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Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Titel: Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht
Autoren: Thomas Finn
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hatte.
    »Wer ist denn überfallen worden?«, fragte Kai geradeheraus.
    Erneut wechselten die beiden einen Blick.
    »Du solltest es ihm sagen«, meinte Rufus und kratzte sich das stoppelige Kinn. »Das geht den Jungen auch etwas an.«
    Seine Großmutter seufzte. »Irrlichtfänger. Jemand scheint es auf unsereins abgesehen zu haben.«
    »Ihr solltet euch trotzdem nicht Bange machen lassen«, wiegelte Rufus ab. »Bislang ist es zu solchen Überfällen nur im näheren Umland Hammaburgs gekommen. Gerüchten zu Folge haben die Ratsherren bereits Patrouillen ausgeschickt, um den Räubern das Handwerk zu legen. Außerdem liegt Lychtermoor fast drei Tagesmärsche von Hammaburg entfernt. Hauptsache, ihr passt ein wenig auf, wenn ihr euch wieder im Moor herumtreibt.«
    Kai blickte zweifelnd auf. Das hatte eben aber ganz anders geklungen.
    »Nun zieht nicht solche Gesichter. An einem Tag wie heute sollten wir lieber an etwas Schönes denken«, wechselte Rufus plötzlich das Thema. »Ihr kommt doch heute Abend zum Sternschnuppenfest ? Im Ort haben sie schon angefangen, den Marktplatz zu schmücken. Ihr werdet es kaum für möglich halten, sogar ein Gaukler ist eingetroffen. »Ich weiß nicht«, meinte Kais Großmutter zögernd. »Vielleicht ist es im Moment besser, wenn wir uns von den anderen fern halten.«
    »Großmutter, du hast es versprochen«, protestierte Kai. »Wir sind so selten im Ort. Ausgerechnet jetzt, wo meine Lehrzeit zu Ende ist. Im Dorf werden sie erwarten, dass wir ein Irrlicht vorbeibringen. Und ich möchte den anderen doch das große zeigen, das ich gestern gefangen habe.«
    »Nein, das ist keine gute Idee«, widersprach seine Großmutter.
    »Ach komm, lass ihn doch«, mischte sich der alte Fischer wieder ein und berührte sanft die Hand seiner Freundin. »Hast du vergessen, wie sehr wir beide uns immer auf das Fest gefreut haben?«
    »Also gut«, seufzte sie. »Meinetwegen. Aber ich werde nicht mitkommen. Das ist nichts mehr für mich. Und das große Irrlicht«, sie blickte Kai ernst an, »das bleibt hier. Du weißt doch, wie die im Dorf sind. Es wird bloß ihren Neid wecken.«
    Kai murrte enttäuscht.
    »Na komm, hab dich nicht so«, munterte ihn Rufus auf. »Was hältst du davon, wenn du mir einen Gefallen tust und für mich nachher im Feenkrug vorbeischaust? Die Aale, die Boswin bestellt hat, liegen draußen im Karren. Außerdem brennt er darauf, zu erfahren, wie du dich letzte Nacht geschlagen hast.«
    »Na gut«, meinte Kai gedehnt.
    »Bei der Gelegenheit kannst du auch gleich ein Irrlicht mitnehmen«, fuhr der Fischer fort.
    »Ja, aber nur eines der kleinen«, ergänzte seine Großmutter und warf Kai einen strengen Blick zu.
    Nachdem Kai fast die doppelte Portion wie üblich verspeist hatte, half er seiner Großmutter beim Spülen. Anschließend zogen sich die beiden Alten schwatzend und lachend in den Garten zurück. Kai sah ihnen nach und schnaubte. Also nur ein kleines Irrlicht.
    Missmutig ging er in den Lagerraum, wo sie die eingefangenen Irrlichter aufbewahrten. Wie immer kurz vor den Markttagen war das Zimmer in rotes Zwielicht gehüllt. Dort, wo früher Mehlsäcke gestapelt worden waren, hingen heute die Irrlichtlaternen an langen Haken von der Decke. Schwach glommen die Lohenmännchen vor sich hin. Insgesamt waren es neun Stück. Für einen Monat Arbeit war das eine hervorragende Ausbeute.
    Tagsüber verloren die Irrlichter viel von ihrer Leuchtkraft. Sie schrumpften auf die Größe eines kleinen Fingers zusammen, und es schien, als würden sie schlafen. Doch nach Sonnenuntergang würden sie allesamt wieder lichterloh brennen. Ein volles Jahr über würden sie leuchten, dann verpufften sie von einem Tag auf den anderen in einem kleinen Funkenregen.
    Kai trat stolz an die Laterne mit dem großen Irrlicht heran. Die Kopflohe des Feuermännleins leckte müde am Kupfergehäuse empor. Es schien Kais Anwesenheit nicht zu bemerken. Wie seine Artgenossen war auch dieses kleiner geworden, doch im Gegensatz zu den anderen war es noch immer so groß wie ein normales Irrlicht bei Nacht. Vielleicht waren er und seine Großmutter die Einzigen, die wussten, wie ein solches Irrlicht entstand. Vielleicht würde es ihm sogar noch einmal gelingen, zwei der Feuerwesen dazu zu bringen, sich zu einem Exemplar dieser Größe zu vereinigen. Dann konnten sie reiche Leute werden. Ein Lächeln glitt über Kais Gesicht und unvermittelt spürte er ein angenehmes Prickeln auf seiner Haut. Nein, das Gefühl schien irgendwie
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