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Die drei Hellwang-Kinder

Die drei Hellwang-Kinder

Titel: Die drei Hellwang-Kinder
Autoren: Horst Biernath
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daß sie den Mund verzog, und in seinem Herzen stieg eine Hoffnung auf...
    »Nun, was ist?«
    »Was wird es schon sein?« murmelte sie, »eine höfliche Absage. Die Stelle ist schon vor einem Monat besetzt worden.«
    »Oh, das tut mir aber leid...« Er schaute heimlich über ihre Schultern, als sie den zweiten Umschlag aufschlitzte.
    »Na, und was schreibt der Landrat Traunstein?« fragte er. Sie zögerte mit der Antwort, und wieder flammte in ihm die Hoffnung auf, sie könne eine zweite Absage bekommen haben.
    »Ich soll mich in den nächsten Tagen vorstellen und die Stellung so bald wie möglich antreten. Es handelt sich um ein neuerbautes Kreiskrankenhaus, dessen Röntgenabteilung noch nicht völlig installiert ist und nach meinen Wünschen eingerichtet werden könnte.« Sie faltete den Bogen zusammen und steckte ihn in den Umschlag zurück. Hellwang streckte die Hand vor, er bekam Trixens Finger zu fassen und drückte sie herzhaft.
    »Also, dann kann man ja gratulieren«, rief er munter, »das ist ja ein fabelhaftes Angebot. Und der Chiemgau...wenn ich mich nicht in Greiffing angesiedelt hätte, hätte ich mir dort ein Haus gebaut. Einer meiner Freunde lebt in Rimsting, und ein anderer auf einem uralten Bauernhof in der Nähe von Truchtlaching, direkt an der Alz. Ich habe dort Forellen und Äschen gefangen, und einmal einen dreißigpfündigen Waller. Die Kinder werden natürlich ein Jammergeheul anstimmen, daß du uns nun so bald verlassen willst — und ich finde, man hätte dir ja eine etwas längere Atempause gönnen können...« Er schwatzte drauf los und schwatzte alles herunter, was in ihm an Enttäuschung aufsteigen wollte. »Aber was ist denn das?« fragte er plötzlich betroffen, »du freust dich ja gar nicht, du machst ja ein Gesicht, als ob du eine Trauerbotschaft bekommen hättest... Na höre einmal!«
    Trix befeuchtete sich die Lippen: »Doch — ich freue mich«, antwortete sie, »sehr...«
    Das letzte Wort klappte merkwürdig spät nach. Sie versuchte den Eindruck, den er bekommen konnte, zu verwischen: »Ach, weißt du, die Überraschung ist zu groß — ich habe es wohl noch nicht recht begriffen.«
    »Du hast diesen Brief doch erwartet!«
    »Nun ja«, stammelte sie, »aber Traunstein...Vielleicht hatte ich doch mehr erhofft. Immerhin, Salzburg ist nah, und München nicht weit, und die Berge vor der Haustür...«
    »Du wirst dich dort sehr wohl fühlen, und ich wünsche dir nochmals alles Gute! Du hast einen Erfolg errungen.«
    »Danke, Konrad«, sie versuchte, so auszusehen, als ob sie sich über den Erfolg freue, aber der Versuch gelang nicht ganz.
    »Und wann wirst du uns nun verlassen, Trix?«
    Sie hob die Schultern, ihre Finger spielten mit dem Brief, das Pergamentfenster knisterte: »Ich denke, daß ich es mir erlauben darf, noch ein paar Tage hierzubleiben.« Sie sah ihn an, als erwarte sie seine Zustimmung, aber er starrte an ihr vorbei.
    »Wie du meinst«, murmelte er und es klang durchaus nicht so, als ob er sie dazu ermutigen wolle, den Aufenthalt in Greiffing allzu lange auszudehnen. Und tatsächlich beherrschte ihn nur ein Gedanke: Wenn du gehst, dann geh bald, geh so bald als möglich! Denn jeder Tag, den du noch hier bleibst, macht mir den Abschied um so schwerer.
    »Also, übermorgen...«, sagte sie.
    »Wie du meinst«, wiederholte er achselzuckend, »diese Entscheidung mußt du schon selber treffen.«
    Eine kleine Pause entstand. Oben summte der Staubsauger. Kathi begleitete das Gesumme mit Gesang, ihre Stimme ähnelte dem Bariton der Zarah Leander, zumindest in der Tiefe. Hellwang hielt das Gespräch für beendet und wollte auf sein Zimmer gehen. Trix hielt ihn noch einmal zurück: »Britta bat mich gestern um einen neuen Zeichenblock und um neue Buntstifte. Besuchst du sie heute vormittag, oder soll ich in die Stadt fahren und ihr die gewünschten Sachen besorgen?«
    »Fahr du, bitte, ich habe einen Haufen Briefe zu erledigen. Und außerdem werde ich ja noch oft genug Gelegenheit haben, Britta zu besuchen, während du ja... «, er schloß den Satz mit einer Handbewegung, die andeuten sollte, daß man sich ins Unabänderliche fügen müsse. »Aber nimm den Wagen, du ersparst dir damit doch eine Menge Zeit, und du wirst deine Abreise ja vorbereiten müssen.«
    »Danke, ich werde den Wagen nehmen.« Trix nestelte nervös an ihrem Uhrarmband, sie zog die Uhr auf, obwohl sie bereits bis zur letzten Spannung der Feder aufgezogen war: »Ich fürchte mich ein wenig, es Britta zu
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