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Die Drachenperle (German Edition)

Die Drachenperle (German Edition)

Titel: Die Drachenperle (German Edition)
Autoren: Marlies Lüer
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besser. Tarpan ist aber ein Risiko. Er hat dich damals gesehen, als du in die Halle zur Verurteilung gebracht wurdest. Aber er ist auch nicht der Hellste. Möglicherweise stellt er keine Verbindung her zwischen einem verlausten Sklavenjungen und einem Heiler in Ordenskleidung. Obwohl beider Augen so grün und leuchtend sind wie kaum etwas anderes.“
        „Das ist nicht das einzige Problem , “ warf Aidan ein. „Eurem Clanführer geht es schlecht, sein Leben ist nach wie vor in Gefahr. Was passiert mit uns, wenn er stirbt?“
    Der Waffenmeister setzte eine grimmige Miene auf. „Das mögen die Götter verhüten. Dann kann ich wahrscheinlich nichts für euch tun.“
        „Was ist mit Ladici? Warum ist sie nicht bei ihrem Mann?“ wollte Taiki wissen.
    Tock schwieg eine Weile, nahm einen Schluck Stutenmilch und setzte den Becher sorgfältig auf den hölzernen, kurzbeinigen Tisch, der nicht viel mehr als ein Tablett war. „Es fiel erst nicht auf. Sie war ja schon immer herrisch und jähzornig. Dann wandelte sich ihr Verhalten. Sie fing an, Schlangen zu sehen, hatte Alpträume, schrie in der Nacht. Sie wurde immer unberechenbarer. Und vor elf Tagen verlor sie wohl den Verstand. Sie war es, die das Attentat auf Hantok verübt hat. Nur seiner Gewandtheit als altgedienter Krieger ist es zu verdanken, dass er nicht mehr als eine Beinwunde erlitt. Allerdings fing sie ungewöhnlich schnell und heftig an zu eitern und verursachte dieses schwere Wundfieber. Ich habe den Verdacht, dass ihre Waffe vergiftet war.“
        „Wo ist Ladici jetzt?“
    Der Waffenmeister lächelte mit einem grausamen Zug um den Mund. „Sie ist dort, wo du nicht geendet bist.“
        „Ihr meint, sie wurde lebendig in den Abgrund geworfen?“
        „Eben dort.“
    Aidan nahm schaudernd einen Schluck von der vergorenen Stutenmilch, die überraschend erfrischend war und auf der Zunge prickelte. Er litt unter der Vorstellung, dass sein Sohn nur um Haaresbreite diesem grausamen Schicksal entkommen war. Im Stillen dankte er den Göttern von Goro für Taikis Rettung durch diesen Mann, dem er gegenüber saß. Er dankte sogar dafür, dass Tock und Aurelia offenbar in Liebe verbunden gewesen waren, sonst hätte es kein Motiv für den Waffenmeister der Beutekrieger gegeben, Taiki in Sicherheit zu bringen, anstatt ihn umzubringen!
        „Iss, Junge. Wir müssen sehr bald zurück zum Clanführer, er braucht unsere Pflege.“
     
        Die Tage vergingen schnell. Unter der intensiven und fachkundigen Pflege besserte sich Hantoks Zustand. Er war noch schwach, aber sein Bewusstsein war klar, die Blutvergiftung überstanden. Jeden Tag gab Taiki ihm das Goldene Licht der Heilung. Aidan hatte mit der Wunde kaum noch zu tun, die Maden hatten ihren Dienst versehen. Die Wundränder waren sauber, auch die tieferen Bereiche der Wunde nässten nicht mehr. Den Rest würde die Zeit besorgen. Als nächstes musste die Kraft wieder aufgebaut werden, aber dafür waren keine Heiler mehr erforderlich.
    Aidan rang innerlich mit sich und seinem Verständnis der Heiler-Ethik. Taiki hatte ihm letzte Nacht, als sie ein paar Stunden allein und ungestört im Nachbarraum verbringen konnten, von Mareika erzählt, die offenbar keine Skrupel gekannt hatte. Er hatte nicht gewusst, dass begabte Geistheiler sich in den Verstand anderer einklinken konnten mit dem Ziel, ihrem Opfer unbemerkt den eigenen Willen aufzuzwingen. War die Alte so zu ihrem immensen Reichtum gelangt? Egal. Vergangenheit. Was nun zählte, war die Gegenwart und die Frage, wie sie wieder nach Hause gelangen konnten. War es in einer Situation wie dieser vertretbar, dass Taiki seine Geistheilerfähigkeiten nutzte, um den Clanführer unter ihre Gewalt zu bringen? Bei Beutereitern wusste man nie, woran man war. Es war denkbar, dass man sie bald ziehen ließ, aber ebenso war es vorstellbar, dass sie versklavt würden, weil sie so nützlich waren in ihrer Eigenschaft als Heiler. In der Tat machte Aidan sich jetzt gerade nützlich und hatte alle Hände voll zu tun. Denn Hantok kam nun mit der Pflege von einem Heiler aus, und so hatte er ihm befohlen, sich um die anderen kranken Bewohner Rossheims zu kümmern, einschließlich der Sklaven. Aidan war unkonzentriert. Jeden Moment konnte Hantok Taiki wiedererkennen, wenn es nicht längst geschehen war. Aber warum hatte er dann noch nichts gesagt? Aidan hatte sich schon lange nicht mehr derart hilflos gefühlt. Er seufzte leise und griff zur Zange, um einen
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