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Die Drachenperle (German Edition)

Die Drachenperle (German Edition)

Titel: Die Drachenperle (German Edition)
Autoren: Marlies Lüer
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draußen geleitete. „Setze deine Kapuze auf, Junge. Bis jetzt ist ja alles gut gegangen und niemand ruft nach deinem Blut. Ich kann mir denken, wen du haben willst.“
        „Genau. Ich will Arik, Mali, Nona, Darihd und Mirkat. Im Übrigen weiß Hantok, wer ich bin.“
        „Das hatte ich befürchtet. Aber wie es aussieht, hat er sich gewandelt. Was dein und auch mein Leben gerettet hat. Obwohl… darüber mag noch nicht das letzte Wort gesprochen sein. Nun ist Hantok klar, dass ich ihm den Gehorsam damals verweigert habe. Darauf steht eine schwere Strafe, meist sogar der Tod.“
    Aidan legte Tock die Hand auf den Unterarm und sagte eindringlich: „Dann kommt mit uns!“
        „Ich danke Euch für das Angebot, aber nein. Ich lebe als Beutereiter und ich sterbe als Beutereiter. Das ist so in Ordnung. Außerdem braucht Hantok mich, er ist zu alt und zu schwach, um alleine zu regieren. Macht Euch um mich keine Sorgen. Nun geht und wartet am großen Tor auf die Abreise. Ihr seid jetzt Sklavenhalter, schon vergessen?“
     
        Später, als die Gruppe außer Sicht- und Hörweite Rossheims war, nahm Taiki, der an der Spitze des Zuges ging, seine tiefe Kapuze ab und zeigte seinen alten Freunden strahlend sein Gesicht. Nona erschrak so sehr über seine vermeintliche Wiederkehr aus dem Reich der Toten, dass sie laut aufschrie und kurz in Ohnmacht fiel. Die Freude und noch mehr das Erstaunen aller waren riesengroß. Sie lachten und weinten gleichzeitig. Auch Aidan war tief gerührt. Taiki wurde mit Fragen bestürmt, alle redeten durcheinander. Nur Arik stand still daneben und sprach innerlich ein Dankgebet an die großen Götter Goros. Sie hatten also seine allabendlichen Gebete erhört, hatten den Jungen wohl behütet und gewährten ihm sogar ein Wiedersehen. Nun konnte er in Frieden sterben. Es gab nichts mehr, was er sich wünschte. Die alte Mali erspürte, was in ihm vorging und nahm zärtlich seine Hand. Sie hatte als Einzige sein Wissen um Taikis Freiheit geteilt, obwohl Tock es zur Bedingung gemacht hatte, dass Arik Stillschweigen bewahren müsse. „Arik“ , flüsterte Mali, „ist es dir auch aufgefallen, dass Nona ihre Stimme benutzt hat , ohne es zu merken?“ Der Alt e nickte und sagte leise: „Ja.“
    Der Hengst Wolke war stark genug, die beiden Alten auf seinem Rücken zu tragen. Rehauge hatte beim Überfall eine leichte Verletzung am rechten Vorderbein erlitten und konnte nur die kleine Last des Mädchens Nona tragen. Die Männer waren stark genug, zu Fuß zu gehen. Am Abend schlugen sie ihr Lager auf. Unterwegs hatten sie schon trockene Äste und anderes gesammelt, so dass sie ein halbwegs anständiges Lagerfeuer zustande brachten. Arik bestand darauf, dass Taiki singen sollte. Wie hätte er seinem alten Pflegevater diesen Wunsch abschlagen können? Also sang er und legte die ganze Kraft seiner wundervollen Seele in seine Stimme. Die Sterne am Himmel funkelten lebhaft, so als würden sie mitsingen wollen. Diese Nacht war zauberhaft und unvergesslich. Sie saßen im Kreis um das Feuer, hielten sich bei den Händen und Taiki ließ sein Goldenes Licht fließen, bis alle sanft schimmerten. Arik hatte außer Taiki als Einziger die Fähigkeit, dies zu sehen. Ihm liefen leise, sanfte Tränen über das runzelige Gesicht. An diesem Abend spürten sie alle nicht die kommende Kälte der Nacht.
     
        Am nächsten Morgen wurden sie von den Anforderungen des Überlebens in freier Natur eingeholt. Sie erwachten durchgefroren und hungrig. Das Feuer war erloschen, und es gab nicht genügend Brennmaterial, um eine Morgenmahlzeit zu kochen. Sie rollten ihre Decken zusammen und besprachen ihre Lage.
        „Welche Richtung sollen wir einschlagen, Taiki? Ich bin hier noch nie gewesen. Ich habe mir nur merken können, dass wir zuletzt aus westlicher Richtung gekommen sind. Aber das nutzt uns nicht viel, fürchte ich. Wir sind tagelang durch den Rand der Steppe geritten, davor durch dichten Wald. Alles unwegsames Gelände. Wir brauchen eine Siedlung. Ohne Vorräte und warme Kleidung werden wir es nicht schaffen.“
    Taiki stimmte seinem Vater zu. Er fühlte sich verantwortlich für die Lage, in die er seine Freunde gebracht hatte. Sie sollten in Freiheit leben, und nicht in Freiheit an Entkräftung sterben. Als ich damals von Tock aus Rossheim weggebracht wurde, ritten wir eine gute Stunde lang auf einem breiten Weg. Ich weiß nur noch, dass es von dort aus immer leicht bergauf ging. Irgendwann hatte ich
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