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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen
Autoren: Michael Peinkofer
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schwierige Lage. Die Mönche von Kelso wurden auf uns aufmerksam, und Sie, mein werter Scott, übten immer mehr Druck auf Dellard aus, während die Suche nach dem Runenschwert kein Stück vorankam. Ich musste also eine Entscheidung treffen …«
    »… und Sie beschlossen, Quentin und mich loszuwerden«, folgerte Sir Walter. »Deshalb der Angriff auf das Anwesen. Sie wollten uns einschüchtern, damit wir Abbotsford verlassen und nach Edinburgh gehen.«
    »Sie missverstehen meine Pläne, Scott«, rügte Malcolm wie ein Lehrer seinen Schüler. »Es ging mir nicht darum, Sie loszuwerden. Im Gegenteil tat ich fortan alles, um Sie bei Ihren Nachforschungen zu unterstützen. Denn mir war klar geworden, dass Ihr brillanter Verstand und Ihre Berühmtheit uns sehr nützlich sein könnten, wenn wir Sie für uns arbeiten ließen. Erst viel später fand ich heraus, dass die Mönche von Kelso wohl denselben Gedanken hatten. Von da an versorgten wir Sie abwechselnd mit Hinweisen, wobei sich jeder von uns über die raschen Fortschritte wunderte, die Sie erzielten. Ist das nicht eine feine Ironie des Schicksals? Sie waren unser beider Marionette, Scott, und haben es noch nicht einmal bemerkt.«
    »Sie lügen«, sagte Sir Walter, aber die Bestürzung war ihm deutlich anzumerken. Sollte es wirklich wahr sein?, fragte er sich. Sollte er die ganze Zeit über gelenkt und manipuliert worden sein, ohne es zu bemerken? Hatte er in seiner Beharrlichkeit und seinem Durst nach Wahrheit seinen Feinden noch in die Hände gearbeitet?
    »Was ist mit Professor Gainswick?«, fragte er.
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Warum musste er sterben? Doch nur, weil Sie fürchteten, dass er mir zu viel verraten könnte. Das beweist, dass Sie lügen.«
    »Glauben Sie das wirklich?« Malcolm of Ruthven schnaubte verächtlich. »Was hätte dieser alte Narr Ihnen wohl verraten können? Er war ebenso ungefährlich wie nutzlos. Was er Ihnen an Informationen hat zukommen lassen, hätten wir Ihnen auch vermitteln können.«
    »Warum musste er dann sterben? Warum, wenn er nicht einmal eine Bedrohung für Sie war?«
    »Ganz einfach«, versetzte Malcolm genüsslich, »weil der Zwischenfall in der Bibliothek mir klar gemacht hatte, dass Sie nichts so stark motivieren würde wie der Verlust eines weiteren lieben Menschen, an dem Sie sich natürlich ebenfalls die Schuld geben würden. Und ich hatte Recht, nicht wahr?«
    Für einen Augenblick verschlug es Sir Walter die Sprache, so entsetzt war er über das, was er hörte. »Sie elender, unfassbarer Bastard«, flüsterte er. »Sie haben einen unschuldigen Menschen getötet, nur um mich bei der Stange zu halten? Professor Gainswick musste sterben, damit ich noch verbissener nach dem Schwert suchte?«
    »Es klingt abwegig, das gebe ich zu. Aber Sie werden mir zugestehen müssen, dass dieser Zug seine Wirkung nicht verfehlt hat, mein werter Scott. Von da an waren Sie in Ihrem Ehrgeiz, das Rätsel der Runenbruderschaft zu lösen, nicht mehr aufzuhalten.«
    »Und … die Zeichnung, die Gainswick hinterlassen hatte?«
    »Eine kleine Aufmerksamkeit von uns – schließlich mussten wir Ihnen einen weiteren Hinweis zukommen lassen. Sie war ein Köder, den Sie und Ihr einfältiger Neffe ohne Argwohn geschluckt haben. Sie haben die Inschrift auf dem Sarkophag des Bruce gefunden und die Zeichen entschlüsselt, sonst wären Sie heute nicht hier.«
    »Nicht alle Zeichen«, widersprach Sir Walter.
    »Natürlich nicht, sonst wären Sie heute ebenfalls nicht hier«, versetzte Malcolm böse. »Wollen Sie wissen, was die Zeichen bedeuten? Jeder Angehörige der Bruderschaft kannte sie einst auswendig, denn von Generation zu Generation wurden sie weitergegeben, fast fünfhundert Jahre lang:
    In der Nacht des dunklen Mondes
kommt die Bruderschaft zusammen
am Kreis der Steine,
um der Bedrohung zu begegnen
und zurückzuholen, was einst verloren ging:
das Schwert der Runen.
    Sehen Sie das, Scott?«, fragte Malcolm und deutete zum Himmel, wo die Scheibe des Mondes sich inzwischen noch mehr verfinstert hatte. Sie sah jetzt aus, als wäre sie mit Blut überzogen, scharlachrot zwischen den Sternen. Von der Sichel war nur noch ein schmaler Rand geblieben. »In der Prophezeiung ist von dieser Nacht die Rede! Der Nacht, in welcher sich der Mond verfinstert wie einst und der Fluch erneuert wird, der dem schottischen Volk schon einmal die Freiheit gebracht hat.«
    »Freiheit«, spottete Sir Walter. »Wie oft wurde dieses Wort schon gebraucht, um
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