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Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Titel: Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft
Autoren: Markus Falk;Beckedahl Lüke
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Viele hätten sicherlich nichts dagegen, wenn das eines Tages möglich werden sollte. Die Digitalisierung wird uns dazu zwingen, über den Sinn und die Notwendigkeit jeder Art von menschlicher Arbeit nachzudenken. So wie Wirtschaft kein Selbstzweck ist, ist auch Arbeit kein Selbstzweck in der digitalen Welt. Wir sind realistisch genug, das eher für unsere Enkel im Jahr 2080 als für unsere eigene Generation zu erwarten. Aber es gibt es ja noch andere Baustellen.
    Die rechtliche Dimension
    Juristen sind ein stolzes Völkchen. Als Richter, Anwälte, Ministerialbeamte, Datenschutzbeauftragte oder Staatsanwälte wachen sie über Verträge und Unverträglichkeiten. Sie sind eine Macht im Staate. Doch was passiert eigentlich, wenn man ihnen den Staat förmlich unter dem Hintern wegdigitalisiert? Wenn ihr gelerntes Wissen, das oft hochspezialisiert ist, wenn die existierenden Regeln so nicht mehr funktionieren können oder wollen?
    Das Netz kratzt an den Grundlagen der Rechtswissenschaften herum. Rechtswissenschaften sind nachlaufende Wissenschaften, was heißt: Im Regelfall versucht man erst, wenn etwas bereits in der Welt oder zumindest vorstellbar ist, hierfür Regeln zu finden. Nun ist das Internet schon eine Weile in der Welt, aber es stellt ein zweites Normensystem neben das der Rechtswissenschaftler: ein technisches. Diese beiden Systeme sind nicht kompatibel. Rechtswissenschaftler haben über Jahrhunderte versucht, staatliche Souveränität zu definieren und eine Weltgemeinschaft souveräner Staaten inklusive Völkerrechtzu definieren und auszugestalten. Das Netz sagt: Ich bin überall, und ich schere mich nicht darum, ob ich Inhalte aus Timbuktu nach Irkutsk oder von Wanne-Eickel nach Herne transportiere. Es schert sich auch nicht darum, was es da transportiert, und von wem zu wem. Das hat die Juristen dieser Welt vor Probleme gestellt: Ihre nationalen und internationalen Regelwerke wollen allzu oft nicht so recht passen.
    Es gibt zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Entweder wendet man so weit wie möglich nationalstaatliche Regelungen auf alles an, was im jeweiligen Hoheitsbereich der Staaten auf den Leitungen des Netzes und durch die Nutzer stattfindet. Dann muss man diese Leitungen konsequent überwachen. Ob Jugendschutz oder Kriminalitätsbekämpfung, ob Betrug oder Volksverhetzung. Das ist die bequeme Variante, die auch von einigen Politikern propagiert wird. Oder es gibt die für Politiker wie Juristen gleichermaßen unbequeme Variante: Man gibt zu, dass das Netz international ist und durch seine technischen Strukturen anders als die herkömmlichen Nationalstaatsräume. Man kann mit nationalen Regelungen nur so lange etwas bewirken, wie die beteiligten Parteien das Netz entweder nicht zu nutzen verstehen oder eben alle im Lande ansässig sind. In allen anderen Fällen müssen wir überlegen, ob das nationalstaatliche Nebeneinander so noch funktionieren kann   – und auch, ob es das soll.
    Juristen sind, bei allem Respekt für ihre häufig schwierige Arbeit, die Handwerker der Macht. Gesetze, Verträge und Verordnungen sind immer der Ausfluss politischen Willens. Und diesen zu artikulieren, ihn zu finden und zu bilden ist nicht die Aufgabe der Rechtswissenschaft. Sondern eine gesamtgesellschaftliche, politische. Die Erfahrungen der Nationalstaatsära helfen uns sicherlich weiter. Es gibt erprobte Konzepte, manche funktionieren gut, manche schlecht. Aber sie sind nicht eins zu eins auf die digitale Welt übertragbar.
    Zu welchen Schwierigkeiten das führt, zeigt der Vielstaatenbund der Europäischen Union genauso wie die internationalen Gremien. Aber innerhalb der Europäischen Union gibt es immerhin noch ein gewisses gemeinsames Wertegerüst, ein bis zu einem gewissen Punkt gemeinsames Verständnis von Staat, Bürger und Wirtschaft. Im internationalen Kontext haben wir eszum großen Teil jedoch mit undemokratischen Staaten zu tun, bei denen die auf politischer Ebene artikulierten Interessen nicht zwangsläufig die der Bürger dieser Staaten sind. Damit umzugehen, das ist keine juristische, sondern eine originär politische Herausforderung.
    Die politische Dimension
    Wenn wir von Politik reden, dann meinen wir im Regelfall die Staaten der westlichen Welt. Wir meinen Demokratien   – und auch da nicht die »lupenreinen« (Gerhard Schröder über Russland), die »gelenkten« (Wladimir Putin über Russland) oder die fragilen. Sondern etablierte, in sich gefestigte Gebilde, in denen Minderheiten
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