Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Titel: Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
dachte ich. Ich war immer vor ihr oder kurz nach ihr dort, aber wir waren noch nie zusammen gegangen.
    »Ich bin nicht sehr hungrig«, sagte ich.
    »Wenn du riechst, was Sissy gekocht hat, wird dein Magen deine Meinung ändern«, beharrte sie.
    Vielleicht hatte sie Recht, dachte ich.
    Wir gingen die Treppe hinunter.
    »Deine Mutter rief an, um sich zu erkundigen, wie es dir geht, aber du warst noch nicht da. Ich soll dir ihr Mitgefühl und ihre besten Wünsche ausrichten, weil sie auf dem Weg zu einem Ball mit politischer Prominenz war. Deine Freundin Audrey hat auch angerufen, um zu hören, wie es dir geht. Es gab noch ein paar andere Anrufe von Schülerinnen.
Ich habe die Liste in meinem Arbeitszimmer. Ich gebe sie dir nach dem Essen. Ich habe nichts anderes getan, als mich um deine Telefonate zu kümmern«, sagte sie.
    »Danke«, sagte ich und verbarg ein kleines Lächeln.
    »Ich weiß gar nicht, warum ich ihr gesagt habe, sie soll diese Schweinekoteletts machen. Sie bekommen mir gar nicht«, fuhr sie fort, als wir um die Treppe herumgingen und auf das Speisezimmer zusteuerten.
    »Vielleicht kann Sissy Ihnen etwas anderes machen«, schlug ich vor.
    »Natürlich nicht.Was glaubst du, was das hier ist, ein Restaurant? Ihr jungen Leute heutzutage seid alle so verwöhnt.«
    Sie nahm ihren Platz am Tisch ein und ich meinen. Sissy servierte die Mahlzeit, die köstlich war wie immer. Großmutter Hudson hatte Recht. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie hungrig ich war.Trotzdem fühlte ich mich schuldig, als ich aß, schuldig, als ich es genoss. Wie lange dauert diese Traurigkeit, fragte ich mich.
    Großmutter Hudson sah, wie melancholisch ich war. Ich hatte mich nur wenig unterhalten. Gegen Ende der Mahlzeit legte sie ihr Besteck beiseite, stützte die Ellenbogen auf, faltete die Hände und wandte sich an mich.
    »Ich habe die Frau, die du Mama nanntest, natürlich nie kennen gelernt. Aber nach dem, was ich erfahren und was ich gesehen habe, hat sie für dich beträchtliche Opfer gebracht. Sie würde wollen, dass du jede Gelegenheit nützt, die sich dir bietet. Das ist alles, was ich zu diesem Thema zu sagen habe«, erklärte sie, nahm die Serviette vom Schoß, legte sie auf den Tisch, erhob sich und verließ das Zimmer.
    Ich saß noch ein paar Augenblicke da und lauschte meinem
eigenen Herzschlag. Dann half ich Sissy, den Tisch abzuräumen.
    »Oh, das brauchen Sie doch nicht, Schätzchen«, wehrte sie ab.
    »Ich möchte es aber, Sissy«, sagte ich.
    Nachdem der Tisch abgeräumt war, ging ich nach draußen und setzte mich auf eine Bank. Es war eine Nacht mit funkelnden Sternen, aber ohne Mond. Ich hörte eine Eule weit entfernt in der Dunkelheit der Wälder. Es hörte sich so traurig an.
    War Mama jetzt irgendwo mit Beni zusammen? Schauten die beiden auf mich herab und warteten auf mich?
    Ich sah zu dem Herrenhaus mit den prächtigen Steinsäulen hoch. Konnte dies je ein Zuhause für mich sein? Wo ist zu Hause? Zu Hause muss auch ein Platz in deinem Herzen sein. Konnte ich je Teil dieser Welt sein, ein wirklicher Teil? Oder hätte ich Roy bitten sollen zu kommen und mich so bald wie möglich abzuholen? Zumindest würde ich, wenn ich mit ihm zusammen war, nie Angst haben.
    Oder hätte ich Angst vor dem Allerschlimmsten … nie zu erfahren, wer ich wirklich war.
    Ich will einen Namen haben, Mama, flüsterte ich. Ich will meine Mama haben.
    Als stünde ich immer noch auf der Bühne, stellte ich mir den Applaus des Publikums vor. Er war laut und überwältigend, und wenn ich mir vorstellte, dies wäre nur eine schrecklich emotionale Szene, in der ich spielte, könnte ich vielleicht so tun, als wäre der Schmerz nicht echt.
    Schauspieler sind immer jemand, der sie nicht sind, und das war ich auch. Sie bewegen sich durch Persönlichkeiten und Charaktere hindurch wie jemand ohne Gesicht, suchen
nach der richtigen Identität, warten auf den Applaus und fragen sich, ob der Applaus ihnen gilt oder jemandem, für den sie sich nur gehalten haben.
    Wer bin ich?
    Die Anwort lag dort draußen und wartete darauf, entdeckt zu werden. Ich würde tun, was Großmutter Hudson mir gesagt hatte: Ich würde jede Gelegenheit nützen und jede Tür öffnen, bis ich eines Tages der Wahrheit ins Auge sah.
    Dann konnte ich nach Hause kommen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher