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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder
Autoren: Horst Biernath
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Butter so schwarz geworden war wie das verbrannte Paniermehl.
    »Jetzt gibt’s zwoa Möglichkeiten«, sinnierte sie, »entweder sie packt ihre Koffer — oder ich mach für die Kinder rasch noch einen Milchreis.« — Derweil hörte sie aber auch schon die Stimmen von Hellwang und den Kindern, er schien Lydia von der Schule abgeholt oder unterwegs aufgefangen zu haben. Sie öffnete die Küchentür und sah, daß die Kinder die Kostümjacke ihrer Tante Trix an der Garderobe entdeckten und in der Meinung, sie bei Kathi zu finden, in die Küche stürmten.
    »Wo ist meine Schwägerin, Kathi?« fragt Hellwang und hängte seinen Hut mit dem kleinen Eichelhäherstoß an die Garderobe.
    »Ich weiß es nicht, Herr Doktor, vor einer Minute war sie noch bei mir in der Küche. Wahrscheinlich wird sie oben in ihrem Zimmer sein.« Sie lauschte nach oben, denn sie hörte, daß dort eine Tür geöffnet wurde.
    »Hallo, Konrad«, rief Trix herunter, »ich bin in deinem Arbeitszimmer — ich suchte mir gerade ein Buch heraus.«
    Hellwang stieg die Treppe empor. Die Kinder wollten ihm nachlaufen. Kathi griff zu, als finge sie zwei Fliegen gleichzeitig in der Luft und wischte Lydia am Rock und Söhnchen am Hosenbund: »Da bleibt’s!« zischte sie ihnen zu und zog die Kinder in die Küche.
    »Ich will aber zu Tante Trix!« schrie Söhnchen und versuchte sich loszustrampeln.
    »Sei stad!« fuhr Kathi ihn an, »oder es hat sich für ewige Zeiten ausgetrixt!« Er verstand sie nicht, aber es war etwas in Kathis Stimme, was den kleinen Mann veranlaßte, den Hals einzuziehen und jeden weiteren Widerstand schleunigst aufzugeben. Lydia sah Kathi aufmerksam an: »Wie meinst du das, Kathi?« fragte sie.
    »Ich mein gar nichts«, antwortete Kathi schroff und klaubte das Portemonnaie aus der Schürzentasche: »Da hast a Markl, damit läufst zu Stangl ‘nüber und holst einen Liter Muich. Davon koch ich euch einen Reispudding.«
    »Mit brauner Butter und Zucker und Zimt, gel, Kathi?«
    »Dann bringst einen Zimt aa no mit.«
    Lydia griff nach der Milchkanne: »Dann bleiben dreißig Pfennig zurück, Kathi!«
    »I hör di scho gehn! Nix da!«
    »Ein Zehnerl könntest aber schon spendieren, Kathi...«
    »Wennst den Buben mitnimmst, könnt ihr euch jeds einen Stundenlutscher kaufen. Aber schwingts euch!«
    Die beiden Kinder rannten davon. Kathi wartete, bis die Haustür ins Schloß geflogen war und schlich in die Diele. Sie lauschte nach oben, aber oben rührte sich nichts.
    Hellwang legte zwei Tüten mit Zigarren auf seinen Schreibtisch und öffnete den Zedernholzkasten, um die Zigarren darin zu verwahren. Sein Haar war frisch geschnitten, und er verbreitete einen intensiven Duft nach Friseursalon. Trix schnupperte, als er an ihr vorüberging. »Oh«, murmelte sie, »alle Wohlgerüche des Orients!«
    »Ich weiß nicht, was einem diese Kerle immer auf den Schädel schmieren«, brummte er, »ich habe Kölnisch Wasser verlangt. Ist es sehr schlimm?«
    »Es geht vorüber«, tröstete sie ihn. Hellwang angelte den Weidenkorb unter dem Schreibtisch mit dem Fuß hervor, zerknüllte die Tüten und warf sie hinein.
    »Nun?« fragte er, »was macht Britta?«
    »Sie ist fast fieberfrei, und der Belag ist verschwunden.«
    Hellwang nickte, er fuhr sich mit zwei Fingern unter den Kragen, wo ihn einige Haare zu kitzeln schienen: »Und wie hat sie die Nachricht von deiner bevorstehenden Abreise aufgenommen?«
    Trix verstrickte die Finger, sie rieb die Ballen gegeneinander, es gab ein trockenes, raschelndes Geräusch: »Ich habe mich nicht getraut, es ihr zu sagen«, gestand sie schließlich mit kleiner Stimme.
    »Also das nehme ich dir nicht ab, meine Liebe!« rief er heftig, »das wirst du schon selber besorgen müssen. Und da es dir doch nicht erspart bleibt, ist es besser, du bereitest Britta rechtzeitig vor.«
    Trix senkte den Kopf. Sie stand auf der Teppichkante wie auf dem Geländer einer Brücke, und es war ihr, als strudelten tief unter ihr die wirbelnden Wasser eines Wildbaches rauschend und brausend um zitternde Pfeiler.
    »Ich bin so unentschlossen...« murmelte sie fast unhörbar.
    »Na höre einmal«, sagte er und trat einen kleinen Schritt auf sie zu, »so schlimm ist das ja nun auch wieder nicht. Britta ist doch schon ein ganz vernünftiges Mädel!«
    »Ich dachte nicht an Britta.«
    »Woran denn sonst?« fragte er überrascht.
    »Traunstein...« murmelte sie.
    »Mein Gott, Trix, du bist noch keine dreißig Jahre alt! Was hast du dir denn erwartet?
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