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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen
Autoren: Michael Peinkofer
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Amerikaner namens Benjamin Franklin hat darüber einen interessanten Aufsatz geschrieben.«
    »Aber da sind noch immer viele Dinge, die sich nicht erklären lassen«, beharrte Quentin. »All diese Hinweise, die wir bekommen haben …«
    »Man hat uns bewusst manipuliert, wie du weißt. Alles, was geschah, war genau geplant.«
    »Und Marys Träume?«
    »Stellten sich dann ein, wenn sie in Gwynneth Ruthvens Tagebuch gelesen hatte. Jeder weiß, dass wir oft von jenen Dingen träumen, mit denen wir uns eingehend beschäftigen.«
    »Und die Schwertrune? Du hast selbst gesehen, dass sie von der Klinge verschwunden ist.«
    »Das ist wahr. Aber erinnerst du dich, wie ich dir sagte, dass viele Dinge sich uns erst dann offenbaren, wenn wir ein Bewusstsein dafür entwickelt haben? Vielleicht wollten wir alle die Schwertrune auf der Klinge sehen, die Runenbrüder eingeschlossen, und mit dem Ende der Bruderschaft ist auch unser Bewusstsein dafür verloren gegangen. Jedenfalls bin ich sicher, dass sich auch dafür eine plausible Erklärung finden lässt. Das Zeitalter der Magie ist unwiderruflich zu Ende, mein Junge – auch wenn Malcolm of Ruthven und seine Anhänger das nicht wahrhaben wollten.«
    »Ihr beide werdet euch wohl nie einig werden, was?«, erkundigte sich Mary mit gespieltem Ernst.
    »Wir sind uns einig, meine Liebe«, versicherte Sir Walter. »In den Dingen, auf die es wirklich ankommt, sind wir uns stets einig gewesen. Nicht wahr, mein Junge?«
    Er hielt Quentin zum Abschied die Hand hin. Anstatt sie jedoch zu ergreifen, fiel Quentin seinem Onkel kurzerhand um den Hals und umarmte ihn herzlich. Sir Walter zögerte einen Moment, dann erwiderte er die Umarmung, auch wenn es sich für Gentlemen nicht ziemte.
    »Ich danke dir, Onkel«, flüsterte Quentin. »Für alles, was du für mich getan hast.«
    »Ich habe zu danken, mein Sohn. Diese Tage, im Guten wie im Schlechten, werden mir immer unvergesslich bleiben.«
    Danach wandte sich Sir Walter Mary zu, und sie begnügte sich nicht damit, ihn zu umarmen, sondern hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange.
    »Leb wohl, mein Kind«, sagte Sir Walter lächelnd. »Noch vor ein paar Monaten hätte ich dir vermutlich aufgetragen, gut auf meinen Neffen aufzupassen. Inzwischen habe ich allen Grund zu der Annahme, dass er auf dich achten und dir ein guter und zuverlässiger Ehemann sein wird. Also enttäusche mich nicht, mein Junge, hörst du?«
    »Keine Sorge, Onkel«, versicherte Quentin grinsend.
    »Ich wünsche euch beiden alles Glück auf Erden.«
    »Glück?« Mary hob die Brauen. »Ich dachte, du glaubst nicht an solche Dinge?«
    Sir Walter lächelte mild. »Ich glaube nicht an Magie, mein Kind – aber niemand hindert dich daran, an die Kraft der Vorsehung und des guten Schicksals zu glauben. Möge sie euch immer begleiten.«
    Er blieb stehen und sah zu, wie Quentin und Mary über die Laufplanke an Bord der Fortune gingen. Der Maat überprüfte ihre Passage und ließ sie dann an Bord. Vom Achterdeck aus, wo sich die Passagiere versammelt hatten, winkten sie Sir Walter zu, während die Matrosen die Vorbereitungen zum Auslaufen trafen.
    Die Leinen wurden gelöst und die Segel gesetzt, und die Fortune verließ den Hafen, lief aus in Richtung der Neuen Welt, die Mary Hay die Freiheit bringen mochte, die sie sich immer ersehnt hatte – und ihrem Ehemann Quentin das nächste große Abenteuer.
    Sir Walter stand am Pier und blickte dem Schiff nach, bis es den Hafen längst verlassen hatte und zu einem winzigen Punkt am Horizont geworden war. Dann wandte er sich ab und trat den Heimweg an.
    So wehmütig sein Herz über den Abschied Quentins und Marys war, so sehr freute er sich darauf, mit seiner Gattin nach Abbotsford zurückzukehren und endlich den Roman zu vollenden, dessen Fertigstellung der unglückliche James Ballantyne in den letzten Wochen so häufig hatte anmahnen müssen.
    Und als er in die Kutsche stieg, fiel Sir Walter endlich auch ein passender Name für den Helden seines neuen Romans ein.
    »Warum«, sagte er zu sich selbst, »nenne ich ihn nicht Quentin …?«

 

Epilog
    S ir Walter Scotts Roman Quentin Durward  – neben Ivanhoe eine seiner bekanntesten Schöpfungen – wurde 1823 veröffentlicht, ein Jahr nach den aufregenden Ereignissen, die zum Fund des Königsschwerts und zur Zerschlagung der Runenbruderschaft führten. Held des Romans ist ein Mann aus Schottland, der im Frankreich Ludwigs XI. aufregende Abenteuer erlebt und sich dabei durch Mut
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