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Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Titel: Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht
Autoren: Thomas Finn
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Seltsam. Dennoch - oder vielleict gerade deswegen - war ihm so fröhlich zumute wie schon lange nicht mehr. Er kicherte übermütig. Das Schwindelgefühl ebbte ab und mit wenigen Schritten war er beim Fenster und klappte beide Läden weit zurück. Kai fühlte, wie der warme Wind über sein Gesicht strich. Genießerisch atmete er die frische Luft ein. Wie jeden Morgen wanderte sein Blick über den verwilderten Garten der Mühle. Blumen und Gräser blühten wild durcheinander, die dicken Stämme der Birken wurden von dichten Brombeerbüschen umrankt und wo er auch hinblickte, summten Bienen und andere Insekten. Sogar einen bunten Albenschmetterling konnte er ausmachen. Er flatterte vor dem durchlöcherten Gerippe eines Windmühlenflügels. Er konnte sich kein schöneres Zuhause vorstellen.
    Erst jetzt entdeckte er den Handkarren. Er stand auf dem Kiesweg vor dem Eingang. Offenbar war Rufus zu Besuch gekommen. Der alte Fischer besaß ein eigenes Boot, mit dem er auf der Elbe Reusen ausbrachte, um Aale zu fangen. Er und seine Großmutter waren alte Freunde. Wann immer Rufus kam, brachte er den neuesten Klatsch aus Lychtermoor und dem Rest der Welt mit.
    Manchmal bedauerte Kai es, dass sie so abgeschieden am Ortsrand lebten. Seine Großmutter schien kein großes Interesse an der Gesellschaft der Dörfler zu haben. Er hingegen fand es stets aufregend, wenn in Lychtermoor Markttag war und sie dort ihre Irrlichter verkauften. Er genoss das bunte Treiben der Händler und Marktschreier. Einmal hatte sich sogar ein zwergischer Händler aus dem fernen Schwarzen Wald in den Ort verirrt. Der bärtige Geselle war auf dem Weg nach Hammaburg gewesen und hatte auf dem Markt Spieluhren und andere mechanische Wunderwerke angeboten. Und bei einem Unwetter vor vier Jahren hatte ein Schiff in Lychtermoor angelegt, das kostbare Glaswaren aus dem Reich der Feenkönigin Berchtis an Bord hatte. Boswin, der Wirt des Feenkrugs, hatte damals für viel Gold eine Kristallkugel erstanden, die wundersame Bilder zeigte, wenn man sie anhauchte.
    Angesichts solcher Wunder fragte sich Kai nicht zum ersten Mal, wie das Leben außerhalb Lychtermoors sein mochte. Irgendwann einmal würde er selbst die Welt bereisen. Das hatte er sich fest vorgenommen.
    Er war schon gespannt darauf, was Rufus diesmal zu berichten hatte. Beim Gedanken an die geräucherten Aale, die der alte Fischer ganz sicher mitgebracht hatte, knurrte Kai der Magen. Erst jetzt bemerkte er, wie hungrig er war.
    Kai schlüpfte rasch in seine Kleider und verließ das Zimmer. Was Rufus wohl zu seinem Fang von letzter Nacht sagen würde?
    Er würde ihn überraschen. Kai schlich die Treppe hinunter und warf einen verstohlenen Blick auf den alten Mühlstein, der seiner Großmutter als Ablage für ihre Küchengeräte diente. An den schiefen Wänden hingen Regale mit Geschirr und Einmachgläsern und die Luft roch würzig nach den Kräuterbündeln, die zum Trocknen von der Decke baumelten. Rufus und seine Großmutter saßen am Tisch und tranken Tee. Ihre Unterhaltung war ungewohnt ernst.
    »... weiß nicht, wer sie überfallen hat. Nur einer hat es überlebt, aber der ist seitdem nicht mehr ganz richtig im Kopf«, sagte Rufus mit rauer Stimme. »Quatscht ständig von Geistern, die ihm seinen Fang entrissen hätten.« Der hagere Greis strich sich besorgt über die Glatze. »Ich dachte nur, ich warne dich, damit ihr vorsichtig seid.« »Und hier bei uns?«
    »Bis jetzt niemand«, sagte Rufus. »Aber drüben auf der anderen Elbseite hat es zwei erwischt. Und unten in Birkenhain wird ebenfalls einer vermisst. Angeblich ist auch ein Händler aus Hammaburg samt seinem Kahn verschwunden. Die beiden, die man gefunden hat, sollen jedenfalls schrecklich zugerichtet gewesen sein.«
    Unvermittelt knarrte eine Stufe unter Kais Füßen. Überrascht drehten sich die beiden Alten zu ihm um und warfen sich dann einen verschwörerischen Seitenblick zu. Rufus wirkte von einem Moment auf den anderen wie ausgewechselt und lachte über das faltige Gesicht. »Ah, da ist ja unsere Schlafmütze. Hab schon gehört, wie erfolgreich du gestern gewesen bist. Kompliment, junger Mann!«
    »Danke«, erwiderte Kai höflich.
    Seine Großmutter stand auf, um ihm einen Teller mit Suppe zu füllen und etwas Brot und geräucherten Aal zu holen. Er setzte sich und ließ es sich schmecken. Kai konnte es Rufus und seiner Großmutter an den Nasenspitzen ansehen, dass sie sich fragten, wie viel er von ihrem Gespräch mit angehört
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