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Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)

Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
Autoren: Uschi Zietsch
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dass Rowarn ihm helfen würde.
    Er ging einen Schritt auf das Böckchen zu, bückte sich und berührte vorsichtig den von Schlingpflanzen gefesselten Lauf. »Halte kurz still«, flüsterte er. »Da hast du wirklich ordentliche Arbeit geleistet ... leichte Beute für jedes Raubtier oder den Jäger ...«
    Das Jungtier verharrte, während Rowarn sich abmühte, den Lauf aus dem Gewirr zu befreien. Schließlich zog es den zierlichen Spalthuf mit einem Ruck hoch und war frei.
    Rowarn fuhr zusammen, als er in diesem Augenblick ein tiefes Röhren hörte, und dann schob sich der mächtige, geweihtragende Kopf eines ausgewachsenen Elenki durch das Gebüsch. Seine ausladenden Schaufeln mit den tödlichen Spitzen maßen mehr als doppelte Mannslänge. Neben ihm erschien die zierlichere Gestalt einer Hindin, die ein nur wenige Tage altes Kalb an der Seite führte.
    Der junge Mann erstarrte. Elenki, vor allem die Hirsche, gehörten zu den gefährlichsten Geschöpfen des Waldes. Sie waren angriffslustig, schnell und tödlich. Nur ein erfahrener, sehr hungriger Panther würde sich jemals an einen ausgewachsenen Bullen heranwagen.
    Der junge Bock stieß einen hohen, quäkenden Laut aus, dann sprang er zu seinen Eltern. Ohne Rowarn weiter zu beachten, verschwand die Familie im Gebüsch.
    Rowarn stieß den angehaltenen Atem aus und wischte sich übers Gesicht, verschmierte dabei Schweiß, Blut und Dreck. Diese Ablenkung hatte ihn zur Vernunft gebracht, und er war dankbar dafür. Weglaufen war keine Lösung. Er musste herausfinden, was geschehen war, und seinen Eltern ebenso wie den Städtern beweisen, dass er kein Mörder war. »Ja, ich sollte nach Hause gehen«, murmelte er. »Aber zuvor ... muss ich mich wenigstens säubern ...«
    Eine Stimme in seinem Inneren drängte ihn weiterhin, stattdessen in die andere Richtung zu laufen, so schnell und so weit er vermochte, bis niemand ihn mehr einholen und er anderswo ein neues Leben beginnen konnte. Aber Rowarn sah immer noch die braunen Augen des jungen Elenki vor sich, die ihm Mut zuzusprechen schienen, und ihn davor warnten, etwas Dummes, Endgültiges zu tun. Die Familie ließ einen niemals im Stich.
    Wenn jemand für ihn Verständnis aufbrachte, dann Rowarns Zieheltern. Sie würden alles für ihn tun, obwohl – oder gerade weil – er nicht ihr leiblicher Sohn war. Sie würden wissen, was zu tun war.
    Gewiss machten sie sich längst Sorgen, weil er immer noch nicht zu Hause war. Vielleicht hatten sie sogar schon von Aninis Tod erfahren ...
    Rowarn sprang auf und schlug den Weg zum See ein, der nicht weit von seinem Zuhause lag. Dort konnte er sich reinigen. Es zog ihn eilig dorthin, nun, da er seine Entscheidung getroffen hatte. Der Wald tröstete ihn stets in seinem Kummer, aber das Wasser bot Schutz. So hatte er es schon immer empfunden.
    Im See ruhte eine Reinheit und Klarheit, wie Rowarn sie an Land nie erlebte. Die Beschränkungen, sich nur schwerfällig auf dem Boden fortbewegen zu können, waren aufgehoben. Alles, was dort unten lebte, war viel vertrauter miteinander, und sich noch dazu auf eine einzigartige Weise nahe, wenn nicht vereint. 
    Schon als Kind hatte Rowarn viel Zeit im See verbracht. Er konnte schwimmen wie ein Otter und länger als jeder andere Landbewohner unter Wasser ausharren. Doch er hatte nie den Wunsch verspürt, für immer dort zu bleiben, wie Malani eines Frühlingsmorgens scherzhaft bemerkt hatte, als sie blau gefroren die Wärme der Sonne suchte, während Rowarn immer noch planschte.
    So wohl er sich im Wasser fühlte, er gehörte doch nicht dorthin. Das war eine seltsame Empfindung, die er nicht erklären konnte, und die ihn stets nur bis zu einer gewissen Grenze gehen ließ, niemals darüber hinaus.
    Jetzt aber sehnte er sich danach, einzutauchen und all den Schmutz und die Schuld von sich abzuwaschen, um gereinigt, vielleicht geläutert unter die Augen seiner Zieheltern treten zu können.
    Rowarn seufzte, als er endlich den See erreichte. Die Sonne war jetzt voll aufgegangen und übergoss die glitzernde Oberfläche mit silbernem Schein. Ohne zu verharren, sprang Rowarn ins Wasser und tauchte ein. Nach kurzer Unruhe wurde die Oberfläche wieder still und glatt.
    Das Wasser färbte sich schwarz.

    Sämtliche Ehrenwerten der Stadt, allen voran Aninis Vater, ein grauhaariger, vierschrötiger Mann namens Daru, ließen sich von Pferdewagen nach Weideling bringen, dem Heim der beiden Velerii. Seit langer Zeit lebten Rowarns Zieheltern in Inniu, fern ihrem
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