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Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Titel: Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
Autoren: V.C. Andrews
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PROLOG

    M eine Schwester Beni und ich wurden vom Knall zertrümmernden Geschirrs an der Küchenwand aus dem Schlaf gerissen.Wir hörten, wie die Porzellanscherben auf den blassgelben Linoleumboden fielen. Ich lag da, starrte in die Dunkelheit und hielt die Luft an. Beni setzte sich auf, um zu lauschen; dabei fiel ihr der Pony in die Augen, dass sie ihn teilen musste wie einen Perlenvorhang.
    »Was war das?«, keuchte sie.
    Ich hatte Angst, mich zu rühren, geschweige denn zu sprechen. Es war wie die Stille nach einem Blitz, und du weißt, ein Donner wird die Fensterscheiben erbeben lassen und dich bis ins Mark erschüttern. Und genau – wir hörten, wie Mama Ken mit tränenerfüllter Stimme etwas vorjammerte.
    Solange ich mich erinnern kann, nennen Beni, Roy und ich ihn schon Ken statt Daddy oder Papa. Ihn beim Namen zu nennen kam uns immer besser über die Lippen. So wie er uns anschaute, besonders als wir jünger waren, verriet uns dreien, dass er nicht als irgendjemandes Vater gelten wollte, besonders nicht als unser.
    »Na los«, hörten wir Mama schreien, »hau doch ab. Du bist sowieso nicht zu viel nutze. Das warst du noch nie.«
    »Wenn du das so siehst,Weib, dann kann ich wirklich gehen«, brüllte er zurück.

    »Geh, geh, geh«, intonierte sie wie eine Highschool-Cheerleaderin. Die Anspannung in ihrer Stimme sorgte dafür, dass meine Nerven bis zum Zerreißen gespannt waren.
    »Das werde ich«, drohte er. »Ich bleib doch nicht hier, wo man mich nicht zu schätzen weiß. Das ist mal sicher. Das ist verdammt sicher.«
    »Schätzen?« Sie lachte schrill auf. »Was gibt es da zu schätzen? Dass du deinen ganzen Lohn fürs Trinken und andere Frauen ausgibst? Dass du nach Hause kommst und auf die Schnauze fällst? Du bist sowieso nie für mich und die Kinder da gewesen, Ken Arnold.Wir werden nicht einmal merken, dass du weg bist«, versicherte Mama ihm.
    »Du undankbare Schlampe! Ich sollte …«
    »Hand an mich legen. Nur zu. Ich warne dich. Ich rufe die Polizei. Nur zu«, forderte sie ihn heraus.
    Ich setzte mich auf. Es fühlte sich so an, als ob kleine Trommeln der Angst in meiner Brust pochten. Schnell. Ich schlang die Arme um mich.Wir hatten früher schon erlebt, wie er sie geschlagen hatte. Es war hässlich; die Angst ballte sich zu Klumpen im Bauch zusammen. Beni stöhnte in böser Vorahnung. Sie erhob sich behutsam und zögernd von ihrem Bett wie jemand, der gezwungen wird, in ein brennendes Gebäude zu rennen.
    »Geh nicht raus«, flüsterte ich ihr warnend zu. »Du machst es nur noch schlimmer für Mama.«
    Sie hielt inne. Selbst im Dunkeln sah ich das abgrundtiefe Entsetzen in den Augen meiner jüngeren Schwester.
    Unser älterer Bruder Roy kam an die Tür; er rieb sich mit der rechten Handfläche über die Stirn, als schmirgelte er einen Holzblock ab. Es gehörte viel mehr dazu, ihn zu wecken als uns. Mama sagte immer: »Dieser Junge beweist,
dass jemand wirklich völlig weggetreten sein kann, wenn er schläft.«
    Roy blieb an unserer offenen Tür stehen. »Was zum Teufel ist denn da los?«, murmelte er und zog eine Grimasse, als hätte er gerade saure Milch getrunken.
    »Komm ihnen nicht in die Quere, Roy«, rief ich. Das hatte er schon einmal getan, und Ken hatte ihn so übel erwischt, dass er zu Boden ging. Roys Lippe blutete und schwoll an. Mama hielt ihn davon ab, wieder aufzustehen und die schlimmste Tracht Prügel seines Lebens zu bekommen.
    »Ach, du verdienst es doch, wenn ich dich verlasse«, murrte Ken.
    Offensichtlich war Mama bei ihrer Aufforderung geblieben. Sie hatte ihre glühenden ebenholzschwarzen Augen auf ihn gerichtet und ihn dazu gebracht zurückzuweichen. Als Nächstes hörten wir, wie die Wohnungstür geöffnet und zugeknallt wurde. Die Wände der kleinen Wohnung bebten, dann war es einen Augenblick still, bis wir Mama schluchzen hörten.
    Ich stand auf und ging zu Beni und Roy. Gemeinsam betraten wir die Küche und fanden Mama an dem angeschlagenen Resopaltisch, den Kopf auf die verschränkten Arme gelegt, die Schultern bebend.
    So hatten wir sie schon oft gesehen.
    »Was ist diesmal passiert, Mama?«, fragte Roy mit wutblitzenden Augen.
    Mama hob den Kopf langsam und mit großer Anstrengung, als wäre er aus Stein. Ihre Augen waren rot und glasig vom Weinen. Sie holte tief Luft, zog die schmalen Schultern hoch und ließ sie rasch wieder fallen. Dabei erinnerte sie an eine Marionette, deren Schnüre durchgeschnitten worden
waren. Sie schien in dem Stuhl zu versinken. Als
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