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Frisch getraut: Roman (German Edition)

Frisch getraut: Roman (German Edition)

Titel: Frisch getraut: Roman (German Edition)
Autoren: Rachel Gibson
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Eins
    Als Clare Wingate sich das erste Mal in einem fremden Bett wiederfand, war sie einundzwanzig und einer schlimmen Trennung und zu vielen Jelo Shooters zum Opfer gefallen. Die Liebe ihres Lebens hatte sie für eine blonde Kunststudentin mit imposantem Vorbau sitzen lassen, und Clare hatte den ganzen Abend im Humpin’ Hannah’s an der Theke verbracht und ihren Kummer in Alkohol ertränkt.
    Am nächsten Morgen war sie in einem Bett aufgewacht, das nach Patschuli-Öl roch, und hatte auf ein Bob-Marley-Poster an der Decke gestarrt, während das Schnarchen des Typs neben ihr das Hämmern in ihrem Kopf übertönte. Sie hatte keinen Schimmer, wo sie war oder wie der Typ hieß, und war auch nicht lang genug geblieben, um ihn nach seinem Namen zu fragen.
    Stattdessen hatte sie sich ihre Klamotten geschnappt und sich aus dem Staub gemacht. Während sie im unbarmherzigen Morgenlicht nach Hause fuhr, hatte sie sich eingeredet, dass es im Leben Schlimmeres gab als spontanen Sex mit Unbekannten. Zum Beispiel vom College zu fliegen oder in einem brennenden Gebäude eingeschlossen zu sein. Das war echt schlimm. Trotzdem waren One-Night-Stands nichts für sie. Die Sache hatte sie verstört und angewidert. Doch bis sie zu Hause ankam, hatte sie den Zwischenfall als wichtige Erfahrung verbucht.
Als etwas, das viele junge Frauen taten. Etwas, woraus man für die Zukunft lernen konnte. Etwas, das ihr, wie sie sich schwor, nie wieder passieren würde.
    Clare war nicht dazu erzogen worden, nach einem Schnapsglas und einem warmen Körper zu greifen, um sich zu trösten. Man hatte ihr eingebläut, sich zu zügeln und ihre Gefühle hinter einer perfekten Fassade zu verbergen, die aus einem herzlichen Lächeln, freundlichen Worten und tadellosen Manieren bestand. Eine Wingate trank nicht zu viel, sprach nicht zu laut und trug weiße Schuhe nur am Memorial Day. Sie neigte nicht zu Offenherzigkeit und hüpfte schon gar nicht mit Wildfremden ins Bett.
    Doch trotz dieser Erziehung zur Selbstbeherrschung war Clare die geborene Romantikerin. Tief im Herzen glaubte sie an Liebe auf den ersten Blick und spontane erotische Anziehung und hatte die schlechte Angewohnheit, sich kopfüber in Beziehungen zu stürzen, weshalb ihr Liebeskummer, schmerzhafte Trennungen und ab und zu ein betrunkener One-Night-Stand vorbestimmt zu sein schienen.
    Mit Ende zwanzig hatte sie zum Glück endlich gelernt, die ihr eingebläute Selbstbeherrschung auch in die Praxis umzusetzen, und als sie einunddreißig war, hatte das Schicksal es gut mit ihr gemeint, und sie hatte Lonny getroffen. Die Liebe ihres Lebens. Den Mann, den sie auf einer Degas-Ausstellung kennengelernt und der sie total umgehauen hatte. Er war schön und romantisch und ganz anders als die Herzensbrecher, mit denen sie vorher ausgegangen war. Er vergaß nie ihren Geburtstag oder Jahrestage und hatte ein Händchen für Blumenarrangements. Clares Mutter liebte ihn, weil er mit einem Tomatenvorlegelöffel umgehen konnte, und Clare, weil er Verständnis
für ihre Arbeit aufbrachte und sie in Ruhe ließ, wenn sie einen Abgabetermin hatte.
    Nach einem Jahr zog Lonny bei Clare ein, und sie verlebten das folgende Jahr in totaler Symbiose. Er mochte ihre antiken Möbel, und sie teilten eine Schwäche für Pastelltöne und eine Leidenschaft für Stoffe. Sie stritten nie, nicht mal über Lappalien. Mit Lonny gab es keine emotionalen Dramen, und als er ihr einen Heiratsantrag machte, nahm sie ihn an.
    Lonny war wirklich der perfekte Mann. Abgesehen von seinem schwach ausgeprägten Sexualtrieb … Manchmal wollte er monatelang keinen Sex, aber schließlich waren nicht alle Männer geile Böcke.
    Glaubte sie jedenfalls bis zu dem Moment, als sie am Hochzeitstag ihrer Freundin Lucy überraschend zurück nach Hause eilte und ihn in flagranti mit dem Servicetechniker von Sears ertappte. Sie war so fassungslos, dass sie eine Weile brauchte, um zu begreifen, was da auf dem Boden ihres begehbaren Wandschranks vor sich ging. Wie gelähmt vor Entsetzen, hatte sie mit der Perlenkette ihrer Urgroßmutter in der Hand dagestanden, während der Mann, der am Vortag ihren Maytag-Kühlschrank repariert hatte, ihren Verlobten ritt wie ein Cowboy. Die Szene kam ihr vollkommen unwirklich vor, bis Lonny aufblickte und sein schockierter Blick auf ihren traf.
    »Ich dachte, du fühlst dich nicht wohl«, hatte sie gestammelt, ohne ein weiteres Wort den Saum ihres Brautjungfernkleids aus Seide und Tüll hochgerafft und war aus dem Haus
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