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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder
Autoren: Horst Biernath
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Nichts, außer meinem eigenen Wunsch, immer bei ihm bleiben zu dürfen. Nichts, außer einem gelegentlichen, sehr ungewissen Gefühl — bei dem ganz gewiß mein Wunsch der Vater des Gedankens war —, daß ich ihm nicht gleichgültig sei.
    Sie fanden in der Nähe des Spitals einen Parkplatz, und sie fand auch ein Papiergeschäft, in dem sie die Besorgungen für Britta erledigen konnte. Sie gab den Zeichenblock und die Pastellstifte bei der Stationsschwester ab und erkundigte sich nach Brittas Befinden. Es war unverändert, die Temperatur hielt sich in mäßigen Grenzen, der Belag bildete sich deutlich zurück, und der Appetit begann sich — ein gutes Zeichen! — wieder einzustellen. Die Zimmerschwester schob Brittas Bett nahe ans Fenster heran. Britta richtete sich auf, ihr Kopf schien für den zarten Hals zu schwer geworden zu sein. Sie war erschreckend abgemagert und sehr blaß. Ihre kleinen Hände lagen auf der Decke, als ob sie durchsichtig seien. Sie lächelte Trix entgegen, und in ihrem Lächeln lag ein Ausdruck dankbarer Erlösung, als hätte sie diese Minute mit allen Fasern ihres Herzens herbeigesehnt, und als wäre es für sie jedes Mal eine neue Überraschung, Trix hinter dem Besuchsfenster auftauchen zu sehen. Sie blühte in dieser Viertelstunde richtig auf, ihre Wangen färbten sich rosig, und ihre Augen bekamen den alten, fröhlichen Glanz. Nein, Trix fand nicht den Mut, auch nur eine Andeutung von der bevorstehenden Trennung zu machen.
    Als sie gegen Mittag wieder heimkam, erfuhr sie von Kathi, daß Hellwang >in den Ort< gegangen sei, um sich Zigarren zu kaufen. >Der Ort< war das alte Greiffing, wo es die besseren Geschäfte gab, darunter auch einen Spezialladen für Tabakwaren. Die alten Herren waren anspruchsvolle Kunden. Söhnchen habe er mitgenommen, weil der Kleine Langeweile gehabt und ihn gequält hätte. Trix legte die Kostümjacke ab und hängte sie an die Garderobe.
    »Kann ich Ihnen helfen, Kathi?«
    »Dank schön, is net nötig, der Kartoffelsalat ist angerichtet, und die Schnitzl sind im Nu abgebräunt.« Kathi zerschlug ein Ei in einem Teller und schüttete in einen anderen das Paniermehl.
    »Übrigens, wie ham mir’s denn da? Der Herr Doktor hat mir, kaum, daß Sie weggefahren waren, erzählt, daß Sie uns verlassen wollen.« Sie deutete mit dem Kopf gewissermaßen verächtlich eine unbestimmte Richtung an, die wahrscheinlich ostwärts weisen sollte: »Auf Traunstoa zua — stimmt dees ebba?«
    Sie zog, als sie das Wort Traunstein aussprach, die Mundwinkel herab, als handle es sich um das schlimmste Bauernkaff, das im ganzen Bayerland zu finden sei.
    »Ja, Kathi — ich habe heute morgen die Nachricht bekommen, daß ich in den nächsten Tagen in einem neuerbauten Kreiskrankenhaus — übrigens nicht direkt in Traunstein, sondern in einer kleineren Stadt in der Nähe von Traunstein — die Röntgenstation übernehmen soll.«
    Kathi zerklopfte das Ei mit einem langen dünngeschliffenen Küchenmesser. Die Klinge zog sämige Fäden aus der schwappenden gelben Gallerte. Kathi schaute dabei zu Trix hinüber, als betrachte sie sie über den Rand einer dicken Hornbrille hinweg. »Gell, da freun’S Eahna recht?« fragte sie mit einem unverkennbar giftigen Unterton.
    »Mein Gott«, antwortete Trix mit einem Achselzucken, »ich hätte gegen längere Ferien nichts einzuwenden gehabt. Aber die Freude wird schon mit der Arbeit kommen.«
    Kathi stellte die Bratpfanne auf die Kochplatte des elektrischen Herdes und legte ein Stück Butter hinein. Es lief bald brutzelnd auf der gewaffelten Metallfläche umher, bis es zerschmolz.
    »Und was deans, wenn ma fragen derf«, — wieder die verächtliche Bewegung in östlicher Richtung, aber dieses Mal mit dem Kinn, »drent in Traunstoa?«
    Trix suchte nach einfachen, verständlichen Worten: »Nun, ich bin Fachärztin für die Behandlung mit Röntgenstrahlen...«
    Kathi winkte ab. Sie nahm die Pfanne vom Herd und schwenkte sie ein wenig, da das Fett zu heiß zu werden drohte: »Ich weiß schon, das ist das mit den Strahlen, de wo durch und durch gengan.«
    »Ganz recht, Kathi, es sind Strahlen, mit deren Hilfe man zum Beispiel feststellen kann, ob und wo sich etwa ein Fremdkörper im Inneren befindet. Man verwendet diese Strahlen aber auch zu Heilzwecken...«
    »Bei Krepps«, sagte Kathi und zog ein Schnitzel durchs Ei und bestäubte es mit Paniermehl, »nur nutzen tut’s nix.«
    »Oho!« rief Trix, »da bin ich aber anderer Ansicht. Es gibt Fälle, in
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