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Die Dirne vom Niederrhein

Die Dirne vom Niederrhein

Titel: Die Dirne vom Niederrhein
Autoren: Sebastian Thiel
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plötzlich von Rosen diese Worte brüllen hörte. Im nächsten Moment löste sich ein donnernder Schuss. Eine Kugel schlug in den Baum neben ihnen ein, kleine Splitter bohrten sich in Maximilians Wange.
    Geistesgegenwärtig warf er sich schützend über Elisabeth. »Du hättest niemals herkommen sollen.«
    Sie drückte ihn zur Seite. »Das ist jetzt gleichgültig.«
    Maximilian versuchte auszumachen, von wo der Schuss gekommen war. Doch von Rosen war in der Dunkelheit verschwunden. Selbst ein geübter Schütze brauchte einige Zeit, um eine Muskete nachzuladen. Und er war sich nicht sicher, ob der Major überhaupt noch Munition und Schwarzpulver bei sich trug.
    »Bleib hier und duck dich!« Er wollte nicht abwarten, bis von Rosen die Muskete womöglich nachgeladen hätte, und rannte in die Richtung, wo er ihn vermutete. Das Pochen in seinem Kopf wurde stärker, fast übermächtig. Jeder Schritt in die von Nebelschwaden durchzogene Dunkelheit kostete ihn Überwindung. Er trat nun immer öfter in kleine Pfützen, der Boden gab tiefer nach, sodass er mehr Kraft aufwenden musste, um die Beine zu heben. Er war mitten in den Sümpfen im Johannistal.
    Der Mondschein brach durch die Baumkronen und auch der Nebel ließ jetzt nach. Maximilian schärfte seinen Blick, suchte die Umgebung ab. Plötzlich entdeckte er etwas, eine Silhouette, die sich schnell durch das Unterholz bewegte. Maximilian schoss auf den Schatten zu und holte aus. Doch von Rosen ging seinerseits zum Angriff über. Mit seinem gesamten Gewicht stemmte er sich gegen Maximilian, sodass sie beide in einen Weiher fielen. Das Wasser durchnässte auf der Stelle seine Kleidung, der Griff des Säbels rutschte ihm aus der Hand. Doch es war nicht nur Wasser, in dem sie gelandet waren. Wie ein weiches Federkissen gab der Schlamm nach. Major von Rosen war einige Fuß entfernt, hatte keine Probleme, wieder an das Ufer zu gelangen. Hier standen keine Bäume. Von Rosens nasser Umhang hing schwer herab und ließ seinen Schatten im Mondlicht noch bedrohlicher wirken. Maximilian nahm die Umrisse einer Klinge wahr.
    »Kein schöner Ort zum Sterben«, grollte der Major mit tiefer Stimme.
    Blitzschnell schoss der Offizier auf ihn zu und holte aus. Nur mit Mühe konnte Maximilian weiter ins Moor hechten und dem Hieb ausweichen. Sofort gab der Boden unter seinen Füßen nach und er sank tiefer in den Weiher ein. Überall waren Schlamm und Dreck, während er mit den Armen ruderte und versuchte, seinen Säbel zu erreichen. Innerhalb kürzester Zeit war er bereits bis zum Bauch eingesunken.
    »Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum du das tust«, sagte von Rosen und suchte sich festeren Boden. Während Maximilian immer noch versuchte, den Sümpfen zu entkommen, ergriff der Major die Muskete und lud sie in aller Ruhe nach. »Ich meine, du kennst sie erst seit ein paar Tagen, warum dieser Eifer?«
    »Ihr irrt, wir kennen uns länger.« Während er diese Worte sprach, griff er nach seinem Dolch und schleuderte ihn in Richtung des Offiziers. Als hätte er ihn kommen sehen, lehnte dieser sich fast desinteressiert zur Seite und konnte dem Wurfgeschoss ohne Probleme ausweichen.
    »Ah, eine alte Liebschaft also«, sagte er im Plauderton.
    Endlich fühlte Maximilian etwas Hartes zwischen all dem Matsch. Fest umfasste er den Griff des Säbels.
    »Sie trägt mein Kind«, zischte er und trat wie von Sinnen in den nachgebenden Schlamm des Weihers.
    Einen Moment hielt der Major inne, drückte mit dem Ladestock die Kugel in den Lauf. »Meinen Glückwunsch.«
    Maximilian sammelte all seine Kräfte. Wild versuchte er, dem Sumpf zu entkommen, wühlte im Schlamm, doch er sank immer tiefer in den stinkenden Brei. Seinen Säbel hatte er erhoben, werfen konnte er die Waffe nicht mehr, der Schlamm hatte sich bis zu seiner Brust vorgearbeitet.
    Wenige Sekunden später stoppten seine Bewegungen. Es war vergebens. Von Rosen nahm eine Ledertasche aus der Weste, füllte das Schwarzpulver auf die Pfanne und setzte die Muskete an.
    »Aber eins sei dir gewiss. Deine Witwe wird diesen Bastard nicht mehr austragen können. Sie ist als Nächstes dran …«
    Maximilian schloss die Augen. Es war vorbei. Bald würde er seinen Bruder sehen, er würde ihn um Entschuldigung bitten können und alles Schlimme auf dieser Welt wäre vergessen. Und somit auch das Schöne. Er blickte dem Mann direkt in die Augen. Doch seine Gedanken waren bei ihr.
    Ein kurzes Fauchen lenkte den Major ab. Wieder war da diese Katze. Für wenige
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