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Das Herz ihrer Tochter

Das Herz ihrer Tochter

Titel: Das Herz ihrer Tochter
Autoren: Jodi Picoult
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Jodi Picoult
     
    Das Herz ihrer Tochter
     
    Roman
     
    Aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
     
     
    Mit Liebe und so viel Bewunderung, dass
sie nicht auf diese Seite passt.
     
    Für meinen Großvater Hal Friend, der
immer den Mut gehabt hat zu hinterfragen, was wir glauben ...
     
    Und für meine Großmutter Bess Friend, die
nie aufgehört hat, an mich zu glauben.
     
    Alice lachte. »Ich brauche es gar nicht
zu versuchen« sagte sie; »etwas Unmögliches kann man nicht glauben.«
    »Du wirst darin eben noch nicht die
rechte Übung haben«, sagte die Königin. »In deinem Alter habe ich täglich eine
halbe Stunde darauf verwendet. Zuzeiten habe ich vor dem Frühstück bereits bis
zu sechs unmögliche Dinge geglaubt.«
     
    Lewis Carroll, Alice
hinter den Spiegeln
     
     
    Prolog:
1996
     
    JUNE
     
    Am Anfang glaubte ich noch, jeder von uns
bekomme eine zweite Chance. Wie sonst hätte ich mir vor Jahren, gleich nach dem
Unfall - als der Rauch sich verzog und der Wagen, der sich mehrmals überschlagen
hatte, in einem Graben auf dem Dach liegen geblieben war -, erklären sollen,
dass ich noch lebte, dass ich Elizabeth, meine Kleine, weinen hören konnte? Der
Polizeibeamte, der mich aus dem Wrack gezogen hatte, fuhr im Rettungswagen
mit mir zum Krankenhaus, um mein gebrochenes Bein versorgen zu lassen, während
Elizabeth - wie durch ein Wunder unverletzt - die ganze Zeit bei ihm auf dem
Schoß saß. Er hielt meine Hand, als ich den Leichnam meines Mannes Jack
identifizieren musste. Er kam zur Beerdigung. Er überbrachte mir die Nachricht,
dass der betrunkene Fahrer, der uns von der Straße gedrängt hatte, festgenommen
worden war.
    Der Name des Polizisten war Kurt Nealon.
Noch lange Zeit nach dem Prozess, der mit einem Schuldspruch endete, kam er
gelegentlich vorbei, um bei Elizabeth und mir nach dem Rechten zu sehen. Er
schenkte ihr Spielsachen zum Geburtstag und zu Weihnachten. Er reparierte den
Abfluss oben im Bad. Er kam nach Feierabend, um die Prärie zu mähen, die mal
unser Rasen gewesen war.
    Ich hatte Jack geheiratet, weil er die
große Liebe meines Lebens war, ich hatte für immer mit ihm zusammenbleiben
wollen. Aber das war, bevor die Definition von für immer von
einem Mann mit 2,2 Promille im Blut verändert wurde. Zu meiner Verwunderung
schien Kurt zu verstehen, dass man vielleicht nie wieder so stark lieben kann
wie beim ersten Mal. Und noch größer war meine Verwunderung, als sich
herausstellte, dass es vielleicht doch möglich ist.
    Fünf Jahre später, als Kurt und ich
erfuhren, dass wir ein Baby bekommen würden, bedauerte ich das fast - so wie
wenn man an einem wunderbaren Sommertag zu einem makellos blauen Himmel
hinaufschaut und sich eingesteht, dass von nun an kein Augenblick mehr daran
heranreichen wird. Elizabeth war zwei, als Jack starb, als Vater hatte sie
immer nur Kurt wahrgenommen. Sie hatten eine so innige Nähe zueinander, dass
ich manchmal schon fast meinte, ich sollte mich besser zurückziehen, weil ich
störte. Wenn Elizabeth die Prinzessin war, dann war Kurt ihr strahlender
Ritter.
    Die bevorstehende Ankunft der kleinen
Schwester (ist es nicht seltsam, dass keiner von uns auch nur eine Sekunde
daran zweifelte, dass das neue Baby auch ein Mädchen war?) versetzte Kurt und
Elizabeth in fieberhafte Aktivität. Elizabeth malte genau auf, wie das Zimmer
des Babys aussehen sollte. Kurt beauftragte einen Handwerker mit dem
erforderlichen Anbau. Doch dann hatte die Mutter des Mannes einen Schlaganfall,
und er ließ alles stehen und liegen, um zu ihr nach Florida zu ziehen. Ein
Ersatz, der den Auftrag bis zur Geburt des Kindes erledigte, war kurzfristig
nicht aufzutreiben. Somit lebten wir praktisch auf einer Baustelle, mit einem
Loch in der Wand und einem undichten Dach und Feuchtigkeit im Gebälk. Ich war
im siebten Monat.
    Als ich zu dieser Zeit an einem Morgen
nach unten kam, sah ich, wie Elizabeth in einem Berg Laub spielte, das an der
Plastikplane vorbei ins Wohnzimmer geweht war. Ich hatte mich noch nicht
entschieden, ob ich losheulen oder den Teppich harken sollte, als es an der
Haustür klingelte.
    Er hatte eine Segeltuchrolle unter dem
Arm, die sein Werkzeug enthielt und die er mit einer Selbstverständlichkeit
bei sich trug wie andere ihre Brieftasche. Das Haar fiel ihm bis auf die
Schultern und war verfilzt. Seine Kleidung war verdreckt, und er roch nach
Schnee - obwohl es gar nicht die Jahreszeit war. Shay Bourne tauchte unerwartet
auf, wie ein
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