Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos
Autoren: David Brin
Vom Netzwerk:
wieder daran, einem Holzsoldaten die blonden Haare zu bürsten.
    Maia behielt die zweite Holzfigur in der einen, den Spiegel in der anderen Hand und dachte nach. Obwohl Leie einen so selbstbewußten Eindruck machte, klang ihre Geschichte genauso dumm wie das, was Maia gesagt hatte. Doch irgend etwas an der Einstellung des anderen Mädchens gefiel ihr… aus ihrem Mund klangen schlechte Neuigkeiten gut.
    Grund genug, Freundinnen zu werden. Das war noch besser als die Tatsache, daß sie sich ähnelten wie zwei Sterne am Himmel.

 
     
     
ERSTER
TEIL
     

Unterschätzt niemals die Reise, auf der wir uns befinden, oder das, was wir damit wissentlich aufgeben. Gebt von Anfang an zu, meine Schwestern, daß die uns von der Natur zugedachten Partner ihren Nutzen und das Zusammenleben mit ihnen seine angenehmen Momente hatten. Männliche Stärke und männliche Leidenschaft haben gelegentlich kostbare, schöne Dinge geschaffen.
    Doch wurde diese Kraft nicht selbst in den besten Zeiten größtenteils dazu verwendet, uns und unsere Kinder gegen andere Männer zu verteidigen? Sind die angenehmeren Momente diesen Preis wert?
    Mutter Natur arbeitet nach einer bestimmten Logik, nach strengen Regeln, die nützlich gewesen sein mögen, solange wir noch Tiere waren. Doch nun haben sie ausgedient. Nun durchschauen wir ihre Werkzeuge, ihre Kunst bis in den letzten Winkel. Nun fordern die Frauen – manche zumindest – einen besseren Weg.
    So haben wir vereint diese Welt gesucht, weit jenseits der hemmenden Einflüsse des Hominidenphylum. Diese Gründerinnengeneration steht nun vor der Herausforderung, die Grundlagen der Menschheit zu verbessern.
    - Auszug aus der Ansprache zum Landungstag, von Lysos

 
Kapitel 1
----
     
     
    Flache Sonnenstrahlen fielen über den Tisch neben Maias Bett, so daß der einen Meter lange, üppige braune Zopf schimmerte. Sie hatte ihn gerade abgeschnitten, über den wackligen Nachttisch gelegt und an beiden Enden mit einem blauen Band umwickelt.
    Stellarmuschelblau, die Farbe des Abschieds. Neben dem Zopf steckte eine Schere mit einer Spitze in der rauhen Tischplatte, wie eine auf einem Fuß balancierende Tänzerin. Schlaftrunken blinzelte Maia die Gegenstände in dem trapezförmigen Sonnenfleck an und bemühte sich, sie von den schicksalsschweren Symbolen ihrer Träume zu trennen.
    Und plötzlich fiel es ihr wieder ein.
    »Lysos«, rief Maia atemlos und warf die Decken von sich. »Leie hat es wirklich getan!«
    Ein Frösteln zog die zweite Erkenntnis nach sich: Ihre Schwester hatte das Fenster offengelassen! Der Westwind vom Hartgletscher wehte die graubraunen Vorhänge in das winzige Zimmer und trieb Staubbällchen über den Dielenboden, die sich an Maias vollgepackter Reisetasche verfingen. Als sie aufsprang und die Läden schloß, sah Maia, wie die Morgenröte die Dächer der schloßähnlichen Clanhäuser von Port Sanger färbte. Mit dem Wind kam das Kreischen der Möwen und der Geruch ferner Eisberge, aber die Begeisterung für Morgenstunden war ein Laster, das Maia nicht mit ihrer Zwillingsschwester teilte.
    »Uff.« Maia schlug sich die Hand vor die Stirn. »War es wirklich meine Idee, gestern abend zu arbeiten?«
    Gestern war es ihr noch vollkommen vernünftig vorgekommen. »Wir müssen auf dem laufenden sein, ehe wir uns auf den Weg machen«, hatte Maia argumentiert, als sie sich und ihre Schwester für eine letzte Schicht als Bedienung im Clan-Gästehaus einschrieb. »Vielleicht erfahren wir etwas Nützliches, und ein bißchen zusätzliches Geld würde auch nicht schaden.«
    Die Männer des Holzfrachters Tapfere Seeschwalbe waren tatsächlich sehr redselig und voll des süßen lamaianischen Weins. Doch die Matrosen würdigten die beiden jungen Sommerlinge – zwei Variantengören – keines Blickes, denn es trieben sich genug rundliche Lamai herum, alle anziehend identisch, gut gekleidet und wohlerzogen. Die jungen Lamai hatten die Seeleute verwöhnt, sie umschmeichelt und sich von Maia und Leie mit einem Fingerschnippen bis weit nach Mitternacht immer neue Krüge mit dem berauschenden Getränk bringen lassen.
    Das offene Fenster war wahrscheinlich Leies Rache.
    Na ja, dachte Maia. Ihre Ideen sind auch nicht immer die besten. Aber wichtig war, daß die beiden Zwillingsschwestern einen Plan hatten, an dem sie in ihrem kleinen Dachzimmer nun schon seit Jahren geduldig schmiedeten. Ihr Leben lang hatten sie gewußt, daß dieser Tag kommen würde. Aber wer weiß, wie viele langweilige Arbeitsstellen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher