus klarem, kaltem Wasser und spülte sie die Rolltreppe hinunter, weg von dem auseinanderbrechenden Turm und hinein in die heftigen Regenfälle der Sprinkleranlage, die einen Hallenkomplex löschten, der überhaupt nicht in Flammen stand. Endlose Sekunden vergingen, bis sie irgendwo Halt fand, und als sie wieder Luft holen konnte, begriff sie, daß sie vorerst am Leben bleiben würde. Hinter ihr erzeugten Brände und Explosionen ein seltsam orangefarbenes Dämmerlicht. Die Raffinerie war ein Inferno, das ihre Verfolger eine Weile aufhalten würde. »Kyle?« Vorsichtig tippte sie mit dem Finger an das Funkgerät. Es kam keine Antwort, aber sie konnte Störgeräusche hören und Explosionen. Das Gerät war erstaunlicherweise in Ordnung. Sie blickte zu den brennenden Zylindertanks hinauf. Vermutlich befand sich Kyle noch dort, und das Funkgerät war von den Explosionen fortgeschleudert
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