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Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft

Titel: Die digitale Gesellschaft - Lüke, F: Die digitale Gesellschaft
Autoren: Markus Falk;Beckedahl Lüke
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Steuerzahlungen profitiert. Der Staat selbst ist auch Auftraggeber für die Wirtschaft, und unter den Auftraggebern einer der Angenehmsten: mit hoher Wahrscheinlichkeit bezahlt er früher oder später die anfallenden Rechnungen, er kann weder weglaufen noch wirklich pleitegehen. Das ist, verkürzt dargestellt, der Grund, warum zwischen Politik und Wirtschaft ein enger Austausch stattfindet   – manchmal ein zu enger.
    Nun sind wirtschaftliche Interessen nicht per se schlecht für die Allgemeinheit. Im Gesamtgefüge unserer Gesellschaft ist es wichtig, dass Wirtschaft funktionieren kann. Und   – so die Grundidee der Marktwirtschaft   – es ist auch vollkommen legitim, mit Dienstleistungen und Produkten Geld zu verdienen, Profite zu erzielen.
    Doch wenn es um die Frage der digitalen Gesellschaft und deren Ausgestaltung geht, dann ist die Beziehung eine ganz besondere. Wir haben ja bereits ausführlich dargestellt, dass die Politik im Bereich der Digitalisierung zumindest in der Vergangenheit keineswegs so leistungsfähig und kompetent agierte, wie man sich dies hätte erhoffen können. So gibt es eine Vielzahl gescheiterterI T-Großprojekte , die aus Steuermitteln bezahlt oder per Gesetz angeordnet wurden. Die Ideen für diese Großprojekte kamen manchmal aus der Politik, manchmal aus der Wirtschaft. Ob Lkw-Mautsystem, ob I T-Modernisierung der Bundeswehr (»Herkules«), ob der Elektronische Entgeltnachweis ELENA, der »neue« elektronische Personalausweis, der digitale Behörden- und Organisationenfunk BOS, die Modernisierung der Arbeitsagentur-I T-Systeme   – deren Datenverarbeitungssystem bis zur Überarbeitung ab 2003 aus den 1960ern stammte   – oder die elektronische Gesundheitskarte (eGK), die Arbeitslosengeld-I I-Lebensunterhaltsleistungen A2LL, oder die Finanzverwaltungssoftware FISCUS: Fehlschläge, nicht funktionierende Software, Preisexplosion und jahrelange Verzögerungen, die die I T-Projekte zum Erstanwendungszeitpunkt schon wieder veraltet sein lassen, sind häufige Ergebnisse dieses Austausches. Viele von ihnen sollten als so genannte Public Private Partnership, als Gemeinschaftsunternehmen von Wirtschaft und Staat, betrieben werden. Die Wirtschaft finanziert bei diesen Modellen im Regelfall vor, der Staat zahlt dann im Rahmen einer bestimmten Laufzeit zurück und gibt meist noch einiges obendrauf. Doch warum ist so oft so viel schiefgegangen, wo doch die gemeinsame Expertise von Wirtschaft und staatlichen Stellen ein Scheitern hätte unmöglich machen sollen?
    Der Grund dafür liegt in der Ahnungslosigkeit vieler Politiker. Wirtschaftsvertreter sind oft in der Lage, mit großen Plänen und komplexen Strukturtabellen zu suggerieren, dass sie eine Lösung für ein Problem hätten. Oft glauben sie das wahrscheinlich auch selbst   – nur: In Ermangelung von Fachkenntnis sind Politiker bei all diesen Fragen häufig nicht skeptisch genug, nicht in der Lage, mit den richtigen Fragen die Schwachstellen von Konzepten zu ergründen. Es herrscht ein Ungleichgewicht   – so, als ob Ihnen ein Bankberater eine Anlageform als »wenig riskant« empfiehlt und Sie aber überhaupt keine Ahnung vom Gegenstand und seinen Risiken haben. Für die I T-Wirtschaft bedeutet dies Aufträge, für die verantwortlichen Politiker bedeutet dies meist nichts. Denn bis Projekte mit teils zehnjähriger Laufzeit umgesetzt werden, sind sie oft schon über alle Berge und in anderen Bereichen unterwegs.
    Die I T-Wirtschaft gehört zu den Kuscheltieren der deutschenPolitik. Und sie kuschelt gern zurück. Es gibt eine Vielzahl von Veranstaltungen, Vereinen und Formaten, in denen die I T-Wirt schaft der Politik zu Leibe rücken darf. Da gibt es zum Beispiel den »I T-Gipfel der Bundesregierung«. Er findet seit 2006 jährlich statt und das offizielle Ziel lautet: Stärkung des I T-Standor tes Deutschland. Auf dieser Veranstaltung dürfen sich Wirtschaft und Regierung wechselseitig auf die Schultern klopfen und ihre Forderungen an die jeweils andere Seite postulieren. Diese Veranstaltung glänzt vor allem durch eines: Sie ist kritikfreie Zone, ein inszeniertes Branchen-Schaulaufen. Nichts soll den schönen Schein des erfolgreichen I T-Landes schmälern, Kratzer im Lack sind auf dem Gipfel wie in den Vorbereitungstreffen auf Arbeitsebene kaum erwünscht. Und wenn dann doch mal ein Thema umstritten ist, wird nach diplomatischem Verfahren entweder darüber geschwiegen oder fröhlich darüber hinweggefloskelt.
    Diese teils
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