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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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schön. Es ist richtig.«
    »Oh, ja«, seufzte sie, »es ist richtig. Ich spüre es. Spürst du es nicht auch, Liebling?«
    Er nickte stumm.
    »Laß uns ins Schlafzimmer gehen«, flüsterte sie. »Nimm den Wein mit. Zieh dich aus und geh schon ins Bett. Ich muß kurz ins Badezimmer, aber es wird nicht lange dauern.«
    »Ist die Wohnungstür abgesperrt?« fragte er mit erstickter Stimme.
    »Darling«, sagte sie und küßte seine Lippen. »Mein Liebling. Mein Liebhaber.«
    Sie nahm ihre Handtasche mit ins Badezimmer. Sie schloß die Tür und verriegelte sie. Langsam zog sie sich aus. Als sie nackt war, musterte sie ihren Körper. Sie hatte noch nicht zu bluten begonnen.
    Sie setzte sich auf den Toilettendeckel und wartete ein paar Minuten. Schließlich stand sie wieder auf, öffnete das Messer, hielt es in der rechten Hand. Sie drapierte ein Handtuch über ihren Unterarm. Sie vermied es, ihrem Blick im Spiegel zu begegnen.
    Sie entriegelte die Tür und spähte hinaus. Die Nachttischlampe war an. Ernest Mittle lag auf dem Rücken, die Hände im Nacken verschränkt, die Bettdecke bis zur Hüfte hochgezogen. Sein Oberkörper war weiß und unbehaart.
    Er drehte den Kopf und blickte sie an.
    »Darling«, rief sie mit einem hellen Lachen, »schau weg. Das macht mich verlegen.«
    Er lächelte und rollte sich auf die Seite, fort von ihr. Sie schritt rasch über den teppichbelegten Boden, plötzlich stark, plötzlich entschlossen. Sie beugte sich über ihn. Das Handtuch rutschte zu Boden.
    »Oh, mein Liebhaber«, hauchte sie.
    Die Klinge drang in sein Fleisch wie in Butter. Sein Körper zuckte wild, aber mit der linken Hand und dem Knie hielt sie ihn unten. Das Messer blieb an etwas in seinem Nacken hängen, aber sie riß und stieß weiter, bis das Etwas durchtrennt war.
    Blut sprühte in einer Fontäne hervor. Sie hielt Ernie unten, bis seine rasenden Zuckungen langsamer wurden und schließlich ganz aufhörten. Dann lag er nur noch da und blutete, und sie ließ seinen halb abgetrennten Kopf über die Bettkante baumeln, damit das Blut auf den Teppich fließen konnte.
    Dann rollte sie ihn wieder zurück. Sie zog die durchweichte Bettdecke zur Seite. Sie hob das Messer, um ihr Ritual zu vollenden. Aber ihre Hand stockte, verharrte in der Luft und sank dann langsam wieder herab. Sie konnte es nicht. Dennoch murmelte sie »Da, da«, als sie ins Badezimmer zurücktaumelte.
    Sie warf das blutige Messer zu Boden. Neugierig betrachtete sie sich. Nur ihre Hände, der rechte Arm und das linke Knie waren befleckt, schimmerten rot.
    Sie nahm eine heiße Dusche und seifte sich kräftig mit ihrer importierten Seife ein. Sie duschte sich ab, seifte sich noch einmal ein und duschte sich wieder ab. Sie stieg aus der Badewanne, ohne sich die Mühe zu machen, den rosa Schatten vom Porzellan zu spülen.
    Sie trocknete sich sorgfältig ab, parfümierte sich mit ihrem nach Blumen duftenden Cologne und sprühte sich ein Deodorant unter die Achseln. Rasch kämmte sie ihr Haar. Sie puderte Hals, Schultern, Achselhöhlen und die Innenseite ihrer eingefallenen Schenkel.
    Sie brauchte ein paar Sekunden, um ihr mexikanisches Hochzeitsgewand zu finden, das sie vor langer Zeit gekauft und nie getragen hatte. Sie streifte es sich über den Kopf. Der Saum berührte ihre verfärbten Knöchel. Das Kleid war so weit wie ein Zelt. Aber es war genauso cremig weiß, so rein und jungfräulich wie die Schürzen, die sie getragen hatte, als sie noch Daddys kleines Mädchen gewesen war und alle Freunde ihrer Eltern gesagt hatten, sie sei »eine richtige kleine Lady«.
    Ernest Mittles Verlobungsring rutschte auf ihrem dürren Finger hin und her. Vorsichtig schnitt sie einen dünnen Streifen Leukoplast ab und umwickelte damit die Rückseite des Rings, bis er dick genug war, um fest zu sitzen. Er würde sich nie wieder lockern.
    Sie ging in die Küche und öffnete die Schranktür. Unter ihren Arzneimitteln fand sie eine volle Dose Schlaftabletten und eine weitere, in der nur noch ein paar waren. Sie nahm beide Dosen und eine Flasche Wodka mit ins Schlafzimmer. Vorsichtig stellte sie alles auf den Boden neben dem Bett.
    Sie überprüfte noch einmal die Wohnungstür, um sicherzugehen, daß sie verschlossen und verriegelt war. Dann löschte sie alle Lichter in der Wohnung. Vorsichtig bewegte sie sich zurück ins Schlafzimmer.
    Sie setzte sich auf die Bettkante. Sie nahm vier der Tabletten und spülte sie mit Wodka hinunter. Sie wollte nicht zuviel trinken, denn sie wußte
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