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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition)
Autoren: Myk Jung
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Einleitende Einführung
    All jenes, wovon im Folgenden erzählt werden soll, ereignete sich am Ende des Drittletzten Zeitalters im Südosten der Mittelmäßigen Welt. Deren Name rührt übrigens von ihrer in allen Lebensbereichen dominierenden lauwarmen Mittelmäßigkeit her, wie ja wohl kaum erwähnt werden muss. Diese Eigenschaft allerdings gab sie an die ihr nachfolgenden Welten weiter. Nichtsdestoweniger gebar sie einige aufregende Phänomene, die später verloren gingen. Schon vor langer Zeit verließ das letzte Schiff der Albernen, der abkürzenden Bequemlichkeit halber woanders Alben, zuweilen sogar Äelben genannt, die Hinnenlande. Sie waren das wohl älteste Volk unter den nicht ganz so mittelmäßigen Bewohnern der ansonsten gänzlich mittelmäßigen Welt; und wenn den Erzählungen zu glauben ist, dann winkte nicht einer der Fliehenden zurück. Sie waren einfach alles satt, und für immer zogen sie fort aus den Gefilden, die wir kennen – und mit ihnen verschwanden die Wunder der Frühesten Zeitalter. Die Albernen waren der Welt überdrüssig geworden. Seit dem Erlöschen der Zwei Blumenlampen war für sie alles stetig bergab gegangen, und das Auftauchen von Feuerdämonen, Kaltdrachen, Knorks, Lendhenzwergen, Hobbknicks und Menschen tat ein weiteres, um das Älteste Volk restlos zu verdrießen.
    Als dann, gegen Ende des Drittletzten Zeitalters, Saurum der Dunkle Herrscher wieder eine hässliche Gestalt angenommen hatte, die Nazgulashs abermals kreischend übers Firmament zirkulierten und letztendlich offenbar geworden war, dass Fahrduman der Weiße Zauberer auf der Suche nach dem Einen Ohrring in seinem Ohr-Tank tatsächlich abgerissene Ohren sammelte, da waren die Nerven der zurückgebliebenen Albernen zum Zerreißen gespannt. »An den Farblosen Häfen liegt zum Glück immer noch unser Letztes Schiff bereit«, raunte Allround der Halb-Alberne der Weißgoldenen Herrin Gard Ariel an einem Frühsommerabend im Ganz Späten Zeitalter zu. »Sollten wir nicht verschwinden, bevor der endgültige Ärger seinen Lauf nimmt?«
    »Lass uns noch ein bisschen bleiben, ja?«, kicherte die Wildgelockte. »Es is’ immer so lustig, den Sterblichen zuzusehen, wie sie sich fruchtlos abstrampeln.«

Erstes Kapitel:
Der Dunkle Turm erzittert
    Mitten im Schattenreich Murderor stand der Dunkle Turm BarackeInDur. Genaugenommen erhob er sich eher im vagen Zentrum einer ungefähren Mitte des Schattenreiches. Ganz oben unterm Dach, das der Reparatur bedurfte, wohnte der Dunkle Herrscher Saurum. Einige Jahrhunderte lang hatte er von dort mit fieser Freude seine finsteren Befehle ins Reich geschickt, der Boshaftigkeit gefrönt und sich in jenem wohligen Schauder gesuhlt, der Ekelhaftem entspringt. Urplötzlich aber wurde Saurum von einer Raserei gepackt, die den Anschein erweckte, als würde er sich über irgendetwas ärgern.
    »Wo steckt er denn, verdammt noch eins?«, schrie er; und das Schattenreich wankte und dröhnte unter seinem Wutanfall. Saurum flippte aus, und seine Diener fragten sich, ob er wohl total ausflippen würde – oder nur ein bisschen. Sein Zorn stieg auf wie eine schwarze Wolke, aber seine Verzweiflung war wie ein erstickender Hauch, und am Ende riss er sogar die Brücke vor der Dunklen Hochburg ein bisschen ein. Was war geschehen, dass der Schattenkönig sich so danebenbenahm?
    Saurum hatte guten Grund, wütend zu toben, denn gerade hatte er festgestellt, dass ihm der Ohrring der Macht abhanden gekommen war, jenes uralte Instrument seiner Schreckensherrschaft: der Eine Ohrring, in den er vor undenklichen Zeiten einen Großteil seiner Schwarzen Zauberkunst hatte fließen lassen. Ein wichtiger Grundstein im Ausüben des Bösen war er gewesen, der Ohrring: und jetzt war er weg.
    »Das kann doch wohl nicht wahr sein!«, schrie der Dunkle Herrscher, und ein weiteres Mal griff er sich an sein linkes Ohrläppchen: dorthin, wo der Eine gebaumelt hatte für ungezählte Jahrtausende, und wo er nun nicht mehr baumelte. »Das gibt’s doch gar nicht! Wo ist denn der Eine?«
    Saurum fand ihn nicht: weder im Ohr, noch auf dem Boden vor dem Schwarzen Thron; nicht in den tiefsten Verliesen, und auch nicht ganz oben in der hochgelegenen fluchwürdigen Turmkammer, wo er sein Rotorangenes Wimpernloses Auge immerzu blitzen ließ und mit seinem Pinkfarbenem Ohr in die Weiten horchte.
    Der Eine war nicht mehr in seinem Besitz, der Meister-Ohrring, der, mit dem sie alle zu binden er geplant hatte, vornehmlich in Dunkelheit. Da rief
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