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Die Dirne vom Niederrhein

Die Dirne vom Niederrhein

Titel: Die Dirne vom Niederrhein
Autoren: Sebastian Thiel
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loswerden – irgendwie.
    Mit aller Kraft schlang Elisabeth die Beine um den Mann, drückte ihre Schenkel fest an ihn, hielt sein Gesicht mit beiden Händen und küsste ihn so tief und innig, als wäre er ihr Geliebter. Zärtlich massierte ihre Zunge die seinige. Dabei stellte sie sich vor, dass sie Maximilian küsste.
    »Du gefällst mir«, hauchte sie anschließend in sein Ohr, bewegte dazu ihr Becken im langsamen Takt. »Vergnüg dich einen Moment mit den anderen Frauen. Bald bin ich wieder da, und ich verspreche dir, dass wir genau da weitermachen, wo wir gerade aufgehört haben. Aber dafür musst du mich loslassen.«
    Sofort öffnete der Mann seine Arme. Schon lief Elisabeth los. Mit einem kurzen Blick zurück schenkte sie ihm einen Luftkuss. Als sie sich sicher war, dass die Aufmerksamkeit der Soldaten nicht mehr auf die Eingangstür des Gasthauses gerichtet war, schlüpfte sie über die Schwelle. Hier war es leer, alle Männer waren draußen und vergnügten sich. Das Stimmgewirr drang nur noch gedämpft an ihre Ohren, als sie zu einem Seitenfenster ging und es öffnete. Mehrmals sah sie sich um, bevor sie endlich das Gesicht von Maximilian entdeckte.
    »Hat es geklappt?
    »Was denkst du denn?«, antwortete sie augenzwinkernd. »Wir sind Huren, wenn wir etwas können, dann Männer um den Finger wickeln.«
    Die drei Freunde stiegen so leise wie möglich in das Gebäude ein. Schon wollte Jakob nach oben stürmen, aber er wurde von Elisabeth am Arm gefasst. Ihre Finger konnten den massigen Oberarm nicht einmal ansatzweise umfassen, trotzdem hielt er inne.
    »Wenn ihr auf Widerstand stoßt, benutzt die Säbel, nicht die Musketen. Die Mädchen machen zwar viel Lärm, aber wenn ihr einen Fehler macht, sind sie alle tot.«
    Jakob nickte stumm, als Maximilian den ersten Fuß auf die Treppe setzte. Seine Freunde folgten ihm mit gezückten Säbeln, Elisabeth schlich als Letzte hinterher. Mehrere Türen gingen von dem weitläufigen Gang ab.
    »Welche ist es?«, wollte Jakob wissen.
    Elisabeth zuckte mit den Schultern. »Ich bin ebenfalls zum ersten Mal in dem Gasthaus. Versuch diese, es scheint das größte Zimmer zu sein«, flüsterte sie und deutete mit einem Kopfnicken auf die letzte Tür auf der rechten Seite.
    Maximilian drückte die Klinke langsam herab. Mehrere Kerzen spendeten eine beruhigende Helligkeit, als sie in das Zimmer traten.
    »Dies ist definitiv das Gemach des Majors«, hauchte Elisabeth tonlos, mit einem Blick auf seinen Umhang. »Doch hier steht kein Bett.«
    Ratte wandte sich zur einzigen Tür, die vom Raum abging. »Er wird in diesem Zimmer sein.«
    Elisabeth ahnte Schlimmes. Gedämpfte Geräusche drangen an ihre Ohren. Der Hauch eines Wimmerns, so leise, dass sie es kaum hören konnte. Als hätte jemand ihr einen Schlag in die Magengrube verpasst, hielt sie einen Moment inne, drückte eine Hand auf den Unterleib und musste sich bei Maximilian abstützen.
    »Fühlst du dich nicht wohl?«
    Elisabeth biss die Zähne aufeinander. »Es geht schon. Ich habe nur so ein ungutes Gefühl.«
    In diesem Moment öffnete sich die Tür zum Nebenraum. Major von Rosen war lediglich mit einer Hose bekleidet, der freie Oberkörper war schweißbedeckt und er atmete schwer. Elisabeth wusste, warum er in dieser Verfassung war. Durch den Türspalt sah sie Bela. Alle Gliedmaßen von sich gestreckt, war sie ans Bett gefesselt worden.
    »Was zum …« Einen Moment lang war Verblüffung in den Augen des Offiziers zu lesen, dann schien er die Situation richtig einzuordnen. Einen Mundwinkel zog er nach oben, als würde er sich über die Abwechslung freuen. Die Wunde, welche ihm Mutter Rosi zugefügt hatte, war gut verheilt. Eine lange, eitrige Narbe kündete noch von dem Kampf. In seinen Augen glühte der Wahnsinn, während er tief Luft holte. »Wachen!«
    Von Rosen ging einen Schritt zurück und schloss die Tür zum Nebenraum hinter sich. Sofort stürzten Maximilian und Elisabeth auf sie zu, rüttelten am Knauf. Sie bewegte sich keinen Zoll. Elisabeth bezweifelte, dass die Landsknechte im Innenhof seinen Befehl hörten. Aber allem Anschein nach waren im Obergeschoss noch ein paar Offiziere einquartiert. Polternde Schritte waren auf den Holzdielen des Flurs zu vernehmen. Sofort warf sich Ratte gegen die Tür, doch gegen die Übermacht an Gegnern konnte er nichts ausrichten. Mit gezogenen Säbeln betraten drei Soldaten den Raum und gingen sofort auf die Gruppe los. Jakob verpasste dem Ersten einen Schlag mit dem Schaft seiner
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