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Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)

Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
Autoren: Uschi Zietsch
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still und unauffällig.
    Doch nicht heute, an diesem Tag des Blutes. Wie ein gedankenloser Städter trampelte und stampfte er den Karrenweg entlang, ohne nach links oder rechts zu blicken. Schließlich schlug er sich blindlings in die Büsche und scheuchte allerlei Getier auf, das zeternd und fauchend weichen musste. Er störte den Hochzeitsgesang der Vögel, stolperte über Wurzeln, unter denen Ameisen und Käfer lebten, und veranstaltete einen solchen Lärm, bis der ganze Wald in Aufruhr war und die Häher schrill pfeifend Alarm schlugen.
    Blut! Blut! , hörte Rowarn sie rufen, und sie verfolgten ihn den ganzen Weg entlang, kreuz und quer durch den Wald. Was ist geschehen?
    »Ich weiß es nicht!«, schluchzte er mit heiserer Stimme. »Ich habe geschlafen ...«
    Und das Blut? Und das Blut? Hände, Kleidung, Gesicht und Haare ...
    Rowarn presste sich die Hände auf die Ohren. »Nein! Nein! Nein! O Götter, steht mir bei! Ich war es nicht ... Anini, Anini ... warum wurde dir das angetan ...«
    Schließlich konnte er nicht mehr weiter. Rowarn blieb stehen, die Augen blind von Tränen, sein Atem pfiff. Sein Körper war schweißüberströmt, und dazu überall das Blut an ihm, vermischt mit aufgewühlter Erde: Genauso, erinnerte er sich verstört, hatte einst Hegen der Mörder ausgesehen, als er krank am Geist aus dem Wald gebrochen war und wirr stammelnd berichtete, was er seiner Frau angetan hatte.
    Rowarn hatte damals trotz allen Abscheus Mitleid mit dem Mann empfunden, der den Grund für seine Tat nicht nennen konnte und wenig später gebrochen starb, noch bevor die Stadtväter über ihn zu Gericht sitzen konnten.
    Und nun sah er selbst ganz genauso aus, konnte nicht erklären, was geschehen war, hoffte verzweifelt, dass er unschuldig war. Aber wer würde, wer konnte ihm glauben? Was sollte er tun? Wo sollte er hin?
    Nach Hause konnte er jedenfalls nicht. Schon von weitem würden seine Eltern alles riechen: den abscheulichen Gestank nach Blut und Schuld, nach Feigheit und Flucht.
    Er hatte alles falsch gemacht. Er hätte gleich in die Stadt zurückkehren müssen, um Aninis Vater zu sagen, dass seine Tochter tot auf der Wiese lag, grausam ermordet. Dann hätte man sie geholt, gesalbt und würdevoll aufgebahrt, und sie würde nicht einsam dort draußen im nassen Gras liegen, an diesem sonnenklaren Morgen.
    »Sie hätten mir nicht geglaubt, dass ich unschuldig bin ...«, verteidigte Rowarn sich vor sich selbst. »Sie hätten mich gefangen, gefesselt und wahrscheinlich erschlagen oder erhängt, noch bevor meine Eltern davon erfahren hätten ...«
    Am besten machte er sich aus dem Staub, jetzt gleich und für immer. Natürlich würden seine Muhmen voller Kummer sein und vielleicht an ihm zweifeln. Aber er konnte ihnen wenigstens nicht mehr schaden und sie nicht in Verruf oder sogar Gefahr bringen. Irgendwann wäre dies alles vergessen, und sie könnten weiterleben wie zuvor.
    Rowarn zuckte zusammen, als er die Richtung wechseln wollte und plötzlich in ein Paar große, braune Augen blickte. Es war ein junger Elenki, ein schmales Böckchen noch, scheu und ängstlich. Er fing gerade an, die ersten, zarten Geweihknospen auszubilden, die hellen Tupfen in seinem Jugendkleid waren kaum mehr zu sehen.
    Rowarn schluckte. »Du solltest besser gehen, damit du niemals die Schrecken kennenlernst, die ich schon erlebt habe«, flüsterte er.
    Das Böckchen legte den Kopf leicht schief, ohne die Augen von dem  jungen Mann zu wenden. Seine großen, mit flauschigem Fell bewachsenen Ohren gingen vor und zurück.
    »Was machst du hier?«, fragte Rowarn verzweifelt. »Hast du nicht gehört, dass die Häher mich bereits schuldig gesprochen haben?«
    Der kleine Elenki reichte Rowarn gerade bis an die Hüfte. Einem ausgewachsenen Hirsch könnte er nicht über die Schulter blicken. Das Jungtier versuchte vergeblich, den rechten Hinterlauf hochzuziehen. Es hatte sich im Gestrüpp verheddert und konnte sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien.
    »Warum bist du so ungeschickt?«, stieß Rowarn hervor. »Hast du nicht aufgepasst, was deine Eltern dir beigebracht haben? Da, nimm meine Witterung auf, ich stinke nach Gewalt und Tod! Begreife, was dich in Gefahr bringt, was du immer meiden musst! Wenn du je erwachsen werden willst, darfst du keinen Fehler machen!«
    Der Elenki reckte den Hals und stupste Rowarn leicht an. Die zuckende braune Nase war feucht, die Augen groß und sanft. Dieses junge Wesen glaubte an seine Unschuld. Es vertraute darauf,
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