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Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Titel: Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
Autoren: V.C. Andrews
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nach.
    Ich kann nicht leugnen, dass es bei uns eine Menge Angst und Verbrechen gab. Jeder hatte eine Art Alarmanlage, die häufig aus Versehen losging. Das geschah so oft, dass niemand mehr darauf achtete. [Wenn es je ein Beispiel für einen Jungen gab, der vor dem Wolf warnte, bis niemand mehr darauf hörte, dann bei uns in The Projects .]
    Beni, Roy und ich mussten nur drei Blocks weit bis zur Schule gehen, aber manchmal hatten wir das Gefühl, wie durch das Minenfeld in einem Kriegsgebiet zu gehen.Während der vergangenen sechs Monate waren zwei Menschen durch Querschläger getötet worden, die aus vorbeifahrenden Autos abgefeuert worden waren, als eine Gang auf die Mitglieder einer anderen Gang schoss, ohne Rücksicht auf unschuldige Zuschauer. Jeder fand das schrecklich, machte aber einfach weiter und akzeptierte es als etwas, das sein muss, wie ein schwerer Sturm, der vorüberzieht. Am schlechten Wetter konnte niemand etwas ändern, und die meisten Menschen hatten gegenüber der Straßenkriminalität die gleiche Einstellung.
    Mama hatte sichtlich Angst, wenn einer von uns nach Einbruch der Dunkelheit hinausging. Sie fing tatsächlich an zu zittern. Ich fand, wir lebten nicht viel anders als die Menschen im Mittelalter. Als unser Lehrer über Festungen sprach, über Gräben und Zugbrücken und die Gefahren,
die draußen vor den Festungsmauern lauerten, musste ich an The Projects heute denken. Abgesehen von Alarmanlagen und Gittern vor den Fenstern schloss jeder seine Türen drei- oder viermal mit Vorhängeschlössern, Riegeln und Querstangen ab und machte es an den Fenstern genauso. Viele ältere Menschen hielten sich von den Fenstern fern und zitterten bei den Geräuschen der Nacht, beim Geschrei in den Fluren.
    Von meinem Fenster aus konnte ich nur die Lichter in einigen der Regierungsgebäude sehen, aber wenn wir ein paar Blocks nach Osten gingen und zum Kapitol schauten, sahen wir das Washington Monument und das Lincoln Memorial verheißungsvoll leuchten. Wir machten Klassenausflüge dorthin und fuhren sogar zum Treasury Building, wo wir zuschauen konnten, wie Geld gedruckt wurde, und zum FBI-Gebäude, wo wir eine Menge über Kriminallabors und Fingerabdrücke lernten.Wir sahen nie den Kongress in Aktion, aber wir besuchten die Gebäude.
    Manchmal fühlte ich mich wie ein Astronaut bei diesen Ausflügen. Es war, als würden wir auf einen anderen Planeten transportiert.Wir sahen die prächtigen Häuser, die Botschaften, wie reich und wohlhabend die Leute waren. Wir hörten, welche wundervollen Hoffnungen diese Gebäude und Monumente repräsentierten, aber wir kehrten immer in unsere Realität zurück, wo man Zeuge eines Drogenverkaufs an der Ecke wurde oder sah, wie ein unbeaufsichtigtes Kind neben Glasscherben und rostigem Metall herlief. Was wird aus ihm werden, fragte ich mich.Was wird aus uns werden? In der Schule beschäftigten wir uns mit Demokratie und man vermittelte uns Träume, die offensichtlich für andere reserviert waren, nicht für uns.

    Kürzlich starb jemand an einer Überdosis unten im Treppenhaus unseres Gebäudes. Die Polizei schwärmte wie blaue Bienen über den Flur und verschwand dann so schnell wieder, wie sie gekommen war. Keiner von ihnen wirkte überrascht oder auch nur betroffen. Ich glaube, sie hatten es gelernt, das Entsetzen ebenso zu akzeptieren wie wir.
    Mama träumte natürlich immer davon, uns hier herauszubekommen. Ich hatte den Eindruck, die meisten Leute, die hier wohnten, konnten sich nicht mehr vorstellen, selbst hier herauszukommen. Mama sprach nur mit uns darüber, weil sie die düsteren ernsten Töne der Entmutigung nicht ausstehen konnte. Einmal, als Ken nicht so viel trank und ein anständiges Gehalt bekam, konnten wir genug Geld beiseite legen, um tatsächlich die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, ein kleines Haus in einer besseren Gegend zu mieten, aber dann hob Ken das Geld eines Tages heimlich ab. Ich erinnere mich, wie Mama nach Hause kam, weiß wie die Wand, nachdem sie entdeckt hatte, was er getan hatte.
    »Er hat unsere Träume umgebracht«, murmelte sie.
    Ich dachte, Mama bekäme einen Herzanfall. Ihre Lippen waren blau, und sie hatte Probleme beim Atmen. Sie musste ein Glas Whisky trinken, um sich zu beruhigen. Den größten Teil des Nachmittags starrte sie zum Fenster hinaus, stierte mit einem seltsamen, sanften Lächeln auf die Straßen hinunter und summte ein altes Lied, als betrachtete sie ein schönes Feld oder ein majestätisches Gebirge. Ich
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