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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht
Autoren: Patricia Cornwell
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kreisen zu sehr um sich selbst, um richtig zuzuhören. Im Leichenschauhaus hingegen sprechen meine Patienten sehr leise und verzeihen es mir nicht, wenn ich nicht die Ohren spitze und alles, was möglich ist, über sie herausfinde.«
    »Manchmal höre ich meinem Sohn Buddy nicht so gut zu, wie ich sollte, weil ich in Hetze oder einfach zu müde bin.« Ein trauriger Ausdruck stiehlt sich in Nics Augen. »Dabei müsste ich am besten wissen, wie das ist, denn Ricky hat mir fast nie zugehört, was ein Grund war, warum es mit uns nicht geklappt hat. Einer von vielen Gründen.«
    Scarpetta hatte den Verdacht, dass es in Nics Ehe kriselt oder dass sie bereits gescheitert ist. Menschen, die in unglücklichen Beziehungen leben, strahlen eine nicht zu übersehende Unzufriedenheit und Einsamkeit aus. In Nics Fall gibt es diese Anzeichen, insbesondere die Wut, die sie erfolgreich zu verstecken glaubt.
    »Wie schlimm ist es?«, erkundigt sich Scarpetta.
    »Wir leben getrennt und haben die Scheidung eingereicht.« Nic greift nach ihrer Kaffeetasse. »Gott sei Dank wohnt mein Vater in Baton Rouge ganz in der Nähe, denn sonst wüsste ich nicht, wohin ich mit Buddy soll. Ich traue Ricky nämlich zu, dass er ihn mir schon allein aus Rache wegnehmen würde.«
    »Aus Rache? Wofür denn?«, fragt Scarpetta, die einen Grund für ihre Neugier hat.
    »Das ist eine lange Geschichte. Es ging schon seit über einem Jahr bergab - was nicht heißt, dass es jemals gut gelaufen wäre.«
    »Etwa seit der Zeit, als aus Ihrer Gegend immer wieder Frauen verschwinden?«, kommt Scarpetta endlich auf den Punkt. »Ich möchte wissen, wie Sie an diese Sache herangehen wollen, denn sie wird Ihnen noch zu schaffen machen, wenn Sie das zulassen, und zwar dann, wenn Sie am wenigsten damit rechnen. Mir ist nicht entgangen, dass Sie die Fälle kein einziges Mal erwähnt haben, zumindest nicht, seit ich hier bin. Zehn Frauen in vierzehn Monaten. Verschwunden aus ihren Häusern und Autos und von Parkplätzen im Großraum Baton Rouge. Vermutlich tot. Ich bin sicher, dass sie nicht mehr leben. Und ich bin außerdem überzeugt davon, dass sie von ein und demselben Menschen ermordet wurden, der ziemlich clever sein muss - sehr clever sogar. Intelligent und erfahren genug, um sich das Vertrauen seiner Opfer zu erschleichen, sie zu entführen und die Leichen anschließend zu beseitigen. Er hat bereits mehrfach getötet, und er wird es wieder tun. Die letzte Entführung fand erst vor vier Tagen statt, und zwar in Zachary. Das heißt, dass es in Zachary jetzt zwei Fälle gibt; der erste ist schon einige Monate alt. Das ist es, was Sie bei Ihrer Heimkehr erwartet, Nic. Ein Serienmörder. Zehn Leichen.«
    »Nicht zehn. Nur die zwei von Zachary. Ich gehöre nicht zur Sonderkommission«, erwidert Nic mit kaum verhohlener Wut. »Für die hohen Tiere bin ich eine Nummer zu klein. Sie brauchen keine Hilfe von jämmerlichen Dorfpolizistinnen wie mir, so sieht es zumindest der zuständige Bundesstaatsanwalt.«
    »Was hat denn die Bundesstaatsanwaltschaft damit zu tun? Die Morde fallen doch nicht in den Zuständigkeitsbereich des FBI.«
    »Weldon Winn ist nicht nur ein egoistisches Arschloch, sondern auch ein Idiot. Und es gibt nichts Schlimmeres, als wenn dumme, arrogante Menschen Macht haben. Die Fälle sind sehr medienwirksam, in den Nachrichten wird ständig darüber berichtet. Deshalb will Winn unbedingt mitmischen, damit er irgendwann vielleicht Bundesrichter oder Senator wird ... Aber Sie haben Recht. Ich weiß, was mich zu Hause erwartet. Doch ich kann nichts weiter tun, als nach den beiden verschwundenen Frauen in Zachary zu fahnden, obwohl mir natürlich klar ist, dass ein Zusammenhang zu den anderen acht Fällen besteht.«
    »Interessant, dass es jetzt auch weiter nördlich von Baton Rouge zu Entführungen gekommen ist«, meint Scarpetta. »Möglicherweise ist dem Täter in seinem bisherigen Jagdrevier der Boden zu heiß geworden.«
    »Das einzig Positive an dieser Sache ist, dass Zachary zwar zum Kreis Baton Rouge Ost gehört, aber nicht mehr unter die Zuständigkeit der Polizei von Baton Rouge fällt. So können die hohen Herrschaften mir wenigstens nicht in meine Fälle hineinpfuschen.«
    »Erzählen Sie mir davon.«
    »Also, der letzte. Ich weiß auch nicht mehr darüber, als allgemein bekannt ist. Es ist zwei Tage nach Ostern passiert, das heißt vor vier Nächten«, beginnt Nic. »Eine vierzigjährige Lehrerin namens Glenda Marler. Sie unterrichtete an der
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