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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos
Autoren: David Brin
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sogenannten zellulären Automaten, das seine Erfinder ›Game of Life‹ genannt haben. Ich habe es aus unterschiedlichen Gründen in die stratoinische Gesellschaft eingearbeitet. Mit den Regeln, die Conway & Co. in den sechziger Jahren aufgestellt haben und die in den hervorragenden Büchern von Martin Gardner beschrieben werden, habe ich mir einige Freiheiten herausgenommen. (Handlung und Geschichte haben hier Vorrang vor der wissenschaftlichen Genauigkeit). Dennoch bin ich dankbar für die Ratschläge von Dr. Rudy Rucker und anderen, die mir geholfen haben, wenigstens die schlimmsten Fehler auszumerzen.
    Über seine offensichtlichen Gleichnisse bezüglich Reproduktion, Kreativität und Ökologie hinaus, erlaubte das Spiel auch eine Betrachtung von Talent und Überlegungen zum grundlegenden Unterschied zwischen Individuum und Mittelwerten. Es ist sinnlos zu behaupten, Verallgemeinerungen über Gruppen seien von vorneherein schlecht. Verallgemeinerung ist ein natürlicher Prozeß im Denken des Menschen, und viele Verallgemeinerungen treffen zu – im Durchschnitt. Was schlechte Verhaltensmuster unterstützt, ist die ungute Angewohnheit zu glauben, Verallgemeinerungen und Durchschnittswerte hätten irgend etwas mit Individuen zu tun. Wir haben kein Recht, von vorneherein das Urteil zu fällen, ein bestimmter Mann könne nicht fürsorglich sein oder eine bestimmte Frau könne nicht kämpfen. Oder ein Mädchen könne ein Spiel nicht meistern, nur weil dieses über Generationen hinweg in die Domäne der Männer gehörte.
     
    Da ich nun schon einmal das Wort ergriffen habe, möchte ich noch auf eine Frage zu sprechen kommen, die mich seit längerem beschäftigt. Warum setzen sich so wenige Fantasy-Schriftsteller mit dem fundamentalen Dilemma ihrer Romane auseinander… daß nämlich so viele von ihnen in rigiden, hierarchisch geschichteten und letztlich unterdrückerischen Kulturen angesiedelt sind? Was ist so anziehend am Feudalismus, daß so viele freie Bürger eines gebildeten Gemeinwesens wie des unseren so gerne über ein Leben unter einer Erbdynastie lesen?
    Warum muß in jeder Klischeegeschichte der abgesetzte Prinz oder die Prinzessin dazu auserkoren werden, den Kampf gegen den Herrn der Finsternis anzuführen? Warum wählt man einen Anführer nicht nach seinen Verdiensten, warum klammert man sich an die Sprößlinge einer untergegangenen Königslinie? Warum bittet man den pompösen, herablassenden ›guten‹ Zauberer nicht auch einmal um etwas Nützliches wie beispielsweise eine Toilette mit Wasserspülung oder Rotationsdruck oder Elektrizität für jeden Haushalt im Königreich? Wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, möchten die Bauernsöhne und -töchter später bestimmt nicht unbedingt Dienstboten werden. Es ist doch bizarr, daß moderne Menschen einem Lebensstil nachtrauern, dem unsere Vorfahren mit gutem Recht zu entfliehen suchten.
    Allein Aldous Huxley hat ein Szenario für eine soziale Schichtung entworfen, die in sich vollkommen – wenn auch grausig – konsistent und stabil ist. In einer Gesellschaft, in der die Menschen für ihre jeweilige Aufgabe geboren werden, hat man nicht das Gefühl, unterdrückt zu werden, und man hat auch keine Chance zu rebellieren – genau wie in Brave New World (dt.: Schöne neue Welt).
    Auch eine solche Entwicklung wäre auf Stratos möglich.
     
    Schließlich bedarf auch noch das Thema Pastoralismus eines Kommentars. Zahllose schlechte Bücher – und sehr wenige gute – preisen die Tugend einer langsameren Gangart, in der das Landleben über die Stadt, die Vorhersehbarkeit über das Chaos und die Intuition über die Wissenschaft gestellt wird. Oft wird diese Anschauung zusätzlich eingebettet in die Kategorie weibliche Weisheit kontra Jagd nach Wissen in der westlichen (sprich ›männlichen‹) Gesellschaft. Ein höchst unglücklicher Auswuchs hiervon war die Tendenz, den Feminismus mit der Opposition gegen jeden technischen Fortschritt gleichzusetzen.
    Der vorliegende Roman beschreibt eine Gesellschaft, die vom Entwurf her konservativ ist, nicht etwa deshalb, weil das in einer von Frauen beherrschten Welt das Natürliche wäre. (Viele gute Geschichten spielen in technisch hoch entwickelten matriarchalischen Kulturen.) Auf Stratos war das Ziel der Gründerinnen eine pastorale Lösung des Dilemmas der menschlichen Natur – eine Lösung, die heute viele kluge und einflußreiche Anhänger hat.
    Und sie haben gute Argumente. Jeder, der die Natur liebt – wie ich –
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