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Die Clans von Stratos

Die Clans von Stratos

Titel: Die Clans von Stratos
Autoren: David Brin
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einem Fuß auf den anderen, schlurfte aber schließlich gehorsam zum Tor. Als es aufschwang, dankte Maia der Frau und trat dann hinaus auf eine fremde Straße in einer fremden Stadt, barfuß mitten in der Nacht.
    Natürlich wollte der Persim-Clan es so. Sie wurde nicht mehr gebraucht, ja, sie war ihm nur noch lästig. Aber sie zu ermorden, wäre riskant gewesen. Was, wenn ihr Tod den Streik der Matrosen wieder aufflammen ließ? Was, wenn ihr Verschwinden das träge Räderwerk der Justiz schneller in Gang brachte, als den Herrschenden lieb war, und die gewohnte Toleranzschwelle plötzlich überschritten wurde? Wenn Maia ging, konnten die Persim sogar ihr Dilemma mit Odo lösen, die ebenfalls ihren Nutzen für den Clan verloren hatte. Maias Flucht konnte ihr dazu verhelfen, die Angelegenheit zu einem sauberen Ende zu bringen, so daß allen das entwürdigende Ritual von Verurteilung und Strafe erspart blieb.
    Ich werde noch immer benutzt. Aber ich lerne immer mehr, und ich entscheide mit offenen Augen, zu welchem Zweck ich mich benutzen lasse.
    Und nun… wie werde ich mich entscheiden?
    Nicht dazu, eine unsterbliche Dynastie zu gründen, da war sie ganz sicher. Noch immer hoffte sie auf ein Heim und Kinder, die Wärme von Herz und Herd. Aber nicht auf diese Weise. Nicht nach den kühlen, leidenschaftslosen Rhythmen von Stratos. Wenn Leie diesen Weg wählte, wünschte sie ihr viel Glück. Maias Zwillingsschwester war klug genug, einen Clan zu gründen, mit Maia oder auch ohne sie. Aber Maias Ziele gingen über all das hinaus.
    Sie hatte sich schon früher von der Pflicht gegenüber Lysos’ Erbe gelöst. Diese Entscheidung hatte nichts mit einer Rückkehr zu althergebrachten sexuellen Verhaltensmustern zu tun, oder damit, daß ihr die Schrecken des Patriarchats lieber waren. Diese Themen waren in Maias Kopf längst erledigt.
    Sie hatte beschlossen, wenn sie nicht in einer Zeit der Offenheit, einer Zeit neuer, wagemutiger Ideen leben konnte, dann würde sie wenigstens so tun. So, als wäre sie eine Bürgerin des wissenschaftlichen Zeitalters.
    Sie war nicht allein. Gewiß hatten andere das gleiche Ziel vor Augen. Das ›Alibi‹-Zugeständnis, das die Gilden erstritten hatten – daß die Männer wieder das Recht hatten zu fliegen –, würde Stratos allmählich verändern, und es gab zweifellos noch weitere Möglichkeiten, die Gesellschaft auf ganz subtile Weise in eine bestimmte Richtung zu lenken. Die Stoßkraft des schwerfälligen Drachens Stück für Stück zu verändern.
    Renna hat die Dinge in Bewegung gebracht. Und ich habe dabei auch eine kleine Rolle gespielt. Ihm und mir zuliebe werde ich weitermachen.
    Vielleicht waren die Upsalas und die Nitrocis über Maias Reaktion überrascht, sollten sie ihr tatsächlich ein Angebot unterbreiten. Sie würde höflich zuhören. Aber andererseits…
    Warum soll ich zur Abwechslung nicht einmal das tun, was ich will?
    Das war die größte Ironie. Sie war bereit, sich den Herausforderungen der Unabhängigkeit zu stellen, auf eigenen Füßen zu stehen, gleichzeitig aber auch willens, ihr Herz mit anderen zu teilen. In ihrer persönlichen Wiedergeburt war dies ein ganz natürliches Stadium, in dem sie endgültig erwachsen wurde.
    Vielleicht brauchte Stratos ein bißchen länger, aber auch eine Welt mußte irgendwann aus der verträumten Illusion der Stabilität erwachen. Die Wiege, die Lysos gebaut hatte, war nicht länger ein Schutz, sondern ein Hemmnis.
    Hinter einer Biegung kam Maia an einen Aussichtsplatz, von dem aus man weit nach Westen blicken konnte. Dort ging hinter den Bergen ganz langsam der große Staubnebel unter, den die Stratoiner die Klaue nannten – im Phylum als die Stirn Gottes bekannt. Irgendwo in den kalten, leeren Gefilden dazwischen näherten sich riesige kristallene Schiffe, um mit einer Isolation Schluß zu machen, deren Endlichkeit Lysos bewußt gewesen sein mußte. Erst dann würde sich zeigen, ob die Menschen hier eine Art von Erkenntnis gefunden hatten, ein neues Lebensmuster, das würdig war, seinen Beitrag zum größeren Ganzen zu leisten.
    Plötzlich erstrahlte die Umgebung in einem grellen Licht, das von oben herabströmte. Maia sah hinauf, wo ein einzelner, Sternengleicher Funke rhythmisch pulsierte, bis er heller schien als jeder Mond und sogar heller als das Licht des Sommers, der Wengelstern. Farbige Strahlen blendeten ihre Augen, und sie kniff sie staunend zusammen.
    Zuerst hatte Maia das Gefühl, sie hätte dieses Wunder ganz für sich
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